Weihnachten unter dem Dornbusch, von Jens Hauschild

Weihnachten unter dem Dornbusch, von Jens Hauschild. Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (DELK), Okahandja, Namibia 1999

Weihnachten unter dem Dornbusch, von Jens Hauschild. Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (DELK), Okahandja, Namibia 1999

'Weihnachten unter dem Dornbusch' ist eine Sammlung von Geschichten und Erinnerungen an Weihnachten aus vielen Jahrzehnten in Südwest und Namibia.

Die Geschichte 'Weihnachten hinter dem Brandberg' wird von Wolfgang Bauer erzählt: In den fünfziger Jahren war das Leben auf der kleinen Mine westlich des Brandberges recht einfach und anspruchslos. Wir waren nur eine Handvoll weißer Angestellter nebst etwa 150 Ovambo-Bergarbeitern und einem Dutzend Damarafrauen mit ihren Familien. Die Tagesarbeit war hart, das Klima mit seinen stark schwankenden Temperaturen nicht leicht zu ertragen und die Entspannung minimal. Vielleicht einmal im Monat wurde ein Film aus dem wilden Westen gezeigt, ein „Skop-skiet-en-donder"-Streifen wie wir ihn nannten. Der Einfachheit halber wählte die Betriebsleitung solche Filme, die auch die schwarze Arbeiterschaft anzusprechen vermochten. Die Streifen wurden meist zweimal gezeigt, einmal für die Europäer und ein weiteres Mal für die schwarzen Arbeiter. Wir Europäer gingen aber hier und da auch zu den Freilichtaufführungen im Compound, der schwarzen Wohnsiedlung. Die Reaktion der schwarzen Zuschauer zu den Szenen auf der Leinwand war oft so spontan, daß wir mehr Spaß und Freude an ihren teilnehmenden Äußerungen hatten als an den oft albernen Schlägereiszenen auf der Leinwand selbst. Wie gesagt, wenn wir Erholung und Entspannung suchten, mußten wir sie uns selbst erschaffen. Rundfunk und Fernsehen existierten noch nicht. Auf allen Minen der damaligen Zeit gab es daher einen „Entspannungsklub". Er sorgte für gemeinsame Sportveranstaltungen, interne und externe Wettbewerbe und natürlich für die Ausrichtung von allgemeinen Festen. Auch auf der Brandberg-West Mine gab es neuerdings einen solchen Klub. In den Jahren zuvor war es den einzelnen Familien überlassen geblieben, sich ihr Weihnachtsfest selbst zu gestalten. Jetzt aber, da mehrere Familien mit Kindern zugezogen waren, mußte der Klub doch seine Daseinsberechtigung beweisen. Ein hübsches Weihnachtsfest sollte für die Belegschaft ausgerichtet werden. Nach rechtzeitigen, eingehenden Beratungen des Komitees wurde beschlossen: „Santa Claus", der englische Weihnachtsmann (wir waren ja eine englische Mine), sollte aus der wilden Bergwelt unserer Umgebung heranreisen mit einem Sack voller Geschenke und Leckereien für die Kinder hinten auf seinem Gefährt. Die Eltern und die anderen Klubmitglieder sollten ihn vor der Messe erwarten, denn ein Klubhaus existierte noch nicht. Es erhob sich jedoch die Frage: Wer sollte den Santa Claus verkörpern und wie sollte der Schlitten herangezogen werden? Man konnte ihn schlechterdings nicht von einer Ladeschaufel schleifen lassen. Für den Santa Claus fand sich eine einfache Lösung: Gideon, ein mitteljähriger Bergmann aus Abenab, der gern ein wenig im Rampenlicht stand und zur Zeit als Ablösung auf dem Platze war, erklärte sich bereit, den Santa Claus zu spielen. Man möge ihm nur seine Ausrüstung als Nikolaus, die er in Abenab besaß - da er schon mehrfach dieses Amt versehen hatte - hierher besorgen. Petrus, ein ausgesprochener Farmerssohn, erhielt den Auftrag, von den ansässigen Damara-Arbeitern zwei brauchbare Esel zu mieten und zuzusehen, daß deren Geschirr einigermaßen dem Anblick von Europäern standhalten konnte. Und Alfred wurde angewiesen, aus Teerpfählen einen leichten Schlitten zu bauen, so ähnlich wie die Fuhrwerke der Kavango-Anwohner, nur ein wenig feudaler mit einem Sitz für den Weihnachtsmann. Bis zum 22. Dezember verliefen die Vorbereitungen allgemein zufriedenstellend. Petrus trainierte mit seinen Mieteseln vor der schiefrädrigen Karre eines alten Damara. Alfreds Schlitten nahm mehr und mehr an Form an und wurde ein schickes, wenn auch etwas schwergewichtiges, Gefährt. Nur Gideons Uniform war noch nicht da. Dringende Funksprüche an das Hauptbüro in Grootfontein ergaben, man hatte Gideons Wunsch vergessen. Aber man werde die Sachen umgehend per Kurier nach Omaruru schicken. Dort würden sie am 24. eintreffen; ein fahrender Bote solle sie abholen. Wir Werkstattleute bauten ein Zeltdach vor die Messe, damit wir die Feier im Schatten genießen konnten. Der 24. Dezember kam heran. Die Spannung stieg. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Weihnachten unter dem Dornbusch, von Jens Hauschild.

Titel: Weihnachten unter dem Dornbusch
Untertitel: Geschichten und Erinnerungen aus dem alten Südwest und dem jungen Namibia
Herausgeber: Jens Hauschild
Illustrationen: Joachim Voigts
Herausgeber: Deutsche Ev.-Luth. Gemeinde
Okahandja, Namibia 1999
Broschur, 15 x 21 cm, 56 Seiten, etliche sw-Illustrationen

Hauschild, Jens im Namibiana-Buchangebot

Weihnachten unter dem Dornbusch. Geschichten und Erinnerungen aus dem alten Südwest und dem jungen Namibia

Weihnachten unter dem Dornbusch. Geschichten und Erinnerungen aus dem alten Südwest und dem jungen Namibia

Weihnachten unter dem Dornbusch ist eine Sammlung von Geschichten und Erinnerungen an Weihnachten aus vielen Jahrzehnten in Südwest und Namibia.

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