Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern, von Maximilian Scheer

Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern, von Maximilian Scheer. Petermänken Verlag, neue erweiterte Auflage, Schwerin 1961.

Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern, von Maximilian Scheer. Petermänken Verlag, neue erweiterte Auflage, Schwerin 1961.

Maximilian Scheer (1896-1978) war ein in die DDR emigrierter westdeutscher Journalist und Schriftsteller. Sein Roman "Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern" erschien 1952 in Schwerin. Eine weitere, bearbeitete Auflage erschien 1961.

Gericht in der Steppe

Der Oberhäuptling Maharero wendet sich an die Männer, die er um sich versammelt hat: Wir sind hier, um eine Entscheidung zu treffen. Du, Mister Lewis, sagst, du willst die Erzlager in meinem Lande ausbeuten, und du, hochedler Kommissar, behauptest, dieses Recht hättest du. Ist es so? Der Engländer Lewis kennt das Land seit Jahrzehnten; er hat verstanden und nickt. Der Missionar Diehl übersetzt Mahareros Worte ins Deutsche; auch der Reichskommissar stimmt zu. Und Maharero spricht zu diesem: Als du von der Walfischbai heraufkamst, hast du dich in meinem Lande verlaufen. Du gingst allein von deinem Wagen fort und fandest ihn nicht wieder. Du suchtest bis in die Nacht hinein und noch einmal von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Du hattest Durst, Hunger und keine Kraft mehr. Da fanden dich Leute meines Volkes. Sie kannten dich nicht. Aber sie führten dich zu ihrer Hütte, stärkten dich mit Milch und brachten dich zu deinem Wagen zurück. Wenn mein Volk nicht gut zu dir gewesen wäre, so wärest du verschmachtet. Ist es so? Der Reichskommissar antwortet: Du weißt, daß ich dem Volk der Herero für meine Errettung danke. — Du hast uns schlecht gedankt, hochedler Kommissar, sagt Maharero. Du hast uns mit falschen Worten gedankt. Wir sahen in dir unsern Freund, aber du hast deine Versprechen gebrochen. Maharero schweigt. Dann fragt er: Was willst du uns heute sagen? Der alte Oberhäuptling sitzt vorgeneigt in seinem Sessel, den Häuptlingsstab, das Zeichen seiner Macht, in seiner Hand. Rechts und links von ihm, auf Stühlen und Ochsenschädeln, sitzen Häuptlinge, Großleute und Räte. Ihre Haltung zeigt Gleichmut und lässige Gespanntheit, in ihren Gesichtern mischen sich Stolz und Hochmut. Die Haut ist schokoladenbraun und schimmert ins Rötliche. Manche von ihnen waren bei der Geburt fast weiß, doch verlor sich die Helle; ihre Volkssage berichtet, daß die erste Hererofrau hellhäutig von einem Baum geboren, magisch befruchtet wurde und wieder ein Mädchen gebar, daß Generationen von geheimnisvoll befruchteten Frauen kamen und gingen, bevor der erste männliche Herero geboren wurde. Dann geschah der Sündenfall, und ein Dämon übergoß die weißen Herero mit Farbe, um sie für ihre Sünden zu strafen; die dunkle Haut ist für sie das Stigma ihrer Vertreibung aus dem Paradies. Aber der Weiße, der zu ihnen ins Land kommt, gilt ihnen nicht als sündenlos. Seine Hautfarbe ist nicht das Zeichen der Gnade. Sein Glaube spricht von einem anderen Paradies, von einem anderen Sündenfall; darüber läßt sich reden. Sie nehmen ihn gastlich auf, überlassen ihm Farmland zur Nutznießung, gewähren ihm allenfalls Schürf rechte; einzelnen vertrauen sie sich sogar an und bitten sie um Rat. Doch immer steht zwischen ihnen und dem weißen Fremden der Abstand des Geschöpfs zu einer Sache: sich selbst nennen sie „omaherero", das ist der Mensch Herero, und die Fremden mit heller Haut bezeichnet ihre Sprache als „gelbe Dinge". In dem großen Raum, dem größten des flachdachigen Steinhauses Mahareros in der Hauptsiedlung Okahandja, befindet sich neben den Herero ein Dutzend der „gelben Dinge" — sieben Engländer unter Führung von Robert Lewis und fünf Deutsche: die evangelischen Missionare Diehl und Eich, der Führer einer kleinen deutschen Truppe, Leutnant von Quitzow, der Direktor der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika, Franken, und der Reichskommissar Heinrich Ernst Göring. Es ist der 30. Oktober 1888. Göring steht auf, um Maharero zu antworten. Er ist ein Mann von fünfzig Jahren, wohlgenährt, mit rundem Gesicht und Doppelkinn, starken Lippen und selbstzufriedenen Augen. Die aufgezwirbelten Spitzen seines geschwungenen Oberlippenbartes erreichen, wie bei seinem Kaiser, die Mitte der Wangen; an seiner Kinngrube hängt ein Bartbüschel wie bei einer Ziege.  [...]

Dies ist ein Auszug aus: Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern, von Maximilian Scheer.

Titel: Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern
Autor: Maximilian Scheer
Genre: Historienroman
Verlag: Petermänken Verlag
21.-25. Tsd., neue erweiterte Auflage, Schwerin 1961
Original-Halbleinen mit Original-Schutzumschlag, 13 x 20 cm, 148 Seiten, 1 Karte

Scheer, Maximillan im Namibiana-Buchangebot

Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern

Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern

"Schwarz und Weiss am Waterberg: Südwestafrika heute und gestern" ist ein spannender Roman über den Herero-Aufstand, im politischen Duktus der DDR geschrieben.