Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert, von Werner Schmidt-Pretoria

Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert, von Werner Schmidt-Pretoria.

Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert, von Werner Schmidt-Pretoria.

Deutsche Wanderung nach Südafrika von Werner Schmidt-Pretoria ist eine der umfangreichsten Arbeiten über den deutschen Bevölkerungsanteil im Südafrika des 19. Jahrhundert, ausführlich und mit Namensregister der Einwanderer.

Werner Schmidt-Pretoria  

ERSTER TEIL. VERLAUF DER WANDERUNG: Das Eintreffen von Soldaten, Siedlern, Kaufleuten, Forschern und Missionaren bis zur Jahrhundertmitte.

Auf die zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Kaplande lebenden Deutschen und Deutschstämmigen stießen in ununterbrochener Folge weitere Einwanderer aus den deutschen Landen. Der holländische Generalleutnant Janssens, der am 23. Dezember 1802 mit dem Auftrag in Südafrika landete, das Land von der britischen Besatzung zu übernehmen und als Gouverneur der Batavischen Republik zu verwalten, wurde vom Leibarzt und Erzieher seiner Kinder Dr. Hinrich Lichtenstein und neben anderen vom 5. Bataillon Waldeck begleitet. Das Bataillon, welches - soweit es Deutsche umfaßte - Fürst Friedrich II. von Wal deck gegen Zahlung von 50 000 Gulden an die Niederländer vermietet hatte, wies am 30. Dezember 1802 einen Bestand von sechs Füsilierkompanien unter den Hauptleuten Wirths, (Friedrich) Müller, Schreiber, Alberti, (Carl) Müller und von Horn und einer Jägerkompanie unter Major von Gilten aus. Während einer Anfang Mai 1803 beginnenden, in alle Gebietsteile führenden Inspektionsreise des Gouverneurs, an der auch der Leibarzt teilnahm, bildeten Major von Gilten, Hauptmann Alberti, ein Sergeant, ein Korporal, sechs Reiter und zwölf Jäger die Eskorte, - wenig später wurde Hauptmann Alberti die Verwaltung des neuerrichteten Landkreises Uitenhage übertragen. Knappe Lebensmittelzuteilungen, alle Arten von Gerüchten und der Ausbruch der Ruhr, welcher unter anderen der zum Oberstleutnant beförderte Carl von Gilten und der Leutnant Ludwig von Breidenstein zum Opfer fielen, verursachten Unzufriedenheit und Mutlosigkeit, die im schwachen Widerstand, den das Bataillon im Gefecht gegen die landenden Engländer am 8. Juni 1806 in der Nähe des Blauberges leistete, ihren Ausdruck fanden.

Hauptmann Alberti, die Leutnante Gößling, Waldschmidt, Mattern, Klapp, Kleinschmied und 52 Mannschaften wurden, da sie zur Truppe des Gouverneurs gehört hatten, auf Grund der mit den Briten vereinbarten Übergabebedingungen nach Holland transportiert. Der seither zum Obersten beförderte (Carl) Müller, die Hauptleute (Friedrich) Müller, Süden, Götte, Deppe, die Leutnante Ries, Frensdorf, Riedel, Stoker, Staudinger und etwa 80 Mannschaften erreichten am 11. Juni 1806 als Kriegsgefangene die Britischen Inseln. Insgesamt sahen 102 Mann - der Oberst, der Feldprediger, der Tambour, ein Major, 5 Hauptleute, 13 Leutnante, 17 Sergeanten und Korporale, 30 Füsiliere und 33 Jäger -, knapp der fünfte Teil der einige Jahre vorher ausgerückten Einheit, die Heimat wieder. Seit dem Verlassen Europas bis zum November 1805 hatte das Bataillon rund 100 Soldaten durch Krankheit verloren, im Gefecht am Blauberge weitere 7 Tote und 35 Verwundete zu beklagen gehabt. Lediglich Hauptmann Schreiber, Feldarzt Dr. Wehr und Leutnant Ostheide - der erstere wegen Krankheit, die beiden anderen, weil sie im Kaplande verheiratet waren - hatten die Erlaubnis erhalten, in Südafrika zu bleiben.

Im Zuge einer mit Unterstützung holländischer Kaufleute vorbereiteten Gruppenübersiedlung gelangte am 22. Mai 1803 der ehemalige Major im holländischen Heer Baron Friedrich von Buchenröder, von seiner Familie begleitet, mit 35 Landarbeitern ans Kap. Seine ungestüme Art und der Versuch, unzufriedene Kolonisten gegen die Behörden aufzuwiegeln, veranlaßten den Politischen Rat 1804, ihn zur Rückkehr nach Europa aufzufordern. Er landete 1805 in Holland, wo er ein Jahr darauf die Schriften „Reize in de Binnenlanden van Zuid-Afrika" und „Beknopt Berigt nopens de Volks-planting de Kaap de Goede Hoop" zu Amsterdam herausbrachte, segelte aber später von neuem nach Südafrika und ließ sich in der Nähe der Algoabucht nieder. Seine Frau, eine geborene Mayr, die sich 1803 von ihm hatte scheiden lassen, war mit den Kindern in der Nähe der Kapstadt verblieben1. Baron Carl (Ferdinand Heinrich) von Ludwig aus Sulz am Neckar - Sohn eines hohen württembergischen Gerichtsbeamten - wurde 1806 vom ehemaligen Stabsarzt des Württembergischen Kapregimentes Dr. Friedrich Ludwig Liesching2 als Apotheker nach Kapstadt berufen und eröffnete 1807 eine eigene Apotheke. Er gelangte zu Wohlstand, erbaute in der Kloofstraat die für sich und seine Familie als Wohnhaus bestimmte „Ludwigsburg" und legte einen botanischen Garten an.

