Geschichte einer afrikanischen Farm, von Olive Schreiner

Geschichte einer afrikanischen Farm, von Olive Schreiner. ISBN 9783257208856 / ISBN 978-3-257-20885-6

Geschichte einer afrikanischen Farm, von Olive Schreiner. ISBN 9783257208856 / ISBN 978-3-257-20885-6

Die erste Auflage des Romans Geschichte einer afrikanischen Farm erschien 1883 unter dem Pseudonym Ralph Iron und war bald vergriffen. Olive Schreiner wurde mit diesem Buch berühmt.

Olive Schreiner  

(...) Aus blauem Nachthimmel verströmte der afrikanische Mond seine ganze Lichtfülle auf das weite, verlassene Land. Der trockene, sandige Boden mit seiner kaum handhohen Decke aus verkümmertem Karru-Gestrüpp, der niedrige Hügelkranz, der die Ebene besäumte, und die Milchbüsche mit ihren langen, gefingerten Blättern - sie alle waren, wie sie so im weissen Licht dalagen, von einer geisterhaften und fast beklemmenden Schönheit. An einer Stelle wurde die feierliche Eintönigkeit der Ebene unterbrochen. Fast in der Mitte erhob sich ein kleines, einsames Kopje. Verlassen lag es da: ein Haufen runder Eisensteine war übereinandergetürmt - wie eines Riesen Grab. Hier und da hatten sich zwischen den Steinen vereinzelte Grasbüschel oder niedrige Sukkulenten hervorgezwängt, und zuoberst auf der Kuppe reckte eine Gruppe Opuntien die dornigen Arme gen Himmel und spiegelte auf breiten, fleischigen Blättern das Mondlicht wider. Am Fusse des Kopjes lag das Gehöft: vorne die von Steinmauern eingefassten Kraals für die Schafe und die Kaffernhütten, dahinter das Wohnhaus, ein viereckiges rotes Backsteingebäude mit einem Strohdach. Selbst um die kahlen roten Aussenwände und die Holzleiter, die zum Speicher hinaufführte, wob das Mondlicht eine Art verträumter Schönheit und verwandelte das niedrige Backsteinmäuerchen vor dem Haus, das einen dürren Sandplatz mit zwei Sonnenblumen abgrenzte, zu einem luftigen Spitzenwerk. Auf dem Wellblechdach des grossen, offenen Wagenschuppens und auf den Dächern der Nebengebäude, die sich seitlich anschlössen, glitzerte es ganz besonders hell, so dass es schien, als wäre jede einzelne Blechrippe aus blankem Silber. Alles war in Schlaf gebannt, und im Gehöft war es ebenso still wie auf der einsamen Ebene. Im Farmhaus wälzte sich Tante Sannie, die Burenfrau, in ihrer grossen, hölzernen Bettstelle hin und her. Sie hatte sich, wie sie es immer tat, zu Bette gelegt, ohne sich auszuziehen. Die Nacht war warm, und das Zimmer war stickig, und sie hatte schlechte Träume: nicht von den Geistern und Teufeln, die tagsüber durch ihr Gemüt spukten, auch nicht von ihrem zweiten Mann, dem schwindsüchtigen Engländer, dessen Grab hinter dem Straussen-Gehege lag; auch nicht von ihrem ersten Mann, dem jungen Buren, sondern einfach von den Schafsfüssen, die sie zum Abendbrot gegessen hatte. Sie träumte, einer wäre ihr in der Kehle steckengeblieben, und nun warf sie ihre gewaltige Körperfülle von einer Seite auf die andere und schnarchte schauerlich. Im Nebenzimmer hatte das Dienstmädchen vergessen, die Läden zu schliessen, so dass der Mondschein hereinflutete und es so hell wie bei Tage machte. An der Wand standen zwei kleine Betten. In dem einen lag ein blondes Kind mit niedriger Stirn und Sommersprossen, doch hier wie überall übertünchte das Mondlicht gewisse Mängel und liess nur das unschuldige Gesicht eines Kindes im ersten Schlummer sehen. Das kleine Mädchen im andern Bett gehörte mit vollem Recht in diese Mondwelt, da es von einer ganz elfenhaften Schönheit war. Die Bettdecke war ihm auf den Fussboden geglitten, und nun blickte der Mond auf die nackten kleinen Glieder. Plötzlich schlug es die Augen auf und sah sich vom Mondlicht umspült. »Em!« rief sie der Schläferin im ändern Bett zu, erhielt jedoch keine Antwort. Da zerrte sie die Bettdecke vom Fussboden weg und drehte ihr Kissen um, zog sich das Leintuch über den Kopf und schlief wieder ein. Nur in einer von den Hütten, die sich seitlich an den Wagenschuppen reihten, lag jemand nicht im Schlaf. Die Kammer war stockdunkel; Tür und Fensterläden waren geschlossen; kein einziger Lichtstrahl konnte eindringen. Der deutsche Aufseher, dem die Kammer gehörte, lag auf seinem Bett in der Ecke und schlief fest; die starken Arme hatte er verschränkt, und der dichte dunkelgraue Bart hob und senkte sich auf seiner Brust. Doch einer schlief nicht in der Kammer. Zwei grosse Augen blickten durch die Finsternis, und zwei kleine Hände fuhren glättend über die Steppdecke. Der Knabe, der dicht am Fenster auf einer Pritsche lag, war gerade aus dem ersten Schlaf erwacht. (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Geschichte einer afrikanischen Farm, von Olive Schreiner.

Titel: Geschichte einer afrikanischen Farm
Autorin: Olive Schreiner
Originaltitel: The Story of an African Farm
Übersetzung: Elisabeth Schnack
Typ: Südafrika-Roman
Diogenes Verlag
3. Auflage. Zürich, 2005
ISBN 9783257208856 / ISBN 978-3-257-20885-6
Broschur, 11x18 cm, 464 Seiten

Schreiner, Olive im Namibiana-Buchangebot

Geschichte einer afrikanischen Farm

Geschichte einer afrikanischen Farm

Die Geschichte einer afrikanischen Farm in der südafrikanischen Karoo und ihrer Bewohner ist in diesem berühmten Roman beschrieben.

Words in season

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Words in Season is a selection of Olive Schreiner's uncollected writings on key South African issues, supported by her own autobiographical pieces.

The story of an African farm

The story of an African farm

'The Story of an African Farm' was Olive Schreiner's international coming out as a author as early as 1883.

The story of an African farm

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The story of an African farm is Olive Schreiner's famous autobiographical novel takes place in the remote Karoo at the end of the 19th century.

The Story of an African Farm

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The novel The Story of an African Farm details the lives of three characters and inhabitants of a Karoo farm in South Africa in the 1880s.

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