Traumland Südwest. Ein Buch der Wehmut und Erinnerung, von Hans-Otto Meissner

Traumland Südwest. Ein Buch der Wehmut und Erinnerung, von Hans-Otto Meissner.

Traumland Südwest. Ein Buch der Wehmut und Erinnerung, von Hans-Otto Meissner.

Hans-Otto Meissner beschreibt in seinem unfassenden Reisebericht Traumland Südwest, ein sich bereits veränderndes Land und seine Erinnerungen sind von Wehmut begleitet.

Hans-Otto Meissner  

Der Farmer von Südwest wird nie in einem Hotel übernachten, das hat er gar nicht nötig. Wie ehedem die Reisenden des Mittelalters steigt er bei seinen Standesgenossen ab, das heißt, bei den anderen Farmern. Diese gute alte Sitte stammt noch aus der Zeit, da man sich auf Ochsenwagen durchs Land bewegte, im Tagesdurchschnitt von zwanzig bis dreißig Kilometern. Heute fährt auch der Südwester viel geschwinder, aber irgendwo einkehren muß er noch immer. Warum also nicht bei Freunden und Bekannten, deren Farmen in bequemer Reichweite liegen, also nicht mehr als ein bis zwei Stunden Umweg erfordern. Es gibt ja so viele Neuigkeiten, über die man gern reden möchte, und sollte es nichts Neues geben, werden eben die ollen Kamellen wieder aufgewärmt. Jeder kennt jeden, zumindest vom Hörensagen, weshalb an Themen reger Unterhaltung niemals spürbarer Mangel herrscht. Außerdem ist gegenseitige Gastfreundschaft eine der wenigen und wichtigsten Zerstreuungen, die das Farmleben den Farmern zu bieten hat. Wie schon zweimal erwähnt, gibt es kein Fernsehen in Südafrika, und die Sendungen des Rundfunks sind im allgemeinen recht dürftig. Da ist Besuch viel unterhaltsamer, selbst wenn er ganz überraschend kommt. Jede Farm verfügt über mehrere Fremdenzimmer, die man besser als Freundezimmer bezeichnen sollte, weil sich darin auch der völlig Fremde über Nacht in einen Freund des Hauses verwandelt. Es ist also Platz für Gäste fast immer vorhanden, auch wenn sie ohne Vorwarnung eintreffen. Deren Bewirtung bedeutet für die Hausfrau kein Problem, da jede Farm mit Vorräten versehen ist und großenteils ihre Lebensmittel selber produziert. Große Ansprüche werden nicht gestellt, auch mit schlichter Hausmannskost sind Südwester Gäste zufrieden. Zwar ist farbiges Hauspersonal nicht mehr so zahlreich und leicht zu bekommen wie in früheren Zeiten, aber zwei oder drei dienstbare Geister sind bestimmt vorhanden. Fremde und Freunde im Farmhaus sind also keine oder nur eine geringe Belastung für die Gastgeber. Ganz im Gegenteil, man freut sich von Herzen über jeden, der kommt. Nur darf er nicht erwarten, daß ihm Farmer und Farmersfrau von morgens bis abends zur Verfügung stehen. Die haben draußen wie drinnen viel zu tun, der Farmbetrieb läuft weiter, ob Gäste da sind oder nicht. Besucher müssen sich der Tageseinteilung anpassen und allein bleiben, solange die Gastgeber ihren vielfachen Pflichten nachgehen. Desto gemütlicher sind dann die Abende und desto unterhaltsamer das gemeinsame Essen. Zwar wollte ich überraschendes Erscheinen tunlichst vermeiden, zumal ein völlig fremdes Gesicht die meisten Farmer anfangs erschreckt. Aber nicht immer funktionierte die rechtzeitige Anmeldung. Ist doch keineswegs gesagt, daß jede Farm über ein Telefon verfügt. Und wenn ein Fernsprecher vorhanden ist, hängen an der gleichen Leitung noch drei oder vier andere Teilnehmer. Wenn einer von ihnen spricht, kann kein anderer sprechen. Auch sind Farmer tagsüber nur selten im Haus, und wenn die Gattin Einkäufe macht, kehrt sie von der weiten Fahrt so bald nicht zurück. Begibt sich jemand vom Küchenpersonal an den klingelnden Apparat, was für viele Farbige eine besondere Mutprobe bedeutet, wird man entweder falsch oder gar nicht verstanden. Einen Brief zu senden oder ein Telegramm, das kommt ungefähr auf das gleiche hinaus, keines von beiden wird dem Farmer zugestellt. Er muß sich seine Post selber vom Postamt holen. Wann er dort einmal vorspricht, kann der Absender nicht wissen. Doch er weiß, daß man ihn gerne empfangen wird. Selbst dann, wenn die Hausfrau nicht mit ihm rechnen konnte. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Traumland Südwest. Ein Buch der Wehmut und Erinnerung, von Hans-Otto Meissner.

Buchtitel: Traumland Südwest. Ein Buch der Wehmut und Erinnerung
Autor: Hans-Otto Meissner
Orion-Heimreiter Verlag
Sonderausgabe, Kiel 2001
ISBN 978-3-89093-009-1
Broschur, 13x20 cm, 427 Seiten, sw-Fotos, Abbildungen, 3 Karten

Meissner, Hans-Otto im Namibiana-Buchangebot

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Wehmut und Erinnerung schwingt in dem unveränderten Buchnachdruck Traumland Südwest aus der Mitte der südwestafrikanischen Epoche.

Traumland Südwest. SW-Afrika: Tiere, Farmen, Diamanten

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Traumland Südwest war ein sehr populärer Reisebericht von einer Studienreise nach Südwestafrika in den 1960er Jahren.

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Traumland Südwest als Ausgabe des Mundus-Verlages ist gegenüber dem Original aus den 60er Jahren schon den veränderten Verhältnissen angepaßt. Ein schöner Reisebericht-Klassiker über Südwestafrika.