Unter afrikanischem Großwild, von Artur Heye

Unter afrikanischem Großwild, von Artur Heye.

Unter afrikanischem Großwild, von Artur Heye.

Von seinen Jahren in Ostafrika (1912-1917) lebte der deutsche Vagant und Abenteuerer Artur Heye die ersten Jahre im Gebiet Britisch-Ostafrikas, wo er die Tierwelt fotografierte. Dort entstanden seine überaus lesenswerten Erinnerungen Unter afrikanischem Großwild.

Artur Heye  

[…] Am Spätnachmittage des 15. Juli 1914 kletterte ich mit steifen Beinen auf der Station Voi aus einem Zuge der Ugandabahn. Ich kam vom Viktoria-Njansa. Vorher hatte ich mit Schiff und Eisenbahn eine kleine Rundreise durch Uganda und den östlichen Kongo gemacht, hier von Voi aus wollte ich über Taveta nach Deutsch-Ostafrika marschieren. Es war meine erste richtige Safari (Wanderung mit Trägern) im tropischen Afrika und wurde das Stück Weg, auf dem ich in meinem wanderfrohen Leben die meiste Angst gehabt habe. Es war ein dunkler, ungemütlicher Abend. Ein kühler Wind pfiff über die Steppe und um das einsame Stationsgebäude, am Himmel jagten schwarze, schwere, zerfetzte Wolken, und tief im Westen glühte ein gelbroter Schein unheimlich und drohend über der Einöde. Ein schwarzer Junge schleppte meine Sachen in ein Zimmer des Eisenbahn-Unterkunftshauses, ich selbst ging geradeswegs zum Stationsvorsteher und gab bei ihm die Empfehlung eines freundlichen englischen Militärarztes ab, dessen Bekanntschaft ich in Mombasa gemacht hatte. Der alte Herr hörte kaum etwas von „Reise um die Welt", als auch schon sein englisches Sportherz erwachte. „Selbstverständlich stehe ich Ihnen mit jeder Art Rat und Hilfe bei. Verfügen Sie ganz über mich!" sagte er und schüttelte mir die Hände, daß mir die Gelenke knackten. Ich sagte ihm, daß ich nach dem Kilimandscharo marschieren wollte, und bat ihn, mir Träger besorgen zu wollen. „Well, bekommen Sie. Es wird natürlich einige Tage dauern. Wie viel Mann brauchen Sie?" - „Ich denke, drei oder vier", versetzte ich. „What?" fragte er erstaunt und legte die Hand ans Ohr, um besser hören zu können. „Vier höchstens," sagte ich gelassen, „ich habe ja fast nichts zu tragen." - „Ja, aber das reicht nicht, durchaus nicht, mein Bester! Gestatten Sie eine Frage: Diese ist wohl die erste Safari, die Sie machen?" - „... Yes." - „Na ja, da wissen Sie nicht, was nötig ist. Sie müssen wenigstens zwanzig Mann haben. Drei tragen das Zelt, zwei Proviant, fünf Wasser, je einer Ihr Bett, Ihre Küchen- und anderen Geräte, dann einen Gewehrträger, einen Koch, einen--" - „Stop!" sagte ich lächelnd, „lassen Sie mich mal reden. Einer trägt mein Feldbett, einer die Futterkiste, einer meinen Rucksack und der vierte Wasser, basta. Zelt, Gewehr, Küchengeräte, Koch und sonstige Annehmlichkeiten habe und brauche ich nicht. Wollen Sie mir bitte die vier Mann besorgen?" Er schüttelte den Kopf. „Unmöglich. Abgesehen davon, daß Sie mit Ihrer ungenügenden Ausrüstung überhaupt nicht vorwärts kommen, so gehen vier Mann einfach gar nicht mit, wenn Sie kein Gewehr haben. Diese Strecke ist die gefährlichste in ganz Britisch-Ostafrika, Wildreservat - es gibt sehr viele Raubtiere da hinüber!" Ich stand auf. „Gut, dann muß ich's noch einmal beim Distriktskommissar versuchen. Gute Nacht." - „Der gibt Ihnen auch keine vier Mann, verlassen Sie sich darauf! Ich rate Ihnen, geben Sie unter diesen Umständen den Plan auf, es ist unmöglich", rief er mir nach. „Wenn er es nicht tut, dann nehme ich meinen Rucksack auf den Buckel und gehe allein hinüber", antwortete ich stolz, obgleich mir gar nicht mehr so sieghaft zumute war. Das echt englische Gesicht des Distriktskommissars blieb unbeweglich, als ich ihm mein Vorhaben auseinandersetzte. Er dachte eine Minute lang nach und sagte dann: „Ich werde Ihnen sechs Leute und einen Vormann besorgen, einige Mann müssen frei sein, um Sie gegebenenfalls tragen zu können, wenn Ihnen etwas zustößt. Doch mache ich Sie darauf aufmerksam, daß die englische Regierung für Sie keine Verantwortung übernimmt. Übermorgen können die Leute hier sein." Er rief zum Fenster hinaus dem Askariposten etwas zu. Der schlug einen Wirbel auf der Trommel, worauf gegen fünfzehn schwarze Soldaten aus ihren Wohnstätten herausstürzten und in Reih und Glied antraten. […]

Dies ist ein Auszug aus den Memoiren: Unter afrikanischem Großwild, von Artur Heye.

Titel: Unter afrikanischem Großwild
Autor: Artur Heye
Safari-Verlag
Berlin o.J. (1930er Jahre)
Originalleineneinband, 14x21 cm, 28 Seiten, zahlreiche Illustrationen

Heye, Artur im Namibiana-Buchangebot

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