Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika, von Alwin Mehnert

Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika, von Alwin Mehnert. Stephan Geibel Verlag, 1897

Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika, von Alwin Mehnert. Stephan Geibel Verlag, 1897

Mit einem kolonialbegeisterten Vorwort führte der Schriftsteller Alwin Mehnert in seinen 1897 bereits in der zweiten Auflage erschienenen Roman Die Auswanderer ein. Es ist eine Erzählung aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika.

Alwin Mehnert  

(...) Es war der letzte Sonntag an Bord, der fünfte seit der Abreise unserer Auswanderer von Hamburg. Über den brausenden Wogen des Meeres schwebte feierlicher Gesang. Er kam vom Verdeck des Woermannschen Dampfers. Ein unterwegs an Bord gestiegener Baseler Missionar hatte soeben einen Gottesdienst gehalten, und der Inhalt seiner Rede klang aus in dem schönen deutschen Choral: „Nun danket alle Gott!" Ja, sie hatten wohl alle Ursache, Gott zu danken, der sie durch die Gefahren der Reise geleitet bis hieher, aber sie hatten auch nötig, ihn um seinen ferneren Schutz anzuflehen. Wer konnte wissen, welche Gefahren der „dunkle Weltteil" für sie barg? Trüb und grau war der Himmel umzogen und die See ziemlich bewegt. Manch eines Gemütes bemächtigte sich bange Ahnungen von kommenden Sorgen und Gefahren. Eine gedrückte Stimmung schien heute au Bord zu herrschen. „Wie mir der Kapitän vorhin mitteilte, werden wir schon morgen unser Ziel erreichen. Wir werden jedoch nicht in die Walfischbai einlaufen, sondern oberhalb derselben, in der deutschen Swakop- oder, wie man es jetzt amtlich schreibt, in der Tsoachaubmündung." Es war Herr Mühlseld, welcher diese Nachricht einigen Kolonisten übermittelte. Mit etwas besorgter Miene sah er dann nach dem Himmel. „Ich fürchte, wir werden Regen bekommen," fuhr er fort, „das wäre nun allerdings keine Annehmlichkeit bei der ohnehin so schwierigen Landung in Tsoachaubmund." - „So ist dort kein eigentlicher Hafen?" wurde der Sprecher gesragt. „Leider nicht," war die Antwort. „Es ist eben nur ein Platz, der eine Landung, wenn auch unter erschwerenden Umständen gerade nur ermöglicht, und damit muß man an dieser hafenarmen Küste schon zufrieden sein. Doch haben wir dabei den Vorteil, aus deutschem Gebiete zu landen, während wir von der englischen Walfischbai volle neun Wegestunden mehr Landreise hätten." Die vorher ausgesprochene Befürchtung Mühlfelds traf leider ein. Mehr noch. Zu dem Regen gesellte sich ein heftiger Gewittersturm, der die Wogen der Brandung heftiger als sonst erregte. Das war kein freundlicher Gruß an der Schwelle der neuen Heimat! Die Reisenden hatten während des so häufigen Anlegens vor den Faktoreien der Westküste Gelegenheit gehabt, die oft so mühevolle und schwierige Art der Güterbeförderung von und nach dem Lande zu beobachten. Aber ein so mühevolles und schwieriges Stück Arbeit, wie hier an der Tsoachaubmündung hatte es noch nicht gegeben. Ohne die markigen, kraftvollen Kru-Neger, welche der Kapitän vorsichtigerweise, dreißig an der Zahl, in Monrovia gemietet hatte, wäre an ein Löschen der Güter nicht zu denken gewesen. Die mit den Gefahren der Brandung vollständig vertrauten Leute leisteten unschätzbaren Dienste. Dennoch aber mußten sie alle ihre Kunststücke ausbieten, um zu verhüten, daß die mächtigen Wogen der ununterbrochen rollenden und donnernden Brandung sich über die Boote stürzten und Menschen und Güter gefährdeten. Ein solches Boot hatte gewöhnlich achtzig Zentner Ladung und wurde am Strande von den in Tsoachaub ebenfalls landenden Soldaten der Schutztruppe, die bis an den Leib im Wasser standen, vollends hinübergeschleppt und entladen. Trotz der vielen fleißigen Hände währte es doch volle fünf Tage, ehe alle Güter der sechszig Kolonisten ans Land befördert waren. Der Regen hatte glücklicherweise jetzt nachgelassen, immerhin aber schon manchen Schaden an den nicht gut verpackten Waren angerichtet. Bis jetzt hatten sich die Ansiedler vergebens am Lande nach den von ihnen bei der Ansiedlungskommission bestellten Wagen umgesehen. Bergehoch lagen die Koffer und Kisten am Strande ausgestapelt und harrten der Beförderung landeinwärts. Auch Robert Glöckner hatte bestimmt gehofft, den Wagen von Richard an der Landungsstelle vorzufinden, wie ihm dieser es versprochen hatte. Nirgends die Spur von einem Wagen. (....)

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika, von Alwin Mehnert.

Titel: Die Auswanderer
Untertitel: Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika
Autor: Alwin Mehnert
Illustration: R. Starcke WMR
Verlag: Stephan Geibel
Zweite Auflage, Altenburg, 1897
Originalleinenband, 13x18 cm, 196 Seiten, 2 Illustrationen, 1 Karte

Mehnert, Alwin im Namibiana-Buchangebot

Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika

Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika

Ein seltener Kolonialroman: Die Auswanderer. Eine Erzählung für Jung und Alt aus den Anfängen deutscher Siedlung in Südwest-Afrika.

Weitere Buchempfehlungen

Kaffernland

Kaffernland

Der Roman Kaffernland schildert die Landschaft und die weißen und schwarzen Menschen Kaffrarias, eines Gebietes an der Ostküste Südafrikas, zur Zeit der ersten Besiedlung.

Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen

Heimkehr. Roman der Südafrikadeutschen

Der Roman Heimkehr ist einer der wenigen fiktiven Werke über die Südafrikadeutschen und handelt von der Rückbesinnung der Nachfahren deutscher Einwanderer auf ihre Wurzeln.

Roiland der Wanderer. Geschichte eines afrikanischen Treckochsen

Roiland der Wanderer. Geschichte eines afrikanischen Treckochsen

Der Roman 'Roiland der Wanderer' setzt dem Ochsenwagen, den afrikanischen Treckochsen und den vergangenen Zeiten gemächlichen Reisens ein literarisches Denkmal.

Das erste Jahr. Roman des kolonialen Morgen

Das erste Jahr. Roman des kolonialen Morgen

Der kenntisreich und interessant geschriebene Roman 'Das erste Jahr. Roman des kolonialen Morgen' beschreibt die Herausforderungen, die der Autor, nach der fiktiven Rückgabe der Kolonien an Deutschland, recht realistisch einschätzte.

Schicksal Afrika. Ein Kolonialroman

Schicksal Afrika. Ein Kolonialroman

Im den sehr lesenswerten Roman 'Schicksal Afrika' hat der Autor zahlreiche Erinnerungen und Episoden seiner Jugend in Südwestafrika einfließen lassen.

Ritt gen Mitternacht. Roman aus Deutsch-Südwest-Afrika

Ritt gen Mitternacht. Roman aus Deutsch-Südwest-Afrika

Der Roman 'Ritt gen Mitternacht' beschreibt, teils autobiographisch, die Mühen des Farmaufbaus zu Zeiten von Deutsch-Südwest-Afrika.