Tief im Süden: Eine Liebe in Afrika, von Jenny Hobbs

Tief im Süden: Eine Liebe in Afrika, Jenny Hobbs.  Econ & List Taschenbuch Verlag. Düsseldorf, 1996. ISBN 3612272667 / ISBN 3-612-27266-7

Tief im Süden: Eine Liebe in Afrika, Jenny Hobbs. Econ & List Taschenbuch Verlag. Düsseldorf, 1996. ISBN 3612272667 / ISBN 3-612-27266-7

Jackie und ihr Mann Leon Meyer sind im Dezember 1985 von Unbekannten ermordet worden. Das tragische Foto der beiden Verstorbenen, aufgenommen in einer Leichenhalle in Lesotho und abgebildet in der südafrikanischen Sunday Times, gab den Anstoß für Jenny Hobbs Roman, Tief im Süden: Eine Liebe in Afrika.

Jenny Hobbs  

Sie heißt Rose. Sie liegt auf dem Rücken auf einer Grasmatte, den Kopf zur Seite geneigt, mit offenem Mund, die Zähne ragen aus Lippen hervor, die in sich zusammengesunken sind, wie Seeanemonen, wenn sie berührt werden. Ihre Haut hat die graue, ausgelaugte Farbe von Fleisch, das im Wasser gelegen hat. Unter den geschwollenen Lidern starren ihre blauen Augen mit leerem Blick auf die Lehmwand der behelfsmäßigen Leichenhalle - einer strohgedeckten Hütte mit einem kleinen Glasfenster, durch das ein Verlängerungskabel gelegt ist. Am Ende des Kabels hängt ein elektrischer Ventilator, der sich surrend von einer Seite zur anderen dreht und träge die stickige Luft verteilt. Das Blut, das ihr aus Mund und Nase geflossen ist und ihre blonden Haare verklebt hat, ist geronnen und in der Hitze dunkler geworden. Auch ihr T-Shirt ist blutdurchtränkt. Große Flecken sind rund um das zerfetzte Fleisch und die zertrümmerten Knochen, dort, wo die Kugeln sie getroffen haben, eingetrocknet. Nach den todbringenden Schüssen hatte Stille in dem Raum geherrscht, der vorher voller Reggae-Musik und Gelächter gewesen war. Das T-Shirt war ihr aus der Jeans gerutscht, während sie in Dreck und Blut auf dem Boden lag und mit dem Tode rang. Ihr Mann hatte ihre erstickten Todesschreie nicht mehr hören können. Er liegt mit halb weggeschossenem Bauch neben ihr. Der ausgefranste Baumwollstoff, der den Metallknopf ihrer Jeans hielt, war im Todeskrampf ihrer Muskeln gerissen; die Fadenenden bewegen sich im Luftzug des Ventilators. Das befleckte Laken, das man lose über ihre Beine und die klaffenden Wunden geworfen hat, ist nicht groß genug, um ihre Füße zu bedecken. Die Sohlen sind schmutzig, die Ballen rissig, wie bei einem Menschen, der oft barfuß auf Asphalt gegangen ist. Ihre Mutter Sarah, die auf einem Holzstuhl neben der Tür sitzt und Totenwache hält, erinnert sich an die Zeit, als diese Füße klein und rosig waren und fröhlich im Sonnenlicht unter dem Netz strampelten, das die Fliegen und die Katze abhalten sollte. Sarah, von Trauer überwältigt, versinkt in Erinnerungen, während Roses Vater im Regierungsbüro weiter unten an der Straße nach Särgen verlangt, um die Würde der Toten zu wahren. »Zwei Särge, um Gottes willen! Man kann sie doch nicht einfach so liegenlassen. Es ist fast Mitternacht, Mann!« »Wir haben zweimal den Leichenbestatter angerufen, Sir. Bitte verstehen Sie doch, daß wir bestimmten Regeln folgen müssen, daß man Vorkehrungen treffen -« »Was für Vorkehrungen? Sie sind tot! Sie sind schon seit neun verdammten Stunden tot!« Gordon ist stämmig, sein Gesicht rot angelaufen. Schweißflecken zeichnen sich unter den Armen und auf dem Rücken seines karierten Baumwollhemdes ab. Er trägt weite Khaki-Shorts und einen grünen Filzhut mit einer Perfhuhnfeder unter dem Hutband, um sich vor der Sonne zu schützen, die seinen kahlen Schädel bereits mit beängstigend vielen Sommersprossen übersät hat. Weil ihn sein Arzt vor Hautkrebs gewarnt hat, geht er nie ohne Hut in die Sonne, und er setzt ihn reflexartig ab, jedesmal, wenn er eins der Büros betritt. »Wir wissen, daß sie tot sind, Sir.« Das dunkelbraune Gesicht hinter dem Schreibtisch ist ebenfalls schweißbedeckt. »Wir haben den Leichenbestatter schon angerufen.« »Wo bleibt er dann?« »Es müssen bestimmte Vorkehrungen getroffen werden, Sir.« Der Beamte macht ein höfliches, aber abweisendes Gesicht. In der Hand hält er einen büroeigenen Kugelschreiber. Vor ihm liegt ein Formular, das in Druckbuchstaben ausgefüllt ist. »Haben Sie wenigstens Eis? Eis, Mann! Dieser Raum ist ein einziges verdammtes Inferno!« »Hier, Sir?« Er wendet den Kopf und blickt aus dem Fenster auf eine karge, tote Landschaft - nackte Felsen, ausgebrannte Erde, Viehpfade, Rinnen, Löcher und strohgedeckte Hütten aus Lehm und Steinen, die sich auf dem ausgedörrten Boden dicht zusammendrängen wie Schildkröten im Winterschlaf; jede Öffnung fest verschlossen.« [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Südafrika-Roman Tief im Süden: Eine Liebe in Afrika, Jenny Hobbs.

Titel: Tief im Süden
Untertitel: Eine Liebe in Afrika
Autorin: Jenny Hobbs
Übersetzung: Sabine Steinberg
Genre: Südafrika-Roman
Verlag: Econ & List Taschenbuch Verlag
Düsseldorf, 1996
ISBN 3612272667 / ISBN 3-612-27266-7
Originalbroschur, 11 x 18 cm, 568 Seiten

Hobbs, Jenny im Namibiana-Buchangebot

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