Karl Suessenguth: Nachruf von Hermann Merxmüller

Karl Suessenguth: Nachruf von Hermann Merxmüller. Sonderdruck aus Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora. Vereinsnachrichten 1954 (Nachtrag zu Band XXX)

Karl Suessenguth: Nachruf von Hermann Merxmüller. Sonderdruck aus Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora. Vereinsnachrichten 1954 (Nachtrag zu Band XXX)

Einleitung des Nachrufs von Hermann Merxmüller: Am 7. April dieses Jahres verstarb während eines Erholungsaufenthaltes in Porto d'Ischia (Italien) unser Ehrenmitglied, der Leiter der Botanischen Staatssammlung und Honorarprofessor an der Universität München, Abteilungsdirektor Prof. Dr. Karl Suessenguth, plötzlich und unerwartet in seinem 62. Lebensjahre.

Hermann Merxmüller  Karl Suessenguth  

[...] Damit verband sich ein wacher Sinn für alles vermutlich Interessante und Neue, das ihn schon beim ersten Durchblättern stutzen ließ, wenn ihn etwa eine Hippocratea aus Südwestafrika, eine Heteropyxis aus Rhodesien überraschte. Etwas gar einmal nicht wieder ansprechen zu können, was er (oft Jahrzehnte) früher einmal schon gekannt hatte, war sein ärgster Verdruß. Nicht umsonst hatte er dies in seinen NZ so stark betont: (Die systematische Wissenschaft) „beginnt erst in einem Stadium, welches der allgemeine Naturwissenschaftler und auch der Fachbotaniker nicht erreicht, wenn er nicht auf diesem Gebiet jahrelang weiterarbeitet. Die wissenschaftliche Systematik besteht in dem Überblick über den gesamten Formenkreis der lebenden Pflanzen, sowohl was die Kenntnis der Haupttypen, als die Verbreitung und die Lebensbedingungen anlangt, so daß allenthalben Vergleichsmöglichkeiten bestehen. Die Kenntnis des Vorhandenen bildet dann die Grundlage für die Beurteilung der Entstehung dieser Pflanzenwelt im stammesgeschichtlichen und paläogeographischen Sinn. Hier liegen die großen Probleme, die den Sinn und Wert einer Wissenschaft ausmachen ..." Doch wenden wir uns zurück zu den Sammlungsarbeiten, und nehmen uns nun den Erdteil vor, der die Hauptkraft des letzten Jahrzehnts beanspruchte: Afrika. Den Anstoß für die intensive Beschäftigung mit der Flora dieses Erdteils bildete eine Reihe wertvoller Sammlungen, die in den ersten Nachkriegs jähren dem Staatsherbar geschenkt oder zur Verfügung gestellt worden waren. Welche Freude bereitete Karl Suessenguth die durch prächtige Aquarelle bereicherte Sammlung Frau G. Dehn aus Südrhodesien, die den Bann der kriegsbedingten Abgeschlossenheit als erste brach! Es folgten umfangreiche Herbarien aus Süd- und Südwestafrika, die im Krieg dort internierte deutsche Forscher angelegt hatten (Siegmund Rehm, O. H. Volk u. a.), Herbarien, die die schon früher reichen Bestände unserer Sammlung aus jenen Gebieten aufs glücklichste vervollständigten. Immer regere Verbindungen zu den Floristen der ehemaligen deutschen Kolonie spannen sich an, immer mehr Aufsammlungen aus diesen Gebieten liefen in München ein. Eine großartige Ergänzung bot schließlich die Ausbeute der 3. Südwestafrikareise Heinrich Walters 1952/53, nach deren Eingang München wohl das reichste Südwestafrika-Material sein eigen nennen konnte, das je an einer Stelle angehäuft worden war. Eine stattliche Zahl von Arbeiten behandelte die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen. Vom Botanischen Museum in Berlin-Dahlem war vor dem Kriege die Herausgabe einer Flora Südwestafrikas geplant gewesen (wie überhaupt immer, nach einem Satze Karl Suessenguths, der Verlust bestimmter Gebiete einen verstärkten Anreiz zu ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung zu geben scheint). Obwohl bereits eine Anzahl von Familienbearbeitungen fertiggestellt worden war, vernichtete die unglückselige Zerstörung dieser zentralen Stelle der deutschen Systematik und ihrer in Jahrhunderten angehäuften Herbarschätze auch die Hoffnung auf eine Weiterarbeit an diesem Vorhaben. So glaubte Karl Suessenguth nun hier eine letzte große Aufgabe seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zu erblicken, wenn er, gestützt auf die Münchner Sammlungen (und auf seine ausgezeichneten Beziehungen zu England und der Schweiz, wo wertvolles älteres Material aus Südwestafrika erhalten ist), an die Herausgabe einer südwestafrikanischen Flora ging. Seine Mitarbeiter werden es nie vergessen können, mit welchem Impetus, mit welcher zähen Kraft sich der schon fast Sechzigjährige auf diese neue Arbeit stürzte. Er erweiterte den Kreis seiner Doktoranden beträchtlich und zwang sie förmlich alle in dieses Vorhaben mit hinein, ähnlich erging es den Assistenten und Hilfsassistenten, ja selbst älteren Mitarbeitern, die nur mehr ehrenamtlich der Sammlung zur Verfügung standen. Was er nie vorher getan, nun erbat er Sachbeihilfen der Forschungsgemeinschaft; was er längst aufgegeben, nun nahm er wieder an Kongressen (der AETFAT, zur Erforschung der Flora Afrikas) teil, die ihn noch bis Brüssel und Oxford führten. Zwei Drittel etwa dieses Werkes wuchsen ihm so im Laufe weniger Jahre zu: wir hoffen, und darum war dieser letzten lebendigen Erinnerung an Karl Suessenguth ein etwas breiterer Raum gewidmet, es zu seinem Gedenken vollenden zu können. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Nachruf auf Karl Suessenguth von Hermann Merxmüller.

Titel: Karl Suessenguth
Untertitel: Nachruf
Autor: Hermann Merxmüller
Reihe: Sonderdruck aus Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora
Vereinsnachrichten 1954 (Nachtrag zu Band XXX)
München, 1955
Originalbroschur, 18 x 25 cm, 31 Seiten, 1 sw-Foto

Merxmüller, Hermann und Suessenguth, Karl im Namibiana-Buchangebot

Karl Suessenguth: Nachruf

Karl Suessenguth: Nachruf

Ein an biographischen Daten und Information reicher Nachruf auf den Botaniker Karl Suessenguth mit umfangreichem Nachweis seines bibliographischen Werkes.