Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 2

Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 2

Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 2

Prof. Wendula Dahle: Zweiter Teil der Rezension zu einer hummeldummen Comedy, die zufällig in Namibia spielt.

Wendula Dahle  

….und viel zu alte Menschen in einem engen Kleinbus

Eine 14tägige Reise in einem Minibus mit 9 Personen führt immer zu irgendwelchen Konflikten, die könnten ja auch komisch sein. Zusätzlich zu dem erfundenen Dauerbrenner des gesuchten Adapters und der fehlgeschlagenen Überweisung läßt der Ichautor die „sehr alten“ Mitreisenden jedoch nur chargenhaft auftreten, die er, wie oben bereits gesagt, schon bei Ankunft im Flughaften Windhoek taxiert hatte und deren Denunziationen auch nicht im Verlauf der Reise relativiert werden; von dem Autor werden Reisende nach Namibia so zusammengefaßt: „ Ein Personal von Senioren-Kaffeefahrten in der Eifel: dickbäuchige Männer mit dürren Stachelbeerbeinen und energische Frauen mit bunten Westen und komischen Hüten,“ eben „unförmige Subjekte“, die der „liebe Gott lieber in eine Schlucht schubsen“ sollte. (S.16). Die Mitreisenden werden ständig mit Injurien belegt wie „ gottverdammte Rosinenhexe“, „Idiot mit halbseidenen Wortgeklapper“, „Grauschmierbär“, „Erdbeerigel“, „Floh auf Speed“ usw. gemeinsam werden sie zu einem „trübäugigen Trottel-Chor“, und die Freundin selbst ist wohl mehr als plemplem, wenn sie angeblich mit einem Ikeakatalog durch Namibia reist, um in Gedanken ständig ihre neue Wohnung einzurichten, die ER noch gar nicht bezahlt hat. Diese Denunziationen sind der zweite ermüdende rote Faden, der auch nicht den Leser wachrütteln kann, wenn mit ihm auch noch Beziehungsprobleme pubertärer Art verknüpft werden: Wer sitzt wo im Bus, wer rückt mit seiner Liege auf einer Wüstentour von Tok Tokkie Trails weiter weg oder näher heran, wer ist jetzt wohl „fremd“ gegangen usw. Matze selbst würde gern als Lösung seiner angeblichen Qualen, die er erleidet, wiederholt „mit einem lockeren Kinnhaken“ den einen oder anderen „vom Jeep hauen“ (S.61) Dabei ist er selbst die größte Zumutung für die anderen.

Das einzige, echt namibisches Erlebnis – eine ungeplante Übernachtung in der Höhle von Henno Martin oberhalb des Kuiseb Canyons – zerschlägt zum Schluß den gordischen Knoten des ewigen Mißmuts und läßt Friede, Freude, Eierkuchen in die Gruppe einkehren. Der Icherzähler kriegt seine Freundin zurück, sie hat ihn unterwegs auch gar nicht betrogen, wie er fälschlicherweise annahm und sitzt im Flugzeug, ihn streichelnd, wieder neben ihm; sie verzichten gemeinsam auf die neue Wohnung, denn das Ideelle ist schließlich viel höher als das Materielle - wenn man denn darüber verfügt und darauf wahlweise auch verzichten kann. Der schwarze Reiseleiter und Driver, der hingegen nur in einer Blechhütte in Katutura hausen soll, aber als einziger gute Miene zum intriganten Spiel der 9 Reisenden machte und angeblich nicht erfunden sein soll, erhält bei Abflug ein sehr gutes Trinkgeld, so daß er seine Blechhütte in Katutura endlich wohnlich wird einrichten können. Dabei hatte der Autor einmal ganz ohne Ironie gleich zu Beginn über Katutura festgestellt: „So schlecht war das „Elendsviertel“ im Übrigen auch gar nicht.“ (S.37) Man sollte Herrn Jaud lieber 14 Tage in Katutura mit 500N$ in der Tasche leben lassen als ihn teuer zu hofieren! Ob das Resultat auch eine Comedy wäre?

Die übrigen für Matze minderwertigen Charaktere erscheinen nach der Höhlenübernachtung und Zitaten von Henno Martin wie geläutert und verzichten zumindest vorübergehend auf einige ihrer Macken. Der Ich-Autor, der zwei Wochen an der langen Tour, den Leuten und dem fehlenden Adapter gelitten hatte, so daß es die „schlimmsten 2 Wochen seines Lebens wurden“, akzeptiert und „versteht“ zum Schluß sogar einige Eigenarten der Gruppenmitglieder. Die Comedy kippt um mit der ernst gemeinten Botschaft „Wir sind alle überfordert. Wir brauchen mehr Nachsicht miteinander“, das dem Buch vorangestellt wird und von Henno Martin (1942) stammt, dessen Höhlenflair eben zu dieser teilweisen Läuterung geführt hat. Von wegen „Höllentrip“!

