Kontaktarchitektur. Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung, von Ariana Komeda

Kontaktarchitektur. Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung, von Ariana Komeda. Vandenhoeck & Ruprecht; unipress. Göttingen, 2020. ISBN 9783847110330 / ISBN 978-3-8471-1033-0
Kontaktarchitektur. Kolonial-architektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung: Dr. Ariane Komeda ist Architektin, ihre Arbeitsschwerpunkte sind Kolonialarchitektur und Kulturerbe-Management.
1. Einleitung
Um die Wende zum 20. Jahrhundert erlebte die lokale Bevölkerung bei Windhoek, Lüderitz oder Otjimbingwe signifikante Veränderungen. Europäer kamen in südwestafrikanisches Territorium. Vor allem Deutsche verwirklichten hier eine kulturpolitische Inszenierung, ohne Afrika zu kennen.1 Auch heute wissen wir in Europa über das vorkoloniale Leben viel zu wenig, weil es lange nicht als ernst zu nehmender Forschungsgegenstand galt. De facto war die koloniale Bautätigkeit enger mit der afrikanischen Realität verknüpft, als man es sich in Europa eingestand, nämlich indem Ressourcen, Standortbedingungen und einheimisches Know-how den Bauprozess massgeblich steuerten. Entscheidend war daher die Fähigkeit von Bauherren und Fachleuten, gängige Dominanzstrukturen infrage zu stellen und Bezüge zu einheimischen Akteuren herzustellen. Diese Kontaktnahme induzierte das Abholen lokaler Information. So trug ortsgebundenes Wissen zum Gelingen von Bauprojekten bei. Aufgrund dieser so wesentlichen Bezugnahme auf den Gedanken der Vernetzung wurde als neues Konzept eine Kontaktarchitektur gewählt, um die Begrifflichkeiten rund um die koloniale Raumkultur zu erweitern und im europäischen Kanon etablierte Kriterien der Architekturanalyse zu revidieren. Dadurch kann der Begriff der Kolonialarchitektur pointiert werden; weniger als Hinweis auf machtpolitische Strukturen oder als »westlichen Hochkulturen« inhärente Disziplin, sondern eher als eurozentristisch gefärbter Sammelbegriff, der de facto vor Ort einen alternativen Baukanon etablierte. Die Vorstellung einer transnationalen Kontaktarchitektur ist hierin weniger als Alleinstellungsmerkmal aufzufassen, als dass sie das Spektrum erweitert um die Sicht einer durch Ungleichheit gekennzeichneten sozialen »Kontaktzone« und um ihre reziproken Abhängigkeiten. Dass Architektur keine simple Anwenderdisziplin sein kann, unterstrichen unlängst die Kulturwissenschaftler Susanne Hauser, Christa Kamleithner und Roland Meyer, indem sie auf die Überarbeitung tradierter Wertekategorien im Zusammenhang mit der Verbindung von Raum mit dem Themenkomplex der Integration verweisen. Als Integrationsdisziplin, die Ästhetik, Haptik und Technik eint, kreative Kompetenzen zu Artefakten formt und gesellschaftliche Bedürfnisse bündelt, hält die Baukunst besonders im kolonialen Umfeld die verschiedensten Aufgaben bereit: Sobald ein Architekturvorhaben ins Leben gerufen wird, treten Akteure beider Seiten in Interaktion, um etwas zu gestalten. Die kritische Auslegung kolonialer Verfahren zwischen schöpferischer Versuchsanordnung und normativer Setzung ist nicht neu, wie Thomas Beck bereits auf den Punkt brachte: »Es ist für uns heute erstaunlich, wie in der Anfangsphase der europäischen Expansion Wissenstradition und durch die Faktizität ihres Funktionierens unumstößliche neue empirische Erkenntnisse in erratischen Blöcken nebeneinander standen.« Was wenig später zur nationalen Rationalisierung globaler Wissensbestände in europäischen Bildungsinstitutionen übersetzt und in Form gegossen wurde, war de facto zwischen Deutschland und Afrika vor 1900 höchst ungewiss. Folgend geht es wesentlich darum, die interessegeleiteten Mechanismen beim Bauen reflexiv zu analysieren. Deswegen befasst sich die hauptsächliche, den thematischen Schwerpunkt dieser Arbeit setzende Fragestellung mit den am Bauen beteiligten Akteuren, den institutionellen Instanzen und dem Zusammenwirken materieller und ideeller Faktoren. Kolonialarchitektur als ideelles und als operatives Konzept entstand aus aktueller Perspektive weniger als ein von oben gesteuertes Konstrukt. [...]
Dies ist ein Auszug aus: Kontaktarchitektur. Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung, von Ariana Komeda.
Titel: Kontaktarchitektur
Untertitel: Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung
Autor: Ariane Komeda
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; unipress
Göttingen, 2020
ISBN 9783847110330 / ISBN 978-3-8471-1033-0
Gebunden, 16 x 24 cm, 535 Seiten, 152 Abbildungen
Komeda, Ariane im Namibiana-Buchangebot
Kontaktarchitektur: Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung
Kontaktarchitektur: Kolonialarchitektur in Namibia zwischen Norm und Übersetzung. Ein Modell für die systematische Analyse von geostrategischer Architektur im postkolonialen Umfeld.