Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon, von Kai Althoetmar

Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon, von Kai Althoetmar. Nature Press. Bad Münstereifel, 2018. ISBN 9783746773629 / ISBN 978-3-7467-7362-9

Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon, von Kai Althoetmar. Nature Press. Bad Münstereifel, 2018. ISBN 9783746773629 / ISBN 978-3-7467-7362-9

Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon, von Kai Althoetmar, der auch "Tiger, Tod und Teufel. Abenteuer von Welt" und "Südafrika. Eine Welt in einem Land" verfaßt hat.

Kai Althoetmar  

Der Abstieg in eine Welt aus einer anderen Zeit beginnt. In 550 Meter Tiefe liegt rötlich-braun ein gewaltiges Erosionstal. Träge windet sich ein Rinnsal zwischen den Klüften dieser Mondlandschaft. 160 Kilometer lang ist der Fish River Canyon, der Fischfluß-Canyon, das größte Landschaftswunder im kargen Süden Namibias. Nur der amerikanische Grand Canyon ist länger. Neunzig Kilometer unter der unbarmherzigen südwestafrikanischen Sonne liegen vor uns. Eine Teststrecke für Zivilisationsmüde. Zehn Wanderer wollen die Unwirtlichkeit bezwingen. Im zwölf Kilometer entfernten Touristencamp Hobas haben wir die permits, die Wandererlaubnis, im Tausch gegen die vorgeschriebenen ärztlichen Atteste abgeholt. Pro Tag wird nur eine Gruppe von drei bis dreißig Wanderern in den Canyon gelassen. Jede ist auf sich selbst gestellt. Wegen der Hitze und der Überschwemmungsgefahr sind Canyondurchquerungen nur im namibischen Winter, von Mai bis September, möglich. Uns droht mitten im Mai Wassermangel. „Das Wasser im Fish River Canyon hat den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht", schreibt die Verwaltung des Naturreservats in ihrem Wasserbericht. Emergency exits, Notausstiegspfade, gibt es nur zwei: bei Kilometer 15 und Kilometer 68. Dazwischen könnte uns nur ein Rettungshubschrauber aus der Schlucht heraushelfen - gäbe es Mobilfunkempfang. Die ganze Erdgeschichte breitet sich vor uns wie ein Diorama aus: die steilen Abhänge mit ihren waagerecht lagernden Gesteinsschichten aus 1,8 Milliarden Jahre alten Schiefer-, Lava- und Sandsteinablagerungen, vor 1,3 Milliarden Jahren während der Erdfrühzeit von den Elementen zusammengepreßt, das von Nord nach Süd verlaufende Tal, im Erdaltertum vor 500 Millionen Jahren durch Brüche in der Erdkruste entstanden, die Erosionsspuren des Flusses, der sich erst in der Erdneuzeit, vor schätzungsweise fünfzig Millionen Jahren, durch eine Einbruchzone in das Tal fraß und die heutige Schlucht fräste. 1981 fanden Archäologen an neun Stellen im Canyon Überreste von Steinzeitmenschen, denen das fischreiche Wasser vor über 50.000 Jahren gute Lebensbedingungen bot. Schon geht es steil bergab. Geröll liegt auf dem Zickzack-Pfad, an gefährlichen Stellen schützt eine Kette vor dem Sturz in die Tiefe. An die fünfzehn Kilo schleppt jeder im Rucksack: Proviant für vier Tage, Schlafsack und Isomatte, Kleidung, Kamera, Campingkocher. Fast zwei Stunden dauert der Abstieg, die Dämmerung naht. Zwei deutsche Tagestouristen ohne Taschenlampe, Wasserflasche und Gepäck überholen uns. Ihr Ziel: Ab- und Aufstieg noch kurz vor Sonnenuntergang. Ein Fall von Sonnenstich? Im April 1995 fiel ein 55-jähriger deutscher Tourist, der sich ohne Wasser spontan in die Tiefe des Canyons aufgemacht hatte, seinem Leichtsinn zum Opfer. Bei fast vierzig Grad Mittagshitze brach er auf der Steilroute bewußtlos zusammen. Der Tod war schneller als der Notarzt. Hitze und Wassermangel gehören zu Namibias Süden wie das Eis zur Arktis. So fallen in Lüderitz an der Atlantikküste jährlich nur achtzehn Millimeter Niederschlag je Quadratmeter. Während der Regenzeit zu Jahresanfang hat der 660 Kilometer lange Fischfluß keine neuen Wassermassen aufgenommen. 400 Kilometer nördlich, in den Naukluftbergen am Rande der Namib-Wüste, entspringt der größte Fluß innerhalb Namibias. Etwa fünfzig Kilometer südlich des Kurortes Ai-Ais, dem „gelobten Land" aller Canyonwanderer, mündet der Fischfluß an der namibisch-südafrikanischen Grenze in den Oranje. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Talsohle. Der Fluß ist eher ein schmaler Teich. Im Ufersand rollt jeder seinen Schlafsack aus, niemand schleppt auch noch ein Zelt mit herum. Instantsuppen und Fertignahrung aus Armeebeständen köcheln vor sich hin. Der Sternenhimmel: wie im Planetarium. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon, von Kai Althoetmar.

Titel: Neunzig Kilometer Einsamkeit
Untertitel: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon
Autor: Kai Althoetmar
Genre: Reisebericht und Ortskunde
Verlag: Nature Press
Bad Münstereifel, 2018
ISBN 9783746773629 / ISBN 978-3-7467-7362-9
Broschur, 12 x 19 cm, 52 Seiten, einige sw-Abbildungen und Karten

Althoetmar, Kai im Namibiana-Buchangebot

Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon

Neunzig Kilometer Einsamkeit: Zu Fuß durch Namibias Fish River Canyon

Ein ortskundlicher Namibia-Reisebericht: Neunzig Kilometer zu Fuß durch die Einsamkeit des Fish River Canyon.