Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945, von Stefan Wulf

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945. Auswärtige Kulturpolitik und Kolonialrevisionismus nach Versailles, von Stefan Wulf. Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Band 9. Dietrich Reimer Verlag. Berlin, 1994. ISBN 3496025379 / ISBN 3-496-02537-9

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945. Auswärtige Kulturpolitik und Kolonialrevisionismus nach Versailles, von Stefan Wulf. Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Band 9. Dietrich Reimer Verlag. Berlin, 1994. ISBN 3496025379 / ISBN 3-496-02537-9

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945 (Foto aus der Studie von Stefan Wulf).

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945 (Foto aus der Studie von Stefan Wulf).

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945, von Stefan Wulf verfaßt, deckt ein Stück Ideologiegeschichte auf und versteht sich darüber hinaus als Beitrag zur Geschichte Hamburgs, besonders der Beziehungen der Stadt nach Übersee.

Vorwort:

Noch einmal schaue ich aus dem Fenster meines Zimmers und beobachte die vorbeifahrenden Schiffe auf der Elbe. Ich werde diesen Blick vermissen. Es sind die letzten Arbeitstage am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Meine Aufgabe ist erfüllt. Und in der nächsten Woche soll die vorliegende Untersuchung in den Druck gehen. Dieses Institut ist ein geschichtsträchtiger Ort - in mehrfacher Hinsicht. Seit achtzig Jahren arbeiten Mediziner und Naturwissenschaftler in dem Schumacher-Bau oberhalb des alten Elbtunnels und der Landungsbrücken an der Erforschung tropischer Krankheiten, bilden junge Ärzte in dieser Spezialdisziplin aus und behandeln Kranke in einer eigenen Klinischen Abteilung. Doch die Aktivitäten der Wissenschaftler des bereits im Jahre 1900 gegründeten Hamburger Tropeninstituts reichten von jeher weiter. Auch Wissenschaftler leben im gesellschaftlichen Kontext. Und dies gilt allemal für deutsche Tropenmediziner in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Die Leitung der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg beschloß im Jahre 1990, die Geschichte des Tropeninstituts von einem Historiker aufarbeiten zu lassen, nachdem es in der Öffentlichkeit wiederholt zu Vorwürfen gegen frühere Mitarbeiter des Instituts gekommen war, im "Dritten Reich" politisch und insbesondere medizinisch-ethisch unverantwortlich gehandelt zu haben. So ernst man diese Vorwürfe nahm, so sehr war man doch auch an einer ideologiefreien, d.h. vorurteilslosen Analyse der historischen Quellen interessiert. Im Oktober 1990 wurde ich mit dieser Aufgabe betraut, im November nahm ich meine Tätigkeit am Bernhard-Nocht-Institut auf Nach Durchsicht umfangreichen Quellenmaterials schlug ich der Behörde wie der Institutsleitung eine thematische wie zeitliche Erweiterung des Projekts vor. Ausschlaggebend war zum einen die an und für sich naheliegende Einschätzung, daß die Institutsgeschichte zur Zeit der Naziherrschaft nicht getrennt von der historischen Entwicklung zumindest seit 1919 betrachtet werden konnte, Aspekte der medizinischen Forschung im "Dritten Reich" in einen breiteren Zusammenhang gestellt werden mußten. Zum anderen war entscheidend, daß eine Institutsgeschichte noch nicht geschrieben worden war und sich hier die Möglichkeit ergab, wenigstens einen Anfang zu machen. War ursprünglich ein Zeitraum von einem Jahr für meine Arbeit vorgesehen, so wurden daraus schließlich mehr als drei Jahre. Die letzten zwölf Monate wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn, finanziert, der an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank gilt. In der Geschichte des Hamburger Tropeninstituts verbinden sich ganz unterschiedliche Gesichtspunkte miteinander. Neben den rein institutshistorischen sind dies personen-, medizin-, wissenschafts-, politik-, wirtschafts- und stadthistorische Aspekte. Die Untersuchung verweist insbesondere auf die außenpolitische Dimension, auf Fragen auswärtiger Kulturpolitik und deutscher Expansionspolitik vor 1945. Zur Diskussion steht nicht nur das Handeln der führenden Hamburger Tropenmediziner, sondern analysiert werden ebenso die dem Handeln zugrunde liegenden (politischen) Intentionen. Die Studie deckt somit auch ein Stück Ideologiegeschichte auf Sie versteht sich darüber hinaus als Beitrag zur Geschichte Hamburgs, besonders der Beziehungen der Stadt nach Übersee. Außenpolitisch relevantes Handeln ist wirtschaftspolitisch relevantes Handeln. Die Dimension internationaler ökonomischer Interessenlagen findet zum einen in der Zusammenarbeit des Tropeninstituts mit Hamburger Firmen und Wirtschaftsführern - etwa in Mittelamerika - einen wichtigen Bezugspunkt, zum anderen aber auch in der Kooperation mit der nordamerikanischen United Fruit Company. Überdies müssen in diesem Zusammenhang speziell die Weltmarktinteressen der deutschen Pharmaindustrie (I.G. Farben) erwähnt werden. In der vorliegenden Untersuchung werden medizinhistorische Aspekte zwar berührt, doch Wissenschaftsgeschichte im Sinne der medizinischwissenschaftlichen Leistungen des Tropeninstituts in früheren Jahrzehnten zu schreiben, konnte - dem ursprünglichen Auftrag gemäß - nicht das Ziel sein. Eine detaillierte Untersuchung zu diesem Themenkomplex wäre wünschenswert und würde das von mir gezeichnete Bild der Institutsgeschichte zwischen 1919 und 1945 vervollständigen. Ich möchte an dieser Stelle unterstreichen, daß die Konzentration auf die politische Dimension der Institutsgeschichte während einer besonders problematischen Zeitspanne der deutschen Geschichte Respekt vor den wissenschaftlichen Fähigkeiten und Leistungen der Hamburger Tropenmediziner keineswegs ausschließt. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945, von Stefan Wulf.

Titel: Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945
Untertitel: Auswärtige Kulturpolitik und Kolonialrevisionismus nach Versailles
Autor: Stefan Wulf
Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Band 9
Dietrich Reimer Verlag
Berlin, 1994
ISBN 3496025379 / ISBN 3-496-02537-9
Broschur, 16 x 24 cm, 244 Seiten, 27 teils großformatige sw-Fotos

Wulf, Stefan im Namibiana-Buchangebot

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945

Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945: Auswärtige Kulturpolitik und Kolonialrevisionismus nach Versailles.