Das Deutsche Reich in der Südsee (1900—1921), von Hermann Joseph Hiery

Das Deutsche Reich in der Südsee (1900—1921). Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen, von Hermann Joseph Hiery. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Band 37. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen und Zürich, 1995. ISBN 3525363222 / ISBN 3-525-36322-2

Das Deutsche Reich in der Südsee (1900—1921). Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen, von Hermann Joseph Hiery. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Band 37. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen und Zürich, 1995. ISBN 3525363222 / ISBN 3-525-36322-2

Das Deutsche Reich in der Südsee (1900—1921), von Hermann Joseph Hiery. Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen.

I. Die Südsee, die Deutschen und das Deutsche Reich

Was wollte das Deutsche Reich in der Südsee? Eine Frage, die leicht gestellt ist, aber ganz und gar nicht so einfach beantwortet werden kann. Die ersten Deutschen, die vor der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Pazifik kamen, trieben zweifellos vornehmlich ökonomische Interessen in eine Gegend, die so extrem weit von heimischen Stützpunkten und Handelszentren entfernt war. Zunächst garantierte der Handel auf der Grundlage von Wal- (vor allem das für Kerzen-und Seifenherstellung wichtige Tran) und Kokosnußprodukten (der bearbeitete Kokosnußkern, die Kopra, diente insbesondere der Margarine- und Speisefettzubereitung) trotz der Ferne und den damit verbundenen kaufmännischen Risiken beachtliche Gewinnspannen. Dies änderte sich mit der zunehmenden Unabhängigkeit Zentraleuropas von der Kerzenproduktion und dem Wechsel in den jährlichen Wanderungsbewegungen der Wale. Mit der Ablehnung der Protektoratsübernahme Fidschis durch den Preußenkönig Wilhelm, den späteren deutschen Kaiser, schien der zumeist hamburgische und bremische Handel in der Südsee auch politisch der Dominanz der Franzosen und vor allem der Briten ausgesetzt. Daß dies auch direkten ökonomischen Schaden bedeutete, zeigte sich sofort, nachdem Fidschi britische Kronkolonie geworden war. Als dort die Landansprüche deutscher Pflanzer und Händler zugunsten der Briten einkassiert wurden, machten die geschädigten Deutschen das Reich wegen unterlassener Hilfeleistung verantwortlich und klagten vor dem Reichsgericht in Leipzig auf Entschädigung. Zeitlich fiel dies zusammen mit einer ähnlichen Entwicklung in Samoa und Neuguinea, wo britisch-australische Interessen deutsche Ansprüche ebenfalls auszugrenzen drohten. In dieser Situation handelte der Kanzler und entschloß sich zu einer aktiveren Kolonialpolitik, indem