Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 1

Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 1

Hummeldumm: Rezension von Prof. Wendula Dahle, Teil 1

Prof. Wendula Dahle: Rezension zu einer hummeldummen Comedy, die zufällig in Namibia spielt.

Wendula Dahle  

(Tommy Jaud, Hummeldumm. S. Fischer Verlag 2011, 14. Auflage!)

Eine Comedy…

Das Buch „Hummeldumm“ von Tommy Jaud steht seit Erscheinen 2011 auf der Bestsellerliste des Spiegels und ist auch in Namibia bei den Deutschsprachigen bekannt. „Man lacht sich tot“, ist das Urteil derjenigen, die es schon kennen, „wenn auch ziemlich übertrieben“, wird fast entschuldigend hinzugefügt. Da diese erfolgreiche „Comedy“, wie das Werk auf dem Klappentextes literarisch eingeordnet wird, in Namibia spielt, reist der Autor 2011 sogar auf Einladung des Goethe-Instituts durch Namibia, um daraus live und im Radio vorzulesen. Die Einladung an den Autor gründet sich offensichtlich auf dem Stolz deutschsprachiger Namibier, daß der Ort der Handlung eines deutschsprachigen Bestsellers Namibia ist. Oder meinen die enthusiastischen Zuhörer und Leser seines Werkes vielleicht darin ihre Erfahrungen mit deutschen Touristen wiederzufinden? Wenn es allerdings realistisch sein sollte, daß Touristen derart beurteilt werden wie in diesem Buch, wenn sie hier durch Namibia reisen, sollte man ihnen lieber raten, in ein anderes Land zu fahren.

Für denjenigen, der das Buch noch nicht gelesen hat und meint, es sei eine gute Vorbereitung für eine Reise durch Namibia: Keine Sorgen, Sie verpassen nichts, wenn Sie es nicht kennen, da über Namibia kaum etwas in dem Band berichtet wird. Die „schöne Landschaft“ rast an den Fenstern des vollgepackten Minibusses während der 81 Stunden Fahrzeit vorbei, namibische Menschen erscheinen von Weitem als „freundlich winkende Gestalten“. Tiere werden überhaupt nicht wahrgenommen, weil die Gruppe mit Psychoterror, gegenseitigen Unterstellungen, Saufen, Denunzieren, Lieben, unerträgliche Witze reißend, schlechten Reimereien mit sich selbst beschäftigt ist. Die Erfindung des Titels verdankt sich einer als unerträglich gezeichneten Person der Reisegruppe. Diese Person benennt den schwarzen Reiseleiter und Driver „dumm“ , denunziert ihn so beim Veranstalter und steigert das Adjektiv zu „hummeldumm“.

Die Lesung des Autors aus „Hummeldumm“ im Goethezentrum Windhoeks soll 2011 ein voller Erfolg gewesen sein – und eine „Liebeserklärung an Namibia“. Wie ist das möglich, wenn das Land selbst gar nicht Gegenstand des Romans ist? Irgendwie haben die komischen Situationen offensichtlich in Namibia wie auch in Deutschland Wiedererkennungswert: Jeder Gästefarmer kennt Stories von angeberischen Jägern und mal wieder nicht funktionierendem Internet, jeder, der eine Gruppenreise bucht, kann über Reiseagenturen berichten, die sie über den Tisch gezogen haben oder sie erlebten einen nervtötenden, rücksichtslosen Reiseleiter, jeder Reiseleiter wiederum kennt Touristen, die es nur darauf anlegten, das Geld wegen Mängel der Reiseleitung zurückzuerhalten oder denen sie jeden Bären aufbinden konnten. Das ist keinesfalls spezifisch für das namibische Tourismusgeschäft, sondern diese Klagen, Kritiken oder Übertreibungen sind global. Aber nicht einmal diese Unsitten kommen in dieser Gruppenreise vor. Tommy Jauds Ich-Erzähler, Matze Klein, der eine 14tägige Rundreise durch Namibia gebucht hat, inszeniert vielmehr um sich herum 8 Personen, deren Macken er ins Skurrile übertreibt und sie mir seiner Heimlichtuerei rücksichtslos nervt.

…und/oder eine Satire über NAMIBIA?

Eine Comedy, die sich in Namibia abspielt, wo sonst Kolonialromane das Erbe reichsdeutscher Politik rassistisch oder politisch-kritisch thematisieren, wie ist das möglich? Der Klappentext verspricht dann auch mehr als nur eine Comedy, sondern einen „Höllentrip zwischen Feldbett und Funkloch“ und eine „in Blech gepackte Rache für die deutsche Kolonialzeit“. „Kolonialzeit“ klingt schon einmal gut, wenn man auch bis zum Schluß nicht versteht, wer hier wen für was rächt, wenn man in einem Bus durch Namibia rast und sich gegenseitig nervt.

