Im Kampf mit Wüste und Steppe, von Julius Steinhardt

Im Kampf mit Wüste und Steppe, von Julius Steinhardt.

Im Kampf mit Wüste und Steppe, von Julius Steinhardt.

Julius Steinhardt, Hauptmann der Schutztruppe a. D., war Autor vieler Bücher mit Abenteuer- und Jagdthemen über Südwestafrika. Auch ‚Im Kampf mit Wüste und Steppe’ erzählt von der abenteuerlichen Welt langer Reisen in entlegene Gebiete Südwestafrikas vor über 100 Jahren.

Julius Steinhardt  

1. Kapitel: Schiffbruch

Müde ward der Sturm der fernen, unendlichen Steppen im Sonnenlande Südwest-Afrika, müde des traurigen Amtes, das letzte sterbende Grün an Busch und Baum unter grauem Staub zu begraben. Auf raffte er sich und brauste gen Westen, umheulte im schrillen Diskant der Felsschroffen Grat, ließ Täler und Schluchten gleich Orgelpfeifen in tiefem Baß erklingen. Packte des Affenbrotbaums gewaltigen Stamm, der wie eines Felsenschlosses dräuender Turm, wie des Raubritters steinerner Luginsland den Jahrhunderten zum Trotz des Berges Zinne krönte, des Totenwurmes spottend, der in seinem Marke wühlte; packte den gewaltigen Stamm des Affenbrotbaumes, der in seines grauen Alters Weisheit über die Kämpfe lachte, die kurzlebige Menschen gar oft schon um seiner Früchte willen führten, wenn fremde Sippe in dunkler Nacht von seiner Fruchtbarkeit Überfluß zu ernten gedachte und heimlich heranschlich, von zischendem Pfeil, Speerstich und wuchtiger Keule empfangen. Mit wildem Griff packte der Sturm den Baumriesen und schmetterte ihn von seiner stolzen Höhe hinab ins Tal, wo er krachend zerbarst. Sprang dann über Schluchten und Halden von Hügel zu Hügel hinab und stürmte über uferlose Ebene dahin, seine Stärke von neuem zu erproben an knorriger Schirmakazien wuchtiger Kraft; schwang sich hinauf auf den himmelhohen Wall der letzten, zauberschönen Tafelbergkette, zauste die Dornen und lachte ihrer Krallen, sprang jauchzend hinab in die Wüste. Und wilder, immer wilder wurde sein rasender Lauf, wilder sein Sehnen nach Spiel und Tanz mit des Ozeans gischtenden Wogen. Die halbe Wüste nahm er in toller Lust auf seinen starken Arm, verhüllte die trotzigen, sonnendurchlohten Gebirge mit einem Schleier aus Sand und Staub. Lind blendete selbst der Sonne Feuerauge: Vergebens suchst du sie am Himmelszelt; schmerzende, grell grauweiße Lichtflut dringt auf dich ein, wohin du den Blick auch wendest. Aus Morgen und Abend, aus Mittag und Mitternacht loht dir überall der Widerschein geschmolzenen Bleies mit tödlicher Glut entgegen, spiegelt sich ein jeder Sonnenstrahl auf einem jeden Sand- und Staubkorn und trifft das Auge mit stechendem, quälendem Glanz. Die Sonne erlosch, zerfloß; zu einer einzigen fahlen und doch so unbarmherzig blendenden Sonne wurde die ganze Himmelskuppel. Und all der Sand, der vor Urzeiten starres, festgefügtes Gebirge war; all der Sand, der sich breitete im Sonnenbad auf uferloser Wüstenebene; der sich in Schluchten, Tälern und Rissen barg, im Dünenlabyrinth gen Himmel wuchs: mit dem Sturme wandert er dahin, die starre Hochburg des Todes zu fliehen, Erlösung zu suchen in des Ozeans kühler Flut. Über die Düne kommt der Sturm mit wildem Kuß. Wie zerflatternder Rauch stäubt und weht es auf ihrer Spitze. Hohl und dumpf gleich fernem Donner ringt sich aus ihren Tälern das zum Schrei geballte Rieseln des Sandes und vermählt sich mit des Sturmes jauchzendem Sang, hast du einen Begriff für die Zahl der winzigen Sandkörnchen, die rieselnd aneinander prallen und das schier unhörbare Knistern gegenseitigen Berührens zu lautem Tubaton vereinen? Hast du einen Begriff für die Zahl winzigster Stäubchen, deren Tanz und Flug die Sonne besiegt? Haushohe Brandung donnert tagaus, tagein gegen die unwirtliche Küste, an Riffen und Klippen zergischend; haushohe Brandung legte tiefe Breschen in den Sand, leckte hoch hinauf an Vorgebirge und Felseiland; weiter noch denn einen Tagesritt landeinwärts hörst du sie toben und brüllen. And schwerer, zäher Nebel verhüllt wie Pulverdampf die Stätte des grimmigen Kampfes. Nur wenn der Samum bläst, der markausdörrende, glühende Ostwind, das Kind der unendlichen Steppen; nur wenn der Sturm vor Sonnenaufgang heult, flieht der Nebel hinauf aufs hohe Meer, glätten sich die feindlichen Wogen, schmilzt der blendende Gischt wie Schnee dahin. […]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Im Kampf mit Wüste und Steppe, von Julius Steinhardt.

Titel: Im Kampf mit Wüste und Steppe, von Julius Steinhardt.
Autor: Julius Steinhardt
Illustrationen: Karl Mühlmeister
Verlag: Ensslin & Laiblin
Reutlingen, um 1930
Originalleineneinband, 16x22 cm, 110 Seiten, Buntbilder von Karl Mühlmeister

Steinhardt, Julius im Namibiana-Buchangebot

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Im Kampf mit Wüste und Steppe ist eine Erzählung aus der abenteuerlichen Zeit langer Reisen in entlegene Gebiete Südwestafrikas vor über 100 Jahren.

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