Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915), von Ellen Brammer

Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915). Ein Beitrag zur Erinnerungspädagogik. Autorin: Ellen Brammer. Waxmann Verlag GmbH. Münster, New York 2024. ISBN 9783830948179 / ISBN 978-3-8309-4817-9
Aus dem Vorwort der Autorin Ellen Brammer zu Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915)
Nach meinem Studium der Literatur und der Philosophie hielt ich neben meiner Arbeit Lesungen zum großen Themenbereich Afrika. Begleitet hat mich dabei George Sackey auf seinen Trommeln. Er ist Musiker und Trommellehrer, das Land seiner Geburt ist Ghana an der Westküste Afrikas. Mit den Lesungen über Afrika und den Klängen der dazugehörigen Musik entwickelte sich mein Interesse für diesen Kontinent, dessen koloniale Inbesitznahme durch die europäischen Staaten mir wohl aus dem Geschichtsunterricht in Erinnerung war. Doch durch das Erarbeiten der Vorträge und das Rezitieren der Texte rückten die Geschehnisse aus der Vergangenheit immer näher an mich heran, bewegten mich. Werke wie „Herz der Finsternis" von Joseph Conrad und der von Chinua Achebe dazu verfasste kritische Kommentar stimmten mich nachdenklich. In welcher Form war Deutschland am europäischen Imperialismus beteiligt? Ich begann, in meinen alten Geschichtsbüchern aus der Schule zu recherchieren. Das Ergebnis war äußerst überschaubar. Zum Beispiel informierte uns das Werk „Geschichtliche Weltkunde" (Band 3 für das Gymnasium) lediglich auf einer halben Buchseite über die deutsche Kolonialzeit in Südwestafrika. Es wurde ein kurzer Abriss über den Vernichtungskrieg gegen die Herero im Jahre 1904 gegeben. Mein Forschungsinteresse war geweckt, und so begab ich mich auf die gedankliche Reise in die für mich fremde Welt Südwestafrikas, heute Namibia. Als deutsche Literaturwissenschaftlerin reizte mich der weibliche Blick, eingefangen bzw. festgehalten in Texten von Autorinnen, um deren Perspektive es mir geht. Zudem wollte ich wissen, ob sich in den vielen Jahren nach der kolonialen Inbesitznahme etwas im Denken der ehemaligen Okkupantinnen und Okkupanten gegenüber dem Fremden, dem Anderen verändert hat. Die Pädagogin in mir nahm sich zugleich vor, die in den Fokus genommene Erinnerung an das imperiale Agieren auch für die praktische Erinnerungsarbeit verwertbar zu gestalten. Als >weiße<, deutsche Frau und Mitglied der Mehrheitsgesellschaft bin ich mir der Begrenztheit meiner Perspektive, meiner eingeschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten bewusst. Wohl hat mich meine 15-jährige pädagogische Arbeit in der Integration mit vielen verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt in Verbindung gebracht, mir in diesem Zuge die Fülle an Lebensweisen aufgezeigt und mich dabei menschlich bereichert. Doch kann auch ich die Grundfesten meiner Sozialisation im ausgehenden 20. Jahrhundert im ländlichen Raum Norddeutschlands in einer christlichen Familie des Handwerks und des Handels nicht ganz abstreifen - trotz vieler Reflexionsbemühungen. Während meiner Arbeit wurde mir wiederholt vor Augen geführt, dass auch die mir zur Verfügung stehende Sekundärliteratur zur Historie die ethnozentristische Perspektive ob ihrer >weißen< Verfasser/-innen kaum verlässt. Es ist ein Kreislauf des sich gegenseitig nährenden Wissens, der nur langsam aufgebrochen wird, der aber die realen und vernehmbaren Stimmen von Indigenen in Namibia hörbar werden lassen und in sich aufnehmen muss. Beim Verfassen dieser Arbeit habe auch ich mein eigenes kulturelles Selbstverständnis immer wieder hinterfragen müssen, was in mir diesbezüglich einen Prozess der Reflexion angestoßen hat, der mich fortan begleitet. [...] Das Thema der Erinnerung an die koloniale Zeit in Südwestafrika und die dadurch entstandene Verbindung Namibias mit Deutschland sind von anhaltender Aktualität für die Gegenwart, sodass ich beabsichtige, auf der Grundlage meiner Ausführungen eine pädagogische Handreichung zu entwerfen, um die hier entwickelten Gedanken und Erkenntnisse der aktiven Erinnerungsarbeit in der Gesellschaft zuführen zu können.
Dies ist ein Auszug aus: Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915), von Ellen Brammer.
Titel: Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915)
Untertitel: Ein Beitrag zur Erinnerungspädagogik
Autorin: Ellen Brammer
Verlag: Waxmann Verlag GmbH
Münster, New York 2024
ISBN 9783830948179 / ISBN 978-3-8309-4817-9
Broschur, 17 x 24 cm, 492 Seiten
Brammer, Ellen im Namibiana-Buchangebot
Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915)
Kritische Analysen zur Perspektive weißer deutscher Frauen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884-1915): Ein Beitrag zur Erinnerungspädagogik.