Kolonialheld für Kaiser und Führer, von Uwe Schulte-Varendorff

Kolonialheld für Kaiser und Führer, von Uwe Schulte-Varendorff. Christian Links Verlag, 2006. ISBN 9783861534129 / ISBN 978-3-86153-412-9

Kolonialheld für Kaiser und Führer, von Uwe Schulte-Varendorff. Christian Links Verlag, 2006. ISBN 9783861534129 / ISBN 978-3-86153-412-9

Bildauszug aus Uwe Schulte-Varendorffs Buch: Kolonialheld für Kaiser und Führer. General Lettow-Vorbeck. Mythos und Wirklichkeit.

Bildauszug aus Uwe Schulte-Varendorffs Buch: Kolonialheld für Kaiser und Führer. General Lettow-Vorbeck. Mythos und Wirklichkeit.

Uwe Schulte-Varendorffs Buch 'Kolonialheld für Kaiser und Führer' schließt einen jahrelangen Annäherungsprozess an Paul von Lettow-Vorbeck ab, der mit dem Studium der deutschen Kolonialgeschichte begann, bei dem er unweigerlich immer wieder auf den Namen des Generals stieß. Von seiner Persönlichkeit ging eine gewisse Faszination aus, die ihn schließlich dazu brachte, Lettow-Vorbecks Lebensweg nachzugehen.

Uwe Schulte-Varendorff  

Wer war dieser Mann, der durch den Ersten Weltkrieg in Deutsch-Ostafrika zur lebenden Legende wurde, gar zu einem Mythos aufstieg? Wer war dieser Mann, dem man den Beinamen »Löwe von Afrika« gab und der selbst von einigen seiner früheren Kriegsgegner hoch geachtet wurde? Wer war dieser Mann, nach dem noch heute in Deutschland Straßen benannt sind und der der Bundeswehr als Vorbild und als Namenspatron für zwei Kasernen dient? Obwohl bereits mehr als 40 Jahre seit dem Tod des Generals Paul von Lettow-Vorbeck vergangen sind, umgibt ihn, den hoch dekorierten Soldaten des Ersten Weltkrieges, immer noch jener Mythos vom unbesiegten, ritterlich kämpfenden, fürsorglichen und genialen General, der mit seinen »treuen« Askari und »loyalen Eingeborenen« im ehemaligen Deutsch-Ostafrika (heute ein Teil Tansanias) einer gewaltigen Übermacht trotzte. Das vorliegende Buch ergründet vornehmlich den Mythos, der sich um die Person des Generals und seine Askari entfaltete; es zeichnet nach, wie er entstand, von welchen gesellschaftlichen Gruppen er getragen wurde, welchen nationalen Interessen er diente und wie er sich - wenn auch abgeschwächt -bis in die heutige Zeit hinein halten konnte. Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges ist viel von Lettow-Vorbeck selbst und über ihn zu lesen gewesen. Im Mittelpunkt des ihn in aller Regel verklärenden Schrifttums stand zumeist sein »heldenhafter Kampf« als Kommandeur der ostafrikanischen »Schutztruppe«. Eine seriöse Auseinandersetzung mit Lettow-Vorbecks politischem Wirken gab es bisher nicht. Mein Buch soll diese Lücke schließen helfen. Geschichtswissenschaftler der DDR setzten sich zwar kritisch mit Paul von Lettow-Vorbeck auseinander, ihre Arbeiten waren aber im Kontext des Kalten Krieges stark ideologisch geprägt. Das umfangreiche Quellen- und Fakten material blieb bis heute kaum beachtet. Stattdessen wurden und werden die altbekannten »Fakten« - von Lettow-Vorbeck selbst, von seinen Mitkämpfern wie von Kolonialpolitikern nach dem Ersten Weltkrieg hervorgebracht - unkritisch kolportiert und fortdauernd im Geschichtsbewusstsein der Bevölkerung verankert. Lettow-Vorbecks Beteiligung am Kapp-Lüttwitz-Putsch wurde genauso wenig hinterfragt wie seine literarischen Werke und der erhalten gebliebene Teil seines Nachlasses. Es ist also an der Zeit, seinen Spuren zu folgen und diese Unterlassung zu beheben. Dafür habe ich unter anderem erstmals den noch zugänglichen Teil des Lettow-Vorbeck-Nachlasses komplett ausgewertet. Sein Einsatz während des Befreiungskrieges der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia), seine Art der Kriegsführung in Deutsch-Ostafrika, seine Beteiligung am Kapp-Lüttwitz-Putsch und sein Verhältnis zum Nationalsozialismus, aber auch sein Wirken als Kolonialredner und Politiker wurden einer grundlegenden Prüfung unterzogen. Ebenso gründlich habe ich die Legende der »treuen« Askari und »Eingeborenen«, die untrennbar mit seinem Namen verknüpft ist, hinterfragt. Als Quellen dienten die einschlägigen Akten des Reichskolonialamtes, des Reichsjustizministeriums, des Reichsministeriums des Innern, der Reichskanzlei, der Deutschen Kolonialgesellschaft, des Reichslandbundes und der Länder Mecklenburg-Schwerin, Hamburg und Bremen. Ich habe ganz bewusst vornehmlich zeitgenössische deutsche Quellen ausgewertet, um zu dokumentieren, dass man bei genauem Studium selbst in den verklärenden schriftlichen Zeugnissen der Beteiligten und der kolonialpolitischen Ideologen Hinweise findet, die dem Mythos Lettow-Vorbeck widersprechen oder zumindest zuwiderlaufen. Wenn ich auf Lettow-Vorbecks eigene Angaben zurückgreifen musste, bin ich selbstverständlich mit der gebotenen Vorsicht vorgegangen. Es geht bei allem um das Wirken eines Mannes, das nicht nur auf vier Jahre Krieg zu reduzieren ist. Wie sich im Verlauf der Recherchen zeigte, ist der Mythos, der sich um diese »Lichtgestalt« der deutschen Militär- und Kolonialgeschichte rankt, äußerst fragwürdig, und das schließt ausdrücklich seine militärischen »Verdienste« mit ein. Unzweifelhaft war Lettow-Vorbeck ein Kind seiner Epoche und wie viele seiner Generation von den Denk- und Verhaltensmustern der adligen und militärischen Führungsschicht des Wilhelminismus geprägt; unübersehbar sind darüber hinaus seine immense Verführbarkeit und seine Selbsttäuschung. Daher lautet die Frage: Kann Paul von Lettow-Vorbeck unter Berücksichtigung all dieser Faktoren in der heutigen Zeit und für jetzige wie zukünftige Generationen noch als Vorbild und als Objekt der Verehrung dienen, oder gehört er zu Relikten der Geschichte, die nicht mehr verehrungswürdig sind? [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch 'Kolonialheld für Kaiser und Führer' von Uwe Schulte-Varendorff.

Titel: Kolonialheld für Kaiser und Führer
Untertitel: General Lettow-Vorbeck. Mythos und Wirklichkeit
Autor: Uwe Schulte-Varendorff
Reihe: Schlaglichter der Kolonialgeschichte Band 5
Herausgeber: Ulrich van der Heyden; Mechthild Leutner; Joachim Zeller
Christian Links Verlag
Berlin, 2006
ISBN 9783861534129 / ISBN 978-3-86153-412-9
Broschur, 16 x 23 cm, 240 Seiten, 73 Abbildungen

Schulte-Varendorff, Uwe im Namibiana-Buchangebot

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Versuch einer Abrechnung: 'Kolonialheld für Kaiser und Führer' hinterfragt Mythos und Wirklichkeit des Generals Paul von Lettow-Vorbeck.

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