Das dunkle Auge Afrikas, von Laurens van der Post

Das dunkle Auge Afrikas, von Laurens van der Post. ISBN 3257229380 / ISBN 3-257-22938-0

Laurens van der Post beweist mit seinen Thesen in Das dunkle Auge Afrikas gelebten Humanismus und radikalen Respekt vor allem Kreatürlichen.

Laurens van der Post  

Zum ersten Mal hielt ich diesen Vortrag während einer Tagung der Psychologischen Vereinigung in Zürich am 3. März 1954. Im Anschluß daran wurden Fragen an mich gerichtet, die ich unmittelbar beantwortete. Zu anderen Gelegenheiten wiederholte ich den Vortrag in verschiedenen Städten Europas; dabei ergaben sich weitere Fragen und weitere Antworten. Auch diese Diskussionen wurden zum Teil in mein Buch aufgenommen. Der ursprüngliche Titel lautete: Mata Kelap oder die Erscheinung des dunklen Auges in Afrika - Uber die unsichtbaren Quellen der afrikanischen Unruhe. Immer wenn ich diesen Vortrag hielt, hatte ich das Gefühl einer gewissen Unsicherheit. Ich fürchtete, mein Referat könnte die Verwirrung noch vergrößern, die auf diesem beunruhigenden Gebiet, weiß Gott, dunkel und tragisch genug ist. Dennoch ließ ich mich dazu überreden; man war der Meinung, daß ich - in Afrika geboren - von diesen Problemen aus meiner eigenen seelischen und geistigen Erfahrung sprechen könnte und daß das zum Verständnis des Konfliktes beitragen würde. Später, als mir die Drucklegung meiner Gedanken vorgeschlagen wurde, erfüllte mich ein noch stärkeres Gefühl der Unzulänglichkeit meines Beginnens. In Zürich war jedes eventuelle Mißverstehen, das ich hätte hervorrufen können, von vornherein durch die Tatsache neutralisiert, daß ich zu einer Zuhörerschaft von Spezialisten sprach, die die Spreu vom Weizen zu sondern wußten. Doch diese Sicherungen sind kaum gegeben, wenn ich das Buch veröffentlichen und dadurch jedem Leser zugänglich machen würde. Dennoch entschloß ich mich, der Buchpublikation zuzustimmen, und zwar aus der tiefen Überzeugung, daß etwas, was diesen Gedanken ähnlich ist, früher oder später meinen Landsleuten und allen an Afrika interessierten Kreisen vorgelegt werden müßte, soll sich dieser grausame Konflikt, in den sie verstrickt sind, jemals ohne Katastrophe lösen. Es gibt für mich nichts, was den Ursprung aller Dinge mit größerer Autorität und ergreifender schildert als die Beschreibung der Genesis in der Bibel. Im Urbeginn schwebt der Geist unaufhörlich über den gewaltigen ungeformten Wassern der Zeit, auf der Suche nach Fleisch und Blut, um Leben zu schaffen und alle seine Werke. Dann bricht das Wort hervor. Das ist die große Eröffnungsphase, die unsere träumenden Sinne wie eine Fanfare anfällt. Ich bin zutiefst davon überzeugt: Bevor ein neuer Geist aus diesem furchtbaren Konflikt in Afrika qualvoll geboren werden kann und seinen wahren und zeitgemäßen Ausdruck in einer neuen Gesellschaft, in einer neuen menschlichen Wirklichkeit findet, muß erst das Wort da sein, das diesem Geist Gestalt und Kraft gibt - das Wort als mitteilendes Verstehen.

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Das dunkle Auge Afrikas, von Laurens van der Post.

Buchtitel: Das dunkle Auge Afrikas
Autor: Laurens van der Post
Originaltitel: The Face Beside the Fire
Übersetzung: Friedrich Schwarz
Verlag: Diogenes
Zürich, 1994
ISBN 3257229380 / ISBN 3-257-22938-0
Originalbroschur, 11x18 cm, 216 Seiten