Raubmord 1912. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika, von Kuno F. R. Budack

Raubmord 1912. Die Falk- und Sommermorde. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika, von Kuno F. R. Budack.

Raubmord 1912. Die Falk- und Sommermorde. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika, von Kuno F. R. Budack.

Raubmord 1912 beschreibt die Falk- und Sommermorde bei Windhoek und ist ein Beitrag von Kuno F. R. Budack zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika.

Kuno F. R. Budack  

In früheren Jahren stand an der Kupferbergpad, die von der Landeshauptstadt Windhoek durch das Khomashochland über den Gamsbergpaß nach Walfischbay führt, eine Gedenkplatte aus Messing oder Emaille. Die Inschrift erinnerte an den Raubmord am Sergeanten Hermann Strunck der Kaiserlichen Landespolizei für Deutsch-Südwestafrika im Jahre 1912. Dieser Mordfall erregte seinerzeit im Lande großes Aufsehen. Derartige Gewaltverbrechen waren damals zwar seltener als heute, aber das war nicht der eigentliche Grund für die außergewöhnliche Aufregung im Publikum und in den Zeitungen. Entsetzen erregte vor allem die Tatsache, daß die Mörder deutsche Landsleute waren, denen man eine solche Tat kaum zugetraut hatte. Windhuk war vor dem 1. Weltkrieg eine Kleinstadt, und die meisten dort lebenden Deutschen waren einander persönlich bekannt. Je weiter die Untersuchung fortschritt, umso mehr Untaten kamen ans Tageslicht, darunter drei weitere grausame Morde an harmlosen Eingeborenen, die den Verbrechern nicht den geringsten Anlaß zu irgendwelcher Unzufriedenheit gegeben hatten. Die Erinnerung an die Morde des Jahres 1912 ist inzwischen verblaßt. Nur wenige ältere Menschen kennen heute noch die Namen der Mörder und ihrer Opfer. Obwohl diese Untaten vor 87 Jahren eine Sensation hervorriefen, die nicht nur von der einheimischen Presse ausführlich dargestellt und kommentiert wurde, sondern ihren Weg sogar in Berliner und einige Provinzzeitungen in Deutschland fand, wurden die Hintergründe und Einzelheiten der Verbrechen bisher noch niemals im Zusammenhang dargestellt. Die einzige Ausnahme bilden 10 Seiten in einem Buch des südafrikanischen Polizeimajors Petrus Cornelius Swanepoel, der im Jahre 1968 in seiner Muttersprache Afrikaans ein Buch mit dem Titel „Polisieavonture in Suidwes-Afrika" („Polizeiabenteuer in Südwestafrika") schrieb. Darin legte er u.a. (in den Einzelheiten nicht immer korrekt) eine kurze Zusammenfassung des Raubmordes an Polizeisergeant Strunck vor. Die von den gleichen Tätern begangenen Morde an drei Eingeborenen werden darin jedoch nicht erwähnt.

In der vom ehem. Polizeiassistenten I. Klasse Hans Rafalski verfaßten Geschichte der Kaiserlichen Landespolizei für Deutsch-Südwestafrika, die 1930 unter dem Titel „ Vom Niemandsland zum Ordnungsstaat" in Berlin erschien, findet der Mord an Strunck nur kurz Erwähnung. Darin befindet sich aber die einzige mir bekannte Abbildung der von Struncks Kameraden gestifteten Gedenkplatte. Obwohl es sich um die ersten und letzten während der deutschen Herrschaft vollstreckten Todesurteile gegen Weiße handelte, werden die damit zusammenhängenden Ereignisse in fast allen historischen Darstellungen übergangen. Weder in Dr. Oskar Hintragers „ Südwestafrika in der deutschen Zeit" (München 1956) noch in Otto von Webers „Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest-Afrika" (Pretoria 1973, Windhoek 1979 und weitere Auflagen) steht darüber ein einziges Wort. Auch Major Viktor Franke, der zur Zeit der Mordtaten in Windhuk stationiert war, neben dem direkt mit den Verbrechen befaßten Bezirksamtmann Dr. Todt wohnte und mit ihm und seiner Frau gesellschaftlichen Verkehr pflegte, hielt diese Ereignisse in seinem sehr ausführlichen Tagebuch nicht für erwähnenswert.

Die „Chronik von Deutsch-Südwestafrika 1883-1915" von Lenssen nennt in ihrem umfangreichen Personenregister nicht einmal die Namen der Mörder. Man gewinnt den Eindruck, daß manche Autoren diese von Verbrechern deutscher Nationalität begangenen Untaten als einen Schandfleck in den Annalen des Schutzgebietes betrachten, die das Bild einer positiven Bilanz erheblich trüben könnten und deshalb möglichst verschwiegen werden sollten. Das wäre unsinnig, denn es hat in Geschichte und Gegenwart noch niemals eine staatliche Ordnung ohne Verbrechen gegeben. Nur Schwärmer, die „hier auf Erden schon das Himmelreich errichten" wollen, träumen von einem solchen weltfernen Utopia. Entscheidend ist, wie man mit dem Verbrechen umgeht, und da hatten Kaiserliche Landespolizei, Justiz- und Verwaltungsbehörden und die außerordentlich kooperative Öffentlichkeit des Schutzgebietes sich der Lage durchaus gewachsen gezeigt. Die gute Zusammenarbeit mit dem Publikum, und zwar weißen und farbigen Einwohnern der Hauptstadt und ihrer Umgebung, verdient hervorgehoben zu werden.

So wäre zum Beispiel die Errichtung eines Kordons um das gesamte Stadtgebiet ohne die vielen freiwilligen Helfer aus der Eingeborenenwerft unmöglich gewesen. Einer der Empfänger der für die Ergreifung der Täter ausgesetzten Belohnung war der Herero Markus, der einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Fahndung hatte. Die Beteiligung der Presse an den Ermittlungen wurde allgemein gelobt und sogar in deutschen Zeitungen als vorbildlich anerkannt. Im Gegensatz zu gelegentlichen Behauptungen, daß die Rechtsprechung der Kaiserlichen Bezirksgerichte die Weißen generell begünstigt habe, konnte in diesem Falle davon keine Rede sein. Die Verbrecher traf die volle Härte des Gesetzes, und der Erste Referent des Kaiserlichen Gouverneurs, Geheimrat Dr. Hintrager, wies im Zusammenhang mit einer eventuellen Begnadigung der Mörder ausdrücklich auf den Gleichheitsgrundsatz vor dem Gesetz hin: „Es wird daher Wert darauf gelegt, den Eingeborenen zum Bewußtsein zu bringen, daß ein Weißer, der sich an dem Leben seiner Mitmenschen schwer vergeht, seine Tat in gleicher Weise wie die Eingeborenen mit dem Leben zu büßen hat".

Die schnelle Aufklärung der vier Morde und der übrigen Straftaten des aus Deutschland eingewanderten Verbrecherpaares wurde zwar durch Hinweise aus der Öffentlichkeit, die Kooperationsbereitschaft der Presse, das übertrieben selbstsichere Verhalten der Täter und etwas Glück erleichtert, aber das Hauptverdienst für die erfolgreiche Fahndung gebührte den Offizieren und Beamten der berittenen Landespolizei. Wer sich mit der Geschichte dieser im Vergleich zu ihrem riesigen Aktionsraum und der Größe und Vielseitigkeit ihrer Aufgaben winzig kleinen Ordnungsmacht beschäftigt, wird bald Respekt vor ihrer Leistung empfinden. Dabei hat die Mannschaftsstärke der Polizeitruppe niemals die Zahl von 1000 Angehörigen überschritten. (... 

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Raubmord 1912. Die Falk- und Sommermorde. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika, von Kuno F. R. Budack.

Buchtitel: Raubmord 1912
Untertitel: Die Falk- und Sommermorde. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte von Deutsch-Südwestafrika
Autor: Kuno F. R. Budack
Selbstverlag
Windhoek, 1999
ISBN 99916-50-18-0
Kartoneinband, 17x24 cm, 276 Seiten, 249 sw-Abbildungen

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