Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996, von Sonja Speeter-Blaudszun

Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996, von Sonja Speeter-Blaudszun. Basler Afrika Bibliographien. Basel, Schweiz 2020. ISBN 9783906927060 / ISBN 978-3-906927-06-0

Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996, von Sonja Speeter-Blaudszun. Basler Afrika Bibliographien. Basel, Schweiz 2020. ISBN 9783906927060 / ISBN 978-3-906927-06-0

Die Autorin von 'Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996', Sonja Speeter-Blaudszun (1960–2018), promovierte 2004 an der Universität Mainz über „Die Expeditionen der Familie Marshall. Eine Untersuchung zur ethnographischen Erforschung der Nyae Nyae !Kung“. Anschliessend war sie sozial-pädagogisch an einer Brennpunktschule in Hamburg tätig.

Die Ju/'hoansi in der Nyae-Nyae-Region

Die Ju/'hoansi in Namibia zählen zu jenen sogenannten Buschleuten oder San, die seit Jahrtausenden im südlichen Afrika leben. Ethnologen haben diese in kleinen Gemeinschaften lebenden Menschen im 20. Jahrhundert als sogenannte Jäger- und Sammlergesellschaften definiert und intensiv erforscht. Zu den bekanntesten Forschern zählt die amerikanische Ethnologin Lorna Marshall, die seit 1951 mit ihrer Familie die Ju/'hoansi über viele Jahre immer wieder besuchte und deren Forschungen im Mittelpunkt meiner eigenen Forschungsarbeit stand, als ich 1996 die Ju/'hoansi besuchte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Gesellschaft in der Nyae-Nyae-Region stark verändert, nicht zuletzt durch den Kolonialismus und die rassistische Apartheidspolitik, die in Namibia bis zur Unabhängigkeit 1990 durch die südafrikanische Kolonialverwaltung praktiziert wurde. Schätzungen über die Größe der Volksgruppe der Ju/'hoansi variieren stark. Richard Lee schätzte die Zahl der Ju/'hoansi, die Ende der 1970er-Jahre insgesamt in Namibia lebten, auf 4000 Personen, neben 2000 Ju/'hoansi in Botswana.
Bereits 1978 lebten 60 Prozent der namibischen Ju/'hoansi in dem Ort Tsumkwe in der Nyae-Nyae-Region im nordöstlichen Namibia, wo sie nach Arbeit, landwirtschaftlichem Training und medizinischer Versorgung suchten. Es hatte sich ein „Wohlfahrtskolonialismus11 entwickelt, in dem Menschen auf kleine Maismehlrationen angewiesen waren, keine Arbeitsmöglichkeiten fanden, Alkoholismus, Prostitution und Kriminalität sich ausbreiteten und viele Menschen hungerten. Angesichts des anhaltenden Befreiungskampfes im südafrikanisch besetzten Namibia durch die namibische Befreiungsorganisation SWAPO, begann die südafrikanische Armee mit der Rekrutierung von Buschleuten aus der Region von Tsumkwe, aus der Kavango-Region und dem Caprivi-Streifen, wie auch mit der Umsiedlung von Buschleuten in militärisch kontrollierte Gebiete. Die Buschleute wurden vom südafrikanischen Militär als Fährtenleser und Minensucher, später auch zur Bekämpfung von SWAPO-Guerilleros an der Front eingesetzt. Der Soldatenberuf wurde für die Buschleute zu einer verhängnisvollen Verstrickung in die Kriegswirtschaft. In Tsumkwe wurde ein Hauptquartier errichtet und circa 160 Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren wurden für die südafrikanische Armee angeworben. 40 Prozent der männlichen Bevölkerung begannen, für die Armee zu arbeiten und verdienten dort relativ hohe Löhne. Anfang der 1980er-Jahre beschlossen einige Ju/'hoansi von Tsumkwe, zu ihren angestammten Wasserstellen zurückzugehen, um dort Land- und Viehwirtschaft zu betreiben. Ihre Nahrung sollte durch Sammeln und Jagen ergänzt werden. 1996 gab es bereits 36 Dörfer, die von einer gemischten Wirtschaftsform (Vieh, Gärten, Lohnarbeit, Sammeln und Jagen) lebten. Der private „Cattle Fund" der mit einer Spende von Laurence Marshall im Jahr 1980 eingerichtet wurde, sollte die Ju/'hoansi in ihrem Überlebenskampf unterstützen. Sie erhielten Werkzeuge, Draht und Rinder, Hilfe bei der Errichtung von Viehkraals und Ausrüstung für den Betrieb von Handpumpen. John Marshall und Ciaire Ritchie verwalteten zunächst den „Cattle Fund". Aus diesem entwickelte sich 1981/1982 die Ju/wasi Bushman Foundation (JBF) mit ihrem Sitz in Windhoek. Im Jahre 1984 wurde der Regierungsbericht „Ondersoek na die Boesman-bevolkingsgroep in SWA" (Untersuchung über die Buschmann-Bevölkerung in Südwestafrika) veröffentlicht. Der Bericht empfahl, die als Buschleute klassifizierten Menschen durch die Enteignung ihres letzten Stückes Gemeinschaftsland („Eastern Bushmanland") vollständig zu vertreiben. Der lange geheim gehaltene Plan sah vor, das östliche Buschmannland zum Natur- und Wildreservat zu erklären. Das „Game Conservation Department" hatte die Umsiedlung der gesamten Bevölkerung vom östlichen in das westliche Buschmannland vorgeschlagen. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996, von Sonja Speeter-Blaudszun.

Titel: Die Linie
Untertitel: Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996
Autor: Sonja Speeter-Blaudszun
Verlag: Basler Afrika Bibliographien
Basel, Schweiz 2020
ISBN 9783906927060 / ISBN 978-3-906927-06-0
Broschur, 17 x 24 cm, 144 pages, mit Abbildungen und Karten im Text

Speeter-Blaudszun, Sonja im Namibiana-Buchangebot

Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996

Die Linie. Ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschung im Jahr 1996

Die Linie: Ein ethnografisches Feldtagebuch einer Namibia-Forschungreise vom 2. Juli 1996 bis 31. August 1996.