Nach Aussagen von Rezensenten soll „Hummeldumm“ mehr als nur eine Comedy sein, sondern sogar eine Satire. Eine Satire nimmt in der Regel Mißstände oder auch Personen aufs Korn, kritisiert diese z.B. durch Übertreibungen und gibt sie möglicherweise der Lächerlichkeit preis, eine gute Satire muß aber „treffend“ sein. Wo trifft aber hier „Satyr“ ins Schwarze? Nirgendwo, denn
1. Das Land Namibia kommt (zum Glück) gar nicht vor und
2. beruht die (satirische) Charakterisierung der 9 Mitglieder der Reisegruppe auf reiner Denunziationen, und zwar auf Grund ihres Alters, ihrer Falten im Gesicht, ihres Akzentes, ihrer sonstwie gearteten Körperlichkeiten. Diese (rassistischen) Verurteilungen stehen bereits beim ersten Anblick für den „Höllentrip“- Autor Matze und seine Freundin Sina auf dem Windhoeker Flughafen fest. Die legere Kleidung der Ankommenden erscheint dem jungen Paar zunächst einmal besonderer Anlaß zu sein, sich über das Erscheinungsbild lustig zu machen. Sollen Touristen denn in Abendgarderobe reisen oder in einem Maßanzug wie die stattlichen arrivierten schwarzen Herren? Die leider nur viel zu kurzen „ kostbarsten Tage des Jahres“ (Armanski) beginnen nun einmal in Sandalen, bequemen Hosen und vernünftigerweise mit einem Hut oder einer Mütze, und meistens können es sich nur die älteren Personen zeitlich und geldlich leisten, diese Zeit ausgerechnet im Sonnenland Namibia zu verbringen. Insofern hat der Icherzähler mit seiner Freundin ein Privileg als „Jüngere“ zwischen den „Superalten“ (sic!) sich die Ferien hier leisten zu können. Da ist es besonders borniert, daß Icherzähler Matze sich gleich nach Ankunft nach Mallorca sehnt, wo er wohl unter seinesgleichen – wie „Beachvolleyballer, DJs, Webdesigner“ - sich wähnen dürfte.

Die roten Fäden: ein fehlender Adapter, eine fehlende Banküberweisung …

Zur Tradition der Comedy gehört ein roter Faden, der sich slapstickartig durch ein Bühnenstück oder einen Roman zieht. Hier sind es die eingebildeten Schwierigkeiten im Aufladen eines Handys und das angebliche Fehlen eines landesweiten Internets, wie bereits im Klappentext angedeutet, die für den running Gag zu sorgen haben.

Matze, der gar nicht so fiktiv sein soll, sondern in dessen Figur Erfahrungen des Autors Tommy Jauds auf einer derartigen Reise durch Namibia aufgenommen worden sein sollen, sucht bei jeder erreichbaren Steckdose nach einem Adapter, um sein Handy zu laden, um damit in Deutschland seine Bank wegen einer notwendigen Teilzahlung für seine Wohnung erreichen zu können. Er terrorisiert die gesamte Gruppe mit seiner ständigen Suche nach einem Adapter und die Unterkünfte auf der Suche nach einem Internetanschluß, um endlich die notwendige Kaution auch hinterlegen zu können. Aus einem unerfindlichen Grund muß er das heimlich machen. Das führt zu einer sehr eigenen Gruppendynamik: Die anderen brauchen ja schließlich auch einen Adapter, geben ihn boshafterweise nicht her oder verstecken ihn, bloß um ihren Fön zu benutzen! Oder um selbst heimlich zu telefonieren. Höhepunkte des angeblich Komischen sind dann erreicht, wenn der Ichautor einen mißliebigen Mitreisenden in ein brüchiges WC einsperrt, so daß die Gruppe zunächst ohne ihn weiterfährt und wenn er später in das Gepäck einer Mitreisenden kackt, weil der gesuchte Adapter dort mal wieder nicht zu finden ist. Widerlicher Weise erzählt er selbst seiner Freundin, die die Reise für sie beide gebucht hatte - was er ihr 14 Tage lang auch wiederholt vorwirft - und mit der er in die neue Wohnung einziehen will, nichts von dem Grund seiner panischen Versuche, seine Bank in Deutschland zu erreichen. So erfindet er sich lauter (komische??) Notlügen und Heucheleien.

Weiter zu Teil 2 der Rezension: