Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg, von Gertrud Marchand-Volz

Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg. Von München nach Deutsch-Südwestafrika 1904, von Gertrud Marchand-Volz. Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft, Windhoek, Namibia 1998. ISBN 999167022X / ISBN 99916-702-2-X

Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg. Von München nach Deutsch-Südwestafrika 1904, von Gertrud Marchand-Volz. Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft, Windhoek, Namibia 1998. ISBN 999167022X / ISBN 99916-702-2-X

Der Schutztruppenoffizier Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg nahm, bis zu seinem Tod am 18.12.1904, nur für die Dauer eines halben Jahres an den Kämpfen in Deutsch-Südwestafrika teil. In den Buch Gertrud Marchand-Volz sind seine zahlreichen Briefe mit Beschreibungen des Alltags und der Gefechte abgedruckt und ergänzt.

Gertrud Marchand-Volz  

Owinaua naua, 18.9.04: Lieber Berthold. Vor zwei Tagen erhielt ich erst Deinen Brief, für den ich Dir herzlichst danke. Bis dato geht's mir hier ganz vortrefflich, wenn ich auch ein ziemlich ruppiges Dasein führe. Ich bin glücklicherweise bei einer der alten Kompagnien, 4., die bereits 10 Offiziere verloren hat, 5 tot. Famos eingespielter Betrieb. Kolonne Estorff noch am bewegungsfähigsten. Hatten 9. hier kleines Gefecht, hauptsächlich 4. Kompagnie. Herzlichste Grüße der ganzen Familie. Werner

Der Brief Werner Freiherr Schenk von Stauffenbergs ist recht militärisch knapp gehalten. Vielleicht sollte die Karte hier auch nur eine Kurzinformation sein. Ein möglicherweise hernach geschriebener Brief an den Grafen Berthold von Stauffenberg ist im Nachlaß nicht erhalten. ... "bereits 10 Offiziere verloren, fünf tot" ... heißt es im Text der Karte. In der Tat war die 4. Kompanie des 1. Feldregiments sicher immer "dran", wenn es nur irgend möglich war. In Outjo ganz im Nordwesten schon zum Ovamboland zu stationiert, rückte die 4. Kompanie zu Beginn des Aufstands Richtung Waterberg ab, um der Station Waterberg zur Hilfe zu kommen, die am 14.1.04 überfallen worden war. Auf dem Weg dorthin traf sie am 16.4. bei Okanjande auf mehrere hundert Herero, stürmte deren Werft13 und schlug sie in die Flucht. Die Kompanie wandte sich nun nach Süden, um mit der "Westabteilung" Major Ludwig von Estorffs zusammenzutreffen, die in Omaruru gerade aufgestellt wurde. Auf halbem Weg dorthin kam es am 29.1. bei Etaneno zu einem Gefecht, in dem Hauptmann Kliefoth, der Führer der 4. Kompanie, verwundet wurde. Das Kommando übernahm Oberleutnant von Schönau-Wehr. 65 km nördlich von Omaruru traf die 4. Kompanie mit den bereits zusammengestellten Teilen der Westabteilung zusammen, die den bei Omaruru geschlagenen Herero auf den Fersen war. Wie sich die Ereignisse bis hierher entwickelten, berichtet Major v. Estorff folgendermaßen (1968:111-112):

Wenn man ... glaubte, es würde rasch gelingen, den Aufstand niederzuwerfen, so wurde man schwer enttäuscht. Als ich Mitte Februar in Swakopmund landete,14 wurde nach Frankes großartigem Zug die Sachlage sehr zuversichtlich angesehen.15 Das Batl. Marine-Inf. gelangte mit der Bahn nach Karibib. Hier verabredete ich mich mit dem Major von Glasenapp,16 daß er mir eine Kompanie Marine-Inf. und zwei Geschütze zuteilte, die ich mit den Kompanien Frankes17 und der 4. Kompanie von Outjo vereinigen wollte, um den Nordosten, die Bezirke Waterberg und Grootfontein zu bezwingen und zu entsetzen, während Glasenapp mit den drei übrigen Kompamen und dem Hauptteil der Artillerie nach Windhuk weiterfuhr, um von dort aus den Osten zu unterwerfen. Ich traf Franke in Omaruru, beglückwünschte ihn und seine Kompanie, zog die schwache Outjo-Kompame an mich und ritt mit der vereinigten Macht ostwärts ins Hereroland hinein. Wir brauchten nicht weit zu gehen, da stießen wir auf starke Hereromassen, die sich in einer ausgezeichneten Stellung verteidigten, nämlich bei einer Wasserstelle Otjihimernaparero,18 das ist zu deutsch: "wem gehört der Platz". Er sollte uns gehören, aber erst nach einem schweren Kampf. Der Tag des 25. Februar war siedend heiß, und unter Durstqualen rangen wir 12 Stunden lang um die Wasserstelle. Ich hatte den Feind umfassen wollen, aber durch seine Übermacht überflügelte er meine etwa 300 Mann starke Abeilung und meine Artillerie war wirkungslos gegen seine Stellung, die sich auf eine Reihe Felsen stützte, welche hinter dem Flußbett aufragten. Schließlich ging er sogar zum Gegenangriff über und umfaßte meinen linken Flügel, die schwache Outjoer Kompanie, so daß sie ihren Flügel wie ein Fragezeichen zurückbiegen mußte.

Frankes Kompanie wurde nun wiederum dem Feind in die Flanke geschickt, und als der Kampf bis zum Abend noch immer keine Entscheidung brachte, faßte Estorff alle Kräfte zusammen. Hauptmann Franke stieß damit in der Mitte vor und brachte somit die Felsen mitsamt den Wasserstellen in die Hand der Deutschen. Ludwig von Estorff schreibt weiter zu diesem Gefecht (1968:112):

Alle, überdurstet, konnten sich erquicken. Der Feind zog ab. Ich hatte die Hälfte der Offiziere in dem schweren Kampfe verloren und sah ein, daß ich ohne Ergänzung meiner kleinen Macht den Vorstoß in das feindliche Gebiet nicht wagen dürfe. Gefallen Oberlt. Schultze, schwer verwundet: Oberlt. Frhr. von Schönau-Wehr (Führer der 4. Kompanie) und Oberlt. von Stülpnagel derselben Kompanie, leicht verwundet Oberlt. Hannemann, Marine-Infanterie.

Die 4. Kompanie war also wieder ohne Chef. Und auch einen zweiten Offizier der 4. Kompanie hatte es erwischt. Estorff machte sich Gedanken über das Gefecht (loc. cit.):

Schon von Franke wußte ich, was ich nun selbst festgestellt hatte, daß die Herero tapfer und geschickt fochten und daß ihre ausgesuchten Schützen auch recht sicher schössen, indem sie die Offiziere herausfanden, dabei hatten wir nur einen Bruchteil ihrer Macht gegenüber gehabt.

Man wartete nun vor einer weiteren Verfolgung der Herero die Ankunft von Verstärkung ab, vornehmlich wurden ja auch neue Offiziere gebraucht. Major von Glasenapp war inzwischen dabei, von Windhoek aus für den Osten der Kolonie eine Abteilung zusammenzustellen, die aus zwei Kompamen des Seebataillons bestand, zu denen zwei Kompamen mit alten erfahrenen Schutztrupplern stießen. Dazu kamen noch verschiedene Geschütze und Maschinengewehre. Von Gobabis aus sollte der ganze Distrikt "gesäubert" werden - der Stamm der Ostherero unter Tjetjo hielt sich in der Gegend auf - und für etwa mit ihrem Vieh nach Osten fliehende Hereros sollte die Grenze nach Betschuanaland gesperrt werden. Eine Hauptabteilung unter Major Leutwein selbst sollte sich aus den verbliebenen beiden Kompanien des Seebataillons und noch zu erwartender Verstärkung für die Schutztruppe zusammensetzen. Die bereits vorhandenen Truppen blieben in Okahandja. Die Ostabteilung führte gleich große Patrouillenritte aus, um sich eine Übersicht zu verschaffen, denn wo waren nun eigentlich die Herero? Man mußte sich auch einen Überblick über das Land erarbeiten, denn brauchbare Karten fehlten vorläufig meist, bzw. waren das Ergebnis des Krokierens, also des Herstellens vorläufiger Kartenskizzen auf Patrouillen. Die Ostabteilung schickte ihre Leute weit hinaus. So waren Schutztruppler und Marinesoldaten schon in den ersten Märztagen bis zum Eiseb vorgestoßen zum Platz Otjinene und sie waren kurz drauf auch bereits in Owinaua-Naua. Nach diesen weitschweifigen Unternehmungen waren die ohnehin spärlich vorhandenen Pferde der Ostabteilung durch die Strapazen und das schlechte Futter ziemlich verbraucht. Während einer kurzen Atempause kamen, namentlich bei der Westabteilung, die ersten Typhusfälle vor. [...]

Fußnoten:
13: Siedlung
14: Estorff kam am 9.2.04 mit dem Marine-Expeditionscorps auf der Darmstadt an, nachdem Gouverneur Theodor Leutwein ihn nach Südwestafrika gerufen hatte.
15: Gemeint ist die Entsetzung von Omaruru durch die Kompanie Franke, die in unglaublichen Eilmärschen aus dem Süden der Kolonie kam, wohl eine der bekanntesten Geschichten aus dem Hereroaufstand.
16: Chef der Marineinfanterie
17: 2. Kompanie des 1. Feldregiments
18: Wird auch "Otjihinamaparero" geschrieben.

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg. Von München nach Deutsch-Südwestafrika 1904, von Gertrud Marchand-Volz.

Titel: Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg
Untertitel: Von München nach Deutsch-Südwestafrika 1904
Autorin: Gertrud Marchand-Volz
Genre: Biographie
Verlag: Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft
2. Auflage. Windhoek, Namibia 1998
ISBN 999167022X / ISBN 99916-702-2-X
Originalbroschur, 15 x 21 cm, 249 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 1 Faltkarte

Marchand-Volz, Gertrud im Namibiana-Buchangebot

Werner Freiherr Schenk von Stauffenberg. Von München nach Deutsch-Südwestafrika 1904

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