Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas, von Paul Groningen

Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas, von Paul Groningen.

Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas, von Paul Groningen.

Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas von Paul Groningen ist ein Werk über den Zweiten Anglo-Burischen Krieg von 1899 bis 1902 und mit landes- sowie gesellschaftskundlichen Anteilen.

Paul Groningen  

Die Buren und ihre Eigenart: Nachdem ich so in großen Zügen ein Bild der Entwicklung der Burenstaaten zu geben versucht habe, will ich nun noch einiges über die Buren als Menschen sagen. Ich thue dieses absichtlich erst jetzt, da es mir darum zu thun war, den Leser selbst die Hauptzüge der burischen Eigenart herausfühlen zu lassen Will man aber jemandem die eignen Freunde zu Freunden machen, so muß man aber doch noch genaueres über das, wie sich sein Leben abspielt, über seine Vorzüge und Schwächen, sagen, und so will ich es denn auch hier thun. Ich stütze mich hierbei hauptsächlich auf deutsche Urteile und zwar auf die gebildeter, unvoreingenommener Männer, die während des Krieges die Buren genau kennen lernten. Der Grundzug des Burencharakters ist Zähigkeit und Beharrlichkeit. Nur dadurch war es ihm möglich so lange den immer währenden Versuchen der Engländer, die Buren zu unterdrücken, zu widerstehen. Mit diesen Eigenheiten hängt aber auch ein Mangel an rasche Anpassungsfähigkeit an neue Verhältnisse zusammen, der den Buren oft zum Schaden gereichte. Der Bur zögert und bedenkt zuviel und hält dann an einem gefaßten Entschluß zu lange fest. Dadurch wurde viel kostbare Zeit verloren und namentlich im Kriege, wie sich bei dem Untergange des Heeres Eronjes zeigen wird, viel verdorben. Zu diesen Eigenschaften kommt eine andere, die ebenfalls aus der bisherigen Schilderung unverkennbar ist: Der Bur kann sich nur schwer unterordnen, er legt zuviel Gewicht auf den „frijen Burger" und wacht eifersüchtig darüber, daß ihm nichts „befohlen" wird. Dieser Zug war im politischen Kampfe gegen die Engländer von großem Nutzen, im Kriege aber hinderte er oft ein geschlossenes Vorgehen, der General hatte nichts zu befehlen und so that mancher zu oft nur das, was e r für richtig hielt und schädigte dadurch sich selbst und das Gemeinwohl empfindlich. Es hat bitterer Erfahrungen und des unbeugsamen Willens thatkräftiger Führer bedurft, um die Buren zur Erkenntnis zu zwingen, daß Disziplin, Unterordnung des Einzelwillens unter das Gemeinwohl, vor allem im Kriege, unbedingt zur Erreichung nachhaltiger Erfolge notwendig sind.

In diesem Widerwillen gegen Unterordnung liegt auch ein weiterer ungünstiger Zug der Buren begründet: die Uneinigkeit In all den Trecks, in den Entwickelungsjahren der Republiken, herrschte, wie aus der Geschichte zu erkennen, nur selten völlige Einigkeit. Immer wieder fanden Spaltungen statt und Reibereien zwischen Parteien und Führern führten selbst zu Bruderkämpfen; nicht immer fanden von Eingeborenen und Engländern Bedrängte rechtzeitige Hülfe bei ihren Stammesgenossen! Diesen schlechten Eigenschaften stehen aber so viele gute gegenüber, daß das Gesamtbild, in dem wir so viele uns verwandte Züge finden - wir sind ja eines Blutes - durchaus freundlich berührt. Der Bur ist gutmütig, ihm mangelt jede Rohheit, seine Gastfreundschaft ist nicht zu übertreffen, er ist rührig, wenn auch ohne hervorragende kaufmännische Begabung. Allerdings dort, wo der Goldhunger auch den Buren erfaßt hat, schwinden seine guten Eigenheiten immer mehr, er unterscheidet sich dann kaum von den anderen Glücksjägern, die ganze Strecken friedlichen Landes in ihr Gegentheil verwandelt haben.

Die Stellung des Buren zu den Kaffern, die von den Engländern oft als Streitpunkt betrachtet wurde, ist vollkommen den Eigenheiten der Farbigen angepaßt. Professor Küttuer schreibt darüber: „Es ist einfach nicht wahr, daß der Bur die Kaffern schlecht behandelt. Der Kaffer ist ein Kind und muß wie ein Kind behandelt werden. Giebt man einem Kinde Gleichberechtignng, so schlägt es über die Stränge; stellt man den Kaffer auf die gleiche gesellschaftliche Stufe wie den Weißen, so wird er ein fauler unverschämter Patron, der vom Weißen nur das Schlechte annimmt. Wie verfehlt das englische Prinzip der Gleichberechtigung ist, das haben wir in späterer Zeit, als der Freistaat englisch wurde, aus eigener Erfahrung kennen gelernt. Die Kaffern, die vorher bescheiden, willig und höflich gewesen waren, verweigerten jetzt den Gehorsam, erklärten, sie seien nun auch Gentlemen, und es gäbe nun keinen „Baas" (Herrn) mehr, der ihnen etwas zu sagen hätte."

Die Zustände wurden schließlich derartig unerträglich, daß die Engländer zu dem Altbewährten griffen und die Kaffern gründlich und heilsam verhauen ließen. Über die den Buren von englischer Seite oft vorgeworfene Rohheit urteilt Prof. Küttuer: „Der Bur hat manche schlechte Eigenschaften, aber er ist mit ganz wenigen Ausnahmen ein herzensguter Mensch, der zu nichts weniger Neigung hat als zur Roheit. Ich habe niemals einen Buren sein Pferd in roher Weise züchtigen sehen, ich habe niemals einen brutalen Streit unter Buren erlebt, und ich habe nie davon gehört, daß der echte, unverdorbene Bur, wie man ihn auf seiner Farm findet, sich herumprügelt oder gar seine lieben Nächsten mit dem Messer bearbeitet hätte. Wer an die Gutmütigkeit der Buren nicht glauben will, der frage nur unsere englischen Verwundeten in Jacobsdal; sie werden ihm ein Lied singen von rührender Sorgfalt und herzlichem Bedauern, das ihnen von den Buren entgegengebracht worden ist.

Das Äußere der Buren läßt noch jetzt deutlich die holländische Abstammung erkennen. Die Männer sind von guter Mittelgröße, sehr kräftig und vierschrötig im Körperbau. Das Gesicht mit den klaren grauen Augen, grader, sehr breiter und kräftiger Nase und dem starken Barte zeigt einen angenehmen offenen Ausdruck. Auch die Frauen sind sehr kräftig und vollentwickelt. Die weitverbreitete Meinung, daß sie vierschrötige Bauerngestalten ohne weiblichen Liebreiz seien, trifft durchaus nicht zu. Die Gesichter sind im Gegenteil zum großen Teil hübsch und blühend. So fest wie an seinen Charaktereigenschaften hält der Bur auch an seinen Sitten und Gebräuchen. Noch jetzt ist sein Familienleben das einer alten behäbigen holländischen Familie, wie ja überhaupt die Burenstaaten gerade dadurch eine so eigene Stellung im Völkerleben einnehmen, daß sie wie ein Stückchen alter, längst vergangener Welt anmuten. Nur in den Hauptstädten und dort, wo die Einflüsse der Mienengebiete stärker hervortreten, pulst modernes Leben. Getreu dem Wesen seiner Ahnen hat sich der Bur den Familiensinn rein erhalten: für seine Familie lebt er, für sie arbeitet und kämpft er, sie giebt ihm Kraft und den sichern Halt, den der von Kämpfen aller Art so oft Bedrängte nötig hat. […]

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas, von Paul Groningen.

Buchtitel: Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas
2. vermehrte und verbesserte Auflage
Autor: Paul Groningen
Verlag: Hartkopf & Torley
Wald-Solingen, 1903
Illustrierter Original-Leineneinband, 16x23 cm, 232 Seiten, zahlreiche sw-Fotos, 1 Faltkarte, Schrift: Fraktur

Groningen, Paul im Namibiana-Buchangebot

Der Helden-Kampf der Buren und die Geschichte Südafrikas

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