Mit dem Herzen sehen: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika, von Gisela Kauffenstein

Mit dem Herzen sehen: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika, von Gisela Kauffenstein. Verlag: proTEST Informationsdienst. 1. Auflage. Kenmare, Südafrika 1986, ISBN 062009987 / ISBN 0-620-09987

Mit dem Herzen sehen: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika, von Gisela Kauffenstein. Verlag: proTEST Informationsdienst. 1. Auflage. Kenmare, Südafrika 1986, ISBN 062009987 / ISBN 0-620-09987

Die Autorin von "Mit dem Herzen sehen: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika", Gisela Kauffenschein, ist die Ehefrau des deutschstämmigen Theologen Paul-Gerhard Kauffenstein.

Wie Cathie mir ein „girl" besorgt und Helen mir beweist, dass Christen aus Deutschland auch nicht besser sind als andere.

Wir hatten Jäckel und Jenny gelesen, Alan Paton, Trevor Huddieston und Nadime Gordimer. Wir hatten gehört, dass in Süd-Afrika schwarze Menschen unterdrückt und ausgebeutet würden. Und wir konnten die „Buren" einfach nicht verstehen! Im zwanzigsten Jahrhundert noch so rückständig und ungerecht zu sein — unvorstellbar! Nun sollten wir selbst nach Süd-Afrika reisen, um uns in der „Friedensgemeinde" in Johannesburg zu engagieren. Wir wollten gerne überall mitarbeiten. Aber wir wollten auch beweisen, dass Christen aus Deutschland verständnisvoller sind, einsichtiger, liebevoller im täglichen Umgang mit ihren schwarzen Mitbürgern als die „sturen Südafrikaner"! So kamen wir an einem warmen Sommerabend im Dezember 1963 in Johannesburg an. Festlicher Empfang vor Friedenskirche in Hillbrow. Glockenläuten, Posaunenderchor, während unvermeidlicher Ansprachen das schrille Gezirp der Grillen. Und über dem Häusermeer mit den ragenden Wolkenkratzern der unermessliche Sternenhimmel. Unvergesslich der Rat, den Herr Bickel, der erfahrene Vorsitzende des Kirchenvorstandes, meinem Mann gab: „Im ersten Jahr, Herr Pastor, schätzen wir es, wenn Sie Ihre Augen und Ohren aufmachen — aber, bitte, halten Sie Ihren Mund zu, was die guten Ratschläge betrifft! Im zweiten Jahr beantworten wir gerne Ihre Fragen zu den mancherlei Problemen in unserem Lande; im dritten Jahr sind wir dann bereit zu hören, was Sie uns zu sagen haben: Ihre Ansichten und Ihre Vorschläge werden dann ganz anders berücksichtigt werden!" Unter keinen Umständen wollte ich ein „girl" haben! Wozu sollte ich mir noch zusätzliche Probleme aufhalsen? Klima, Sprache, das Rechnen in anderer Währung, kurz, die ganze Umstellung brachte genug Belastung. Zudem war ich von Deutschland her gewohnt, den Haushalt mit Mann und 3 Kindern ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Aber das alte Pfarrhaus in Hillbrow! Zugegeben — es war geräumig, luftig, hell. Nur ist Johannesburg Minenstadt. Tausende schwarzer Angestellter wohnten in den Dachgeschossen der zahllosen Mietskasernen. Jeder kochte auf seinem kleinen Öfchen. Da verwunderte es nicht, wenn bei jedem Erdstoss Russ durch die schlecht verfugten Decken rieselte, wenn bei jedem Windstoss Russ auch durch die geschlossenen Fenster drang. Hinzu kamen häufige Besuche und mancherlei Unvorhergesehenes, wie es in einer Gemeinde, die fast 3000 Seelen umfasste, zur Tagesordnung gehörte. Trotzdem war ich fest entschlossen, alles allein zu bewältigen. Aber ich hatte nicht mit Cathie gerechnet. Cathie war die schwarze Perle der Küstersfrau nebenan und bewohnte mit ihrem Mann Philip auf dem Kirchgrundstück ein kleines Häuschen. Jeden Tag musste sie bei ihren Besorgungen am Pfarrhaus vorbei, und es ergab sich von selbst, dass wir einander freundlich grüssten und ein paar Worte wechselten. Eines Tages blieb Cathie zu einem kleinen Schwatz stehen. „Madam," sagte sie mit besonderer Betonung, die mich aufhorchen liess — „ich beobachte dich schon eine ganze Weile" — Pause. „Du bist freundlich und lachst gerne" — Pause — „und deine Kinder sind höflich" — lange Pause — „aber eins fehlt dir" — Cathie hob triumphierend ihren Zeigefinger: „dir fehlt ein girl, und das bringe ich dir heute nachmittag!" Dabei lachte sie so verschmitzt, dass ich ausser einigen lahmen Ausflüchten keine überzeugenden Argumente vorbringen konnte, um nahendes Unheil abzuwenden. Ehe ich mich's versah, war ich überrumpelt — auf unwiderstehliche Art und Weise. Am Nachmittag erschien Cathie würdevoll und freudestrahlend und stellte ihre Tochter Helen vor — adrett, selbstbewusst, aber sympathisch. Trotzdem war ich gar nicht so sicher, ob wir gut miteinander auskommen würden. Helen schien sehr gut zu wissen, was sie wollte und was sie nicht wollte. Aber Cathie fegte meine unausgesprochenen Befürchtungen mit einer grosszügigen Handbewegung beiseite: „Madam, hier bringe ich dir meine Tochter. Behandle sie nur wie deine Tochter!" [...]

Dies ist ein Auszug aus: Mit dem Herzen sehen: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika, von Gisela Kauffenstein.

Titel: Mit dem Herzen sehen
Untertitel: Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika
Autorin: Gisela Kauffenstein
Verlag: proTEST Informationsdienst
1. Auflage. Kenmare, Südafrika 1986
ISBN 062009987 / ISBN 0-620-09987
Originalbroschur, 15 x 21 cm, 80 Seiten, etliche Abbildungen

Kauffenstein, Giesela im Namibiana-Buchangebot

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Mit dem Herzen sehen. Heiteres und Weiteres aus Süd- und Südwestafrika: Lebens- und Landeserfahrungen einer Pfarrersfrau.