Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika, von Walter Rahn

Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika während der großen Aufstände 1904-1907 und der Kalahari-Expedition 1908', von Walter Rahn.  Beiträge zur deutschen Kolonialgeschichte, Band 9. Verlag: Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen, Freunde der früheren deutschen Schutzgebiete e.V., Dillenburg 1997.

Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika während der großen Aufstände 1904-1907 und der Kalahari-Expedition 1908', von Walter Rahn. Beiträge zur deutschen Kolonialgeschichte, Band 9. Verlag: Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen, Freunde der früheren deutschen Schutzgebiete e.V., Dillenburg 1997.

Aus Generalapotheker a. D. Walter Rahns vielseitiger und detailreicher Schrift, 'Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika während der großen Aufstände 1904-1907 und der Kalahari-Expedition 1908', behandeln die folgenden Auszüge chirurgische und internistische Erfahrungen der Militärärzte der Schutztruppe.

Walter Rahn  

Chirurgische und internistische Erfahrungen von Stabsarzt Dr. Franz

Auf dem Gefechtsfeld oder den dazu gehörenden Verbandplätzen waren folgende Operationen notwendig und unaufschiebbar: Tracheotomie, Unterbindung der Hals- und Extremitätenschlagader, Einfuhrung eines Katheters in einen Blasenschuß bzw. Blasenpunktion mit dem Fleurant sowie Notamputationen. Die nächst gelegene Sanitätsanstalt führte Urethrostomien, Amputationen, Trepanationen und Laparotomien durch. Etwa 3/4 der Todesfälle waren Schlagaderblutungen. Unterbindungen der Femoralis verliefen tödlich, da auf dem Gefechtsfeld keine Kochsalzinfusionen gemacht werden konnten. Der Heilungsprozeß bei Knochenbrüchen verdankte seinen glatten Verlauf der guten Fixation durch Gipsverbände. Wenn bei Verletzungen infolge von Knochenschüssen die Nervenleitung innerhalb von sechs Wochen nicht funktionsfähig war, wurden die Freilegung und evtl. eine Nervennaht erforderlich, um Verwachsungen zu vermeiden. Penetrierende Bauchschüsse kamen meistens zu spät zur Operation. Eine von Dr Franz selbst bei Kerzenlicht im Karrenzelt durchgeführte Trepanation hat der Patient ohne psychische Schäden überlebt. Bei den Krankheiten stand Typhus an weitaus erster Stelle. Bereits während des Herero-Feldzuges, und vor allem bei den Verfolgungskämpfen in der Omaheke, kam es, wie auch später bei gleichen körperlichen Überanstrengungen während des Hottentotten-Krieges, zu Typhuserkrankungen. Es bestätigte sich die Kriegserfahrung, daß überdurchschnittlich hohe körperliche Belastung, bei gleichzeitigem Nahrungsmangel, zur Infektion des Intesti-naltraktes und zum Ausbruch der Erkrankung führten. Bei der Ansteckungsgefahr spielten Kontaktinfektionen eine größere Rolle als Wasserinfektionen. Der Früherkennung der Symptome kam eine besondere Bedeutung zu, da eine mikroskopische und bakteriologische Untersuchung unter Feldverhältnissen nicht möglich war. Die Typhusschutzimpfung hat vermutlich nur den Krankheitsverlauf günstig beeinflußt. Eine generelle Schutzwirkung konnte nicht festgestellt werden. Ruhrerkrankungen traten sehr zahlreich auf. Sie verliefen meist leicht, aber mit häufigen Rückfällen. Die anfangs angezweifelte Diagnose konnte bakteriologisch bestätigt werden. Malariaerkrankungen gab es während oder direkt nach der Regenzeit häufig in Form der Malaria tropika, vor allem im Herero-Land. In Gegenden, die durch Anophelesmücken verseucht waren, wurde die verschärfte Koch sehe Chininprophylaxe mit je einem Gramm Chinin pro Mann am Donnerstag und Freitag jeder Woche durchgeführt. Als keine Wirkung festzustellen war, wurde sie wieder abgesetzt. Skorbutfalle nahmen an Häufigkeit stark zu. Erst langsam begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, daß es sich nicht um eine Infektionskrankheit handelte, sondern der Mangel an Vitamin C die Krankheitsursache war. Im Dezember 1904 wurden eine erhöhte Zufuhr von Zitronensäure, Preiselbeeren und gedörrtem Gemüse für die Feldtruppe angeordnet und die Portionssätze für Fruchtmus und Backobst angehoben. Herzerkrankungen beruhten überwiegend auf einer Schwächung des Herzmuskels. Als Ursachen vermutete man -außer den bereits erwähnten körperlichen Belastungen und der Mangelernährung- nicht ausreichenden Schlaf durch Nachtmärsche, Wachdienst und Zubereitung der Mahlzeiten während der Tagesrast sowie eine unzureichende Akklimatisationszeit an das tropische bzw. subtropische Höhenklima. Heute weiß man, so Frau Dr. Gertrud Marchand-Volz, daß der Mangel an Kalium die Fähigkeit des Herzmuskels, sich zusammen zu ziehen, erheblich einschränkt. Kalium und andere Salze wurden mit dem Schweiß während der Tageshitze ausgeschieden, aber in der Nahrung nicht ersetzt. Der zeitweise bestehende Mangel an Brot, Nudeln, Graupen, Reis usw. führte zum Kohlehydratdefizit, das nach Abbau körpereigener Reserven Heißhunger auf Zucker hervorrief. Dieses schnell resorbierbare Kohlehydrat kompensierte vorübergehend die Mangelernährung und bewirkte eine deutliche Leistungssteigerung. Tetanus trat nicht auf, obwohl die Feldtruppe drei Jahre biwakieren mußte. [...]

Dies ist ein Auszug aus 'Sanitätsdienstes der Schutztruppe für Südwestafrika während der großen Aufstände 1904-1907 und der Kalahari-Expedition 1908', von Walter Rahn.

Titel: Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika während der großen Aufstände 1904-1907 und der Kalahari-Expedition 1908
Autor: Water Rahn
Reihe: Beiträge zur deutschen Kolonialgeschichte, Band 9
Verlag: Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen, Freunde der früheren deutschen Schutzgebiete e.V.
Dillenburg, 1997
ISSN 1430-6352
Originalbroschur, 15 x 21 cm, 128 Seiten, sw-Fotos, Abbildungen, Karte

Rahn, Walter im Namibiana-Buchangebot

Zwischen Waterberg und Sandfeld

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"Zwischen Waterberg und Sandfeld: Die Verantwortlichen am Schicksal der Herero" ist Band 1 der Reihe Befunde und Berichte zur Deutschen Kolonialgeschichte.

Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika

Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika

Der Sanitätsdienst der Schutztruppe für Südwestafrika während der Herero- und Nama-Aufstände von 1904-1907 und der Kalahari-Expedition von 1908.