Die Seele der weißen Ameise, von Eugène Marais

Die Seele der weißen Ameise, von Eugène Marais.

Die Seele der weißen Ameise, von Eugène Marais.

Die Seele der weißen Ameise ist eine empfindsame Tier- und Naturbeobachtung des Südafrikaners Eugène Marais in den 1900er Jahren.

Eugène Marais  

[...] Alles was Dr. Hesse uns erzählte, war das Ergebnis langer und geduldiger Beobachtung in Amerika und Europa. Aber keine der aufgeführten Tatsachen hatte unmittelbaren Bezug auf unsere afrikanischen Termiten. Die Lebensgeschichte der meisten unserer südafrikanischen Ameisen und Termiten ist in jeder Hinsicht genau so wunderbar und interessant wie das, was man in Südamerika entdeckt hat. Ich habe über einen Zeitraum von zehn Jahren die Gewohnheiten der Termiten in tierpsychologischen Untersuchungen studiert. Dabei zeigte es sich, daß solche Beobachtungen jeden Tag neue Wunder enthüllen. Der Ablauf dieser Lebensgemeinschaft oder die Ausstrahlungen der Gruppenseele eines Termitenstaates zum Beispiel sind für einen Menschen mit seiner sehr anderen Art von Psyche genau so wunderbar wie Telepathie oder andere an das Übernatürliche grenzende Funktionen der menschlichen Seele. Wenn man über all diese Wunder schreiben will, wird man durch die Überfülle geradezu verwirrt. Man weiß kaum, wo man beginnen soll. Ich möchte euch nun etwas über die ganz alltäglichen Gewohnheiten unserer Termiten oder „weißen Ameisen" erzählen, und was ich berichten werde, kann von jedem beobachtet werden, der Lust dazu hat; er wird sogar noch neue Wunder entdecken können. Die meisten dieser Tatsachen wurden bisher noch nicht veröffentlicht; ich glaube sogar, daß sie von den Wissenschaftlern noch gar nicht entdeckt worden sind. Die gewöhnliche Termite, die auf alle Holzarten eine so zerstörende Wirkung ausübt und ihre Hügel im offenen „Velde" baut, ist in ganz Südafrika bekannt. Ich will zunächst etwas über den Beginn ihres Gemeinschaftslebens erzählen. Ein Termitenstaat beginnt seine Existenz in dem Augenblick, in dem die Termiten ausfliegen. Um ihren unzähligen Feinden entgehen zu können, geschieht dies stets nur nach Regen und gewöhnlich in der Dämmerung. Schon dies ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Wunder des Instinkts. Die Termiten, die niemals außerhalb ihres Baues gewesen sind, wissen, wenn sie ihren aufregenden Flug beginnen, nichts von Feinden. Sie kennen keine Lebensgefahr; und doch: in neun von zehn Fällen fliegen sie nicht eher, als bis die Vögel sicher in ihren Nestern sind. Diese fliegenden Termiten sind mindestens zehnmal größer als die anderen, im Bau verbleibenden, und von ihnen in Farbe und Form ganz verschieden. Man muß einen Termitenstaat ansehen wie ein Tier, dessen Organe noch nicht zusammengefügt sind wie beim Menschen. Einige der Termiten stellen den Mund und das Verdauungssystem dar; andere nehmen die Stelle von Verteidigungswaffen ein - gleich Klauen oder Hörnern -; andere bilden die Fortpflanzungsorgane. Die fliegenden Ameisen sind die Fortpflanzungsorgane der Kolonie. Jedes dieser beflügelten Insekten ist seinen Anlagen nach ein König oder eine Königin. Seine vier schönen Flügel haben Monate gebraucht, um sich zu entwickeln und zur Vollendung heranzuwachsen; und auch Monate vergehen - oder in sehr trockenen Gegenden sogar Jahre -. ehe sich eine Gelegenheit zum Flug bietet. Niemals werden sie fliegen, ehe es nicht geregnet hat. und der Grund dafür liegt auf der Hand; denn unmittelbar nach dem Flug müssen sie im Boden Schutz suchen, und das ist unmöglich, wenn der Boden hart und trocken ist. Verfolge nun einmal aufmerksam den Flug der Termiten von dem Augenblick an. wo sie aus dem Bau hervorkommen. Zu Tausenden kriechen sie aus einer kleinen Öffnung ans Licht. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Die Seele der weißen Ameise, von Eugène Marais.

Titel: Die Seele der weißen Ameise
Autor: Eugène Marais
Verlag: F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung (Walter Kahnert)
37. bis 40. Tausend. Berlin, 1949
Original-Halbleinen, Original-Schutzumschlag, 13x21 cm, 211 Seiten, einige Skizzen und sw-Fotos

Marais, Eugène im Namibiana-Buchangebot

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