Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten, von Paul von Lettow-Vorbeck

Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten, von Paul von Lettow-Vorbeck. K. F. Koehler. Leipzig, 1932

Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten, von Paul von Lettow-Vorbeck. K. F. Koehler. Leipzig, 1932

Militärische Lage während der Schlacht bei Tanga am 04.11.1914. Kartenskizze aus "Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten" (Paul von Lettow-Vorbeck)

Militärische Lage während der Schlacht bei Tanga am 04.11.1914. Kartenskizze aus "Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten" (Paul von Lettow-Vorbeck)

Aus Paul von Lettow-Vorbecks Nachbereitung des Ostafrikafeldzuges in "Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten", beschreibt dieser Auszug die Vorbereitungen der Schutztruppe auf das Eintreffen der südafrikanischen Streitkräfte in Deutsch-Ostafrika.

Paul von Lettow-Vorbeck  

[…] Als nun im Juli 1915 Deutsch-Südwest-Afrika kapitulierte, da verdichteten sich die Mutmaßungen und die spärlichen Nachrichten allmählich doch soweit, daß wir mit einer neuen, großen, feindlichen Unternehmung rechnen mußten, deren Kern die nunmehr zu anderweitiger Verwendung verfügbar gewordenen südafrikanischen Streitkräfte abgaben. Die Vorbereitungen für diesen Kampf zu treffen, hatte für uns Schwierigkeiten. Im Großen gesehen war es ja unser Wunsch, recht viele feindliche Streitkräfte nach Ostafrika hinzuziehen, je mehr, um so besser, und so waren nun die letzten Monate des Jahres 1915 gerade diejenige Zeit, wo die deutschen Unternehmungen gegen Britisch-Ostafrika besonders energisch gewesen waren; aber andererseits war auch sicher, daß die Schwierigkeiten unserer Kriegführung sich zu einem schwer erträglichen Grade steigern würden. Außer der Stärke des Feindes war besonders schwer die Frage zu beantworten: „Wo wird der Gegner seine Kräfte einsetzen?" Das Gefährlichste für uns war natürlich eine Landung in der Gegend von Daressalam, so daß also die Operationen des Gegners in das Innere der Kolonie, in unser Verpflegungs- und Nachschubgebiet, vorstießen und uns von den Quellen unserer wirtschaftlichen Kraft abschnitten. Demgegenüber war es unser Bestreben, den Gegner zu veranlassen, dort anzupacken, wo wir stark waren, also an unserer Front aus Deutsch-Ostafrika heraus. Wir würden dann auch bei Mißerfolgen auf die Quellen unserer Kraft zurückgedrängt werden. Lange waren wir im Zweifel, bis uns endlich erbeutete Photographien zeigten, daß die Engländer von der Station Voi der Ugandabahn eine Eisenbahn vorbauten in der Richtung auf den Kilimandjaro. Ein Eisenbahnbau an dieser Stelle und in diesem Augenblick war natürlich nur als die Vorbereitung zu einer großen militärischen Operation zu erklären. Hier also würden die Südafrikaner kommen. Man mußte damit rechnen, zurückgedrängt zu werden. Nun war aber im Laufe der Jahre eine Menge Kriegsmaterial in der Kilimandjarogegend im Bereiche der Truppe gestapelt worden. Es war notwendig, die Verschiebung dieses Materials nach Süden einzuleiten, weil im letzten Moment eine solche Arbeit bei dem Mangel an Transport-Mitteln unmöglich gelingen konnte. Die Verfügung über unsere Nordbahn war von entscheidender Wichtigkeit, aber leider sehr unsicher. Führte die Bahn doch nicht nach rückwärts, sondern sogar schräg nach vorwärts, so daß der Feind sie leicht sperren konnte. Auch fehlte eine Schienen-Verbindung zur Zentralbahn. Um diese herzustellen, haben wir im August 1915 alles Feldbahnmaterial der Pflanzungen requiriert. Von der Station Mombo der Nordbahn und der Station Kimamba der Zentralbahn wurde entgegengebaut. Der Betrieb war äußerst primitiv. Es waren Lories, die mit der Hand geschoben wurden. Wenn man aber bedenkt, daß wir sonst zur Bewegung unserer Lasten fast ausschließlich auf menschliche Träger angewiesen waren, so wird einem der Wert auch dieser einfachen Bahnverbindung klar. Die Operationen des Generals Smuts spielten sich nun in der Weise ab. daß er in zwei großen Kolonnen in das Kilimandjarogebiet eindrang. Die eine Kolonne von Voi her. gestützt auf die im Bau begriffene Kriegsbahn, die andere Kolonne in der Richtung Nord-Süd. in das Gebiet zwischen Kilimandjaro und Meruberg. So wollte General Smuts uns durch Angriffe von zwei Seiten her mit einem kurzen Schlage zerquetschen, ungefähr. wie man eine Mücke zwischen den Handflächen zerschlägt. Das Kräfteverhältnis war so. daß Smuts für seine Operationen eine Frontstärke von sicher über 20.000 Mann hatte, deren Kern allein neun aus Buren und Engländern bestehende südafrikanische berittene und unberittene Infanterieregimenter waren. Es gehörten außerdem aber noch eine ganze Anzahl weißer, indischer und schwarzer Truppenteile dazu. Ausgerüstet war der Gegner mit allen modernen Kampfmitteln. Flugzeugen. Fliegerbomben, leichter, schwerer Artillerie, Minenwerfern. Das waren alles Dinge, von denen wir Deutschen so gut wie nichts besaßen. [....]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten, von Paul von Lettow-Vorbeck.

Titel: Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten
Untertitel: Zwanglose Unterhaltungen mit ehemaligen Gegnern
Autor: Paul von Lettow-Vorbeck
Genre: Kriegsgeschichte; Memoiren
Verlag: K. F. Koehler
Leipzig, 1932
Originalbroschur, 15 x 22 cm, 64 Seiten, 5 Gefechtsskizzen

von Lettow-Vorbeck, Paul im Namibiana-Buchangebot

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