Regenbogenland. Eine Familiensaga aus Südafrika, von Elsa Joubert

Regenbogenland. Eine Familiensaga aus Südafrika, von Elsa Joubert. ISBN 9783426634530 / ISBN 978-3-426-63453-0

Regenbogenland. Eine Familiensaga aus Südafrika, von Elsa Joubert. ISBN 9783426634530 / ISBN 978-3-426-63453-0

In ihrem Roman Regenbogenland erzählt Elsa Joubert die Familiensaga der burisch-englischen Familie der van Veldes vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Später würde Issy, wie immer auf Englisch, zu Großmutter sagen: »Man hätte es Emma einfach nicht erlauben dürfen, übers Wochenende allein zu verreisen. Sie war noch zu jung. Und zu leicht zu beeindrucken.« Der Zug brauchte einen halben Tag von Worcester nach Stellenbosch, und Miss Golightly, eine füllige, überängstliche Dame mit üppigem Busen, zarten Fußknöcheln und nervösen Gesten, wurde auserkoren, als Anstandsdame mitzureisen. Sehr zum Ärger der jungen Emma Anderson. Doch auf dem Bahnhof von Stellenbosch trennten sich ihre Wege: Emma stattete Onkel Charles und ihren Cousinen im Pfarrhaus einen Besuch ab, Miss Golightly begab sich zu weniger erlauchten Freunden. Nach dem Sonntagsessen tupfte sich Onkel Charles behutsam den gepflegten, silbergrauen Schnurrbart mit der Serviette ab, bevor er diese aufrollte und in den silbernen Serviettenring schob. An der gegenüberliegenden Wand des Esszimmers hing ein in Öl gemaltes Porträt seines Vaters, ein Abschiedsgeschenk von dessen Gemeinde, als er in den Ruhestand trat. Das Bild inspirierte Charles jeden Tag aufs Neue. Zudem erfüllte ihn große Dankbarkeit dafür, dass seine Frau, seine Töchter, seine Söhne und heute auch seine hübsche Nichte mit ihm gemeinsam um den Tisch saßen. Der Herr meinte es gut mit ihm. »Ich habe eine kleine Aufgabe für euch«, sagte er zu den Mädchen. »Zu Ehren unseres himmlischen Vaters an seinem geheiligten Tag.« Er schob seinen silbernen Serviettenring auf Armeslänge von sich, und noch bevor er das Dankgebet sprach, legte er ein kurzes Schweigen ein, um die gebührende Aufmerksamkeit bei den jungen Damen zu wecken: »Heute Nachmittag um halb drei hält ein Predigtamtskandidat im Examen seine Prüfungspredigt. Ich werde zusammen mit meinen Kollegen in der letzten Reihe sitzen und zuhören, doch es ist nicht einfach, vor einer leeren Kirche und einer unsichtbaren Gemeinde zu glänzen. Es wird dem jungen Mann sicher eine große Hilfe sein, wenn er die Familie des Pfarrers vor Augen hat.« Und so kam es, dass die junge Emma Anderson um halb drei an jenem erstickend heißen Sonntag in Stellenbosch in der zweiten Reihe von vorn in der Kirche saß, den Kopf in den Nacken gelegt, den Blick voller Inbrunst auf die Kanzel gerichtet. Lästige Schweißtröpfchen auf der Oberlippe wischte sie so unauffällig wie möglich mit ihrem Taschentuch weg und verbarg dieses anschließend, ohne den Kopf zu bewegen und rein nach Gefühl, wieder in dem kleinen Retikül aus schwarzer Seide, das neben ihr auf der Bank lag. Als dann der junge Josias van Velde die Kanzel erklomm, um seine Worte himmelwärts zu senden, die dunklen Augen geschlossen und sein jugendliches Gesicht bleich vor Hingabe – und vermutlich vor Nervosität –, spürte sie, wie große Zuneigung zu dem jungen Kandidaten in ihr aufstieg, ein Drang, ihn zu beschützen, und ein so starkes Interesse an ihm, wie sie es noch nie zuvor in ihrem Leben verspürt hatte. Die dämmrige Atmosphäre in der Kirche zu dieser Nachmittagsstunde, der feine Tanz der Staubteilchen in einem Sonnenstrahl, der schräg durchs Fenster hineinfiel: All das war für sie von da an untrennbar mit diesem neuen Gefühl verbunden. Ob das etwas mit dem großen, unaussprechlichen Wort »Liebe« zu tun hatte? Sie hatte in ihren Büchern über die Liebe gelesen, in den Werken Tennysons und in den Gedichten Lord Byrons, und sie hatte sie sich in ihrer Phantasie ausgemalt. Und jetzt, hier, wurde sie von ihr überwältigt. Sie hörte auf zu atmen und spürte, wie auch ihr Herzschlag stockte, bis ihr Körper die Anspannung nicht länger ertrug. Sie atmete in drei kurzen Stößen aus, begleitet von drei kleinen, ruckartigen Bewegungen ihres Busens – als erkenne ihr Organismus mit drei stillen Seufzern die Unabwendbarkeit eines neuen Lebensabschnitts an. Verwundert spürte sie, wie das Gefühl von ihrem Körper Besitz ergriff. Ihre Cousine warf ihr einen besorgten Blick zu, doch Emma bemerkte es nicht. (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Regenbogenland. Eine Familiensaga aus Südafrika, von Elsa Joubert.

Buchtitel: Regenbogenland
Untertitel: Eine Familiensaga aus Südafrika
Autorin: Elsa Joubert
Typ: Roman
Verlag: Droemer Knaur
München, 2007
ISBN 9783426634530 / ISBN 978-3-426-63453-0
Broschur, 17x24 cm, 784 Seiten

Joubert, Elsa im Namibiana-Buchangebot

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