Neben den prominenten Beamten, Kaufleuten und Gelehrten der Kapstadt verkehrten der deutsche Naturwissenschaftler Dr. Ferdinand von Krauß und der Ornithologe W. von Meyer als Gäste in seinem Hause. Durch Dr. Ferdinand von Krauß und Jan van der Planck - dem ehemaligen Kapitän des im Sturm an der Südküste Afrikas untergangenen Schoners „Louisa" - übersandte Baron von Ludwig dem in Natal weilenden Voortrekker-Kommandanten Andries Pretorius im Jahre 1839 und bei anderen Gelegenheiten einige Estchen Gemüsesämereien unter besonderem Hinweis auf eine Mangoldart, die von ihm gezüchtet und nach ihm benannt worden war3, Feuerzeuge und andere Geschenke. Seine tägliche Fahrt von der Wohnung zum Geschäftshaus über die Heerengracht in einer mit sechs Schimmeln bespannten Epiquage bildete das Ereignis des Kapstädter Alltages. Der König von Württemberg und der Großherzog von Hessen bedachten ihn mit Orden. Darüber hinaus trug er den Titel eines württembergischen Konsuls. Bei seinem am 27. Dezember 1847 erfolgten Tode hinterließ er ein Vermögen von 250 000 Pfd. Stlg.

Aus der Zahl der Einwanderer der folgenden Jahre hoben sich der Naturforscher und Pharmazeut Karl Heinrich Bergius aus Berlin, ein Ritter des Eisernen Kreuzes, der 1818 in Kapstadt verstarb, der Botaniker Leopold Mündt aus Berlin, der von der preußischen Regierung als Naturforscher und Sammler nach dem Kap geschickt worden war, und Dr. Krebs, gleichfalls Naturforscher und Pharmazeut, heraus. Anfang April 1818 hatte Mündt seinem Freund Adalbert von Chamisso, den aus Hugenottenadel stammenden deutschen Dichter, zu Gast, welcher als Botaniker an einer Reise um die Welt mit der Romanzoffischen Entdeckungs-Expedition in den Jahren 1815-1818 auf der Brigg „Rurik" teilgenommen hatte und während der Rückfahrt kurze Zeit am Kap verweilte. Mündt, Krebs, und Chamisso unternahmen ein Exkursion auf den Tafelberg. Der Deutsche Schörbeck, der sich seit 1811 in der Gegend von Humansdorp, im äußersten Grenzland der Kapkolonie niederließ, tat sich Jahrzehnte später während der Kaffernkriege durch Besonnenheit hervor4.

Der 1791 zu Altona geborene Apotheker Carl Friedrich Drege5 traf 1821 mit einem Anstellungsvertrag auf fünf Jahre in Kapstadt ein, 1826 folgten seine Brüder Johann Franz - der, 1794 zu Altona geboren, als Botaniker in Berlin, Wien, München (Nymphenburg), Riga und anderen Städten tätig gewesen und durch von Carl Friedrich übermittelte südafrikanische Pflanzen auf die reiche Flora des Kaplandes aufmerksam geworden war - und Eduard, Uhrmacher von Beruf. Carl Friedrich und Johann Franz bereisten insbesondere das Gebiet südlich des Oranjefiusses bis zum Jahre 1832. Der erste tauschte Medikamente gegen Vieh, Tierfelle, Vogelbälge und Insekten, der letztere sammelte Pflanzen6.  [...]

Fußnoten:
1 J. Höge, Personalia of the Germans at the Cape, 1652—1806. S. 52.
2 Werner Schmidt-Pretoria, Der Kulturanteil des Deutschtums am Aufbau des Burenvolkes. S. 194.
(Wird bei neuerlichen Erwähnungen mit Werner Schmidt-Pretoria [I] bezeichnet werden.)
3 W. von Meyer, Reisen in Südafrika während der Jahre 1840 und 1841. S. 6, 75. Voortrekker-Argiefstukke. S. 79—82, 89, 90.
4 Um ihn hat sich eine Legende gebildet. Er wurde (tatsächlidi) von den Buren mit Wit Krag bezeichnet, weil er angeblich imstande war, durch Kreise ziehen und Besprechungen Not und Verderben fernzuhalten.
5 oder Drege.
6 J. Trümpelmann, Die ersten Deutschen in Natal. S. 80. (Wird bei neuerlichen Erwähnungen mit J. Trümpelmann [I] bezeichnet werden.)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert, von Werner Schmidt-Pretoria.

Buchtitel: Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert
Autor: Werner Schmidt-Pretoria
Verlag: Dietrich Reimer
Berlin, 1955
Original-Leinenband mit Schutzumschlag, 18x24 cm, 406 Seiten

Schmidt-Pretoria, Werner im Namibiana-Buchangebot

Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert

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Antiquarischer Titel: Deutsche Wanderung nach Südafrika im 19. Jahrhundert.

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