Abgrundtiefe Gründe für den Erfolg: Die Schadenfreude…

Der Grund für den Erfolg des Buches könnte darin liegen, daß in Deutschland Kalauer und Anmache als Unterhaltung Konjunktur haben wie z.B. in Sendungen wie DSDS oder den diversen Dschungelerlebnissen „Holt mich da raus!“ Es ist sogar schick geworden, sich in seiner Dummheit und Ungeschicklichkeit öffentlich zu prostituieren und andere zugleich in mißlichen Situationen vorzuführen. Inhalte oder irgendwelche geäußerten Interessen und Auseinandersetzungen würden dabei nur stören. Der Witz von „Dick und Doof“, der auf der Schadenfreude über die Dummheit und Dicke der Akteure bei Tortenschlachten und ähnlichen Unappetitlichem beruhte, ist längst überholt. Was zählt, sind die gezielt eingesetzten Gemeinheiten, was aber fälschlicherweise als literarisches Prinzip einer Comedy verstanden wird. Der „Kofferkacker“ Matze hat auch nicht aus Versehen ins Gepäck einer Mitreisenden gekackt, weil er vielleicht Durchfall hatte, sondern mit Absicht und übertrifft damit das Prinzip der Tortenschlachten. (Der große Münchener Komiker Karl Valentin verbat sich für das Drehen der Sketche ausdrücklich irgendwelche Tortenschlachten oder Rutschen durch den Schornstein, denn er wollte keine Komik auf Grund der Schadenfreude).

…und sogar Wiederholungen?

Das renommierte Münchener Reiseunternehmen HAUSER hat als besonderen Gag nunmehr beschlossen, diese Reiseroute der hummeldummen Männer und Frauen in sein Programm aufzunehmen und den tatsächlichen Reiseleiter dazu auch. Also halten Sie Abstand von einem Minibus, wenn es die Hauser-Hummeldummgruppe mit einem Reisenden wie Matze Klein sein könnte! Sie saufen, kommen zu spät zu Abfahrten, denunzieren sich gegenseitig, lügen, heucheln, zeigen keinerlei Interesse für das Land, durch das sie reisen und könnten sogar aus Bösartigkeit nicht nur Latrinenwitze reißen, sondern auch praktisch umsetzen, Souvenirs der Mitreisenden mutwillig zerstören oder auch das Auto rücksichtslos demolieren. Das gemeinsame Essen ist für sie teilweise eine Qual. Der Driver/Guide rast natürlich auch wie ein Verrückter über die Pisten.

Der running Gag mit der ewigen Suche nach einem Adapter oder funktionierenden Handynetz müßte allerdings von der Reiseleitung durch etwas Neues ersetzt werden: Zum einen ist dieser Gag abgenutzt, zum anderen strafen die landesweiten Handys aller (!) Bevölkerungsgruppen in Namibia den Ausgangspunkt des Buches Lügen. Steht nicht sogar auf dem Klappentext des Buches fälschlicher Weise: „Und weit und breit kein Handynetz“? Adapter können in jedem Supermarkt gekauft werden. natürlich nicht gerade in einem Store in Helmeringhausen (!) und Internetbanking ist auch hier gängige Praxis der Bezahlung von Rechnungen. Also das ist auf keinen Fall ein Treffer ins Schwarze. Aber den Anspruch, daß selbst in einer Comedy der Witz eine etwas realistische Grundlage haben muß, scheint derzeit keine Geltung zu haben.

Tip einer Rentnerin zum Schluß:

Lange Autofahrten in Namibia und anderswo können ein Horror werden und können daher durchaus nicht nur ein willkommener literarischer Topos sein, sondern real „die schönsten Tage des Jahres“ verderben. Die einzige tatsächliche Versicherung dagegen: Meiden Sie lange, ermüdende Autofahrten und planen Sie Ihre Reise individuell, es ist nicht so schwierig, wie man annehmen möchte. Dazu gibt es genügend Literatur. Und wenn man nicht gern alleine reisen möchte, dann nützt auch der Vorschlag des Autors Tommy Jaud nichts, daß man sich bei Ankunft in Windhoek erst einmal die Reisegruppe anschauen sollte, um nicht so einen angeblichen „Höllentrip“ zu erleben. Er als Erfolgsautor wird sich das vielleicht leisten können, aber keine Reiserücktrittsversicherung wird das anschließend als Grund akzeptieren und das Geld zurückerstatten! Man kann sich aber arrangieren. Die zu erwartenden abzurasenden Kilometer allerdings kann man sich vorab zuhause ausrechnen und dann bereits „nein danke“ sagen.

Mit wenig Hochachtung eine „rosinengesichtige Quarkrentnerin“, in deren „Gesicht ein schlechter Bildhauer die schlechte Laune von 8 Jahrzehnten (noch nicht) gekloppt hat“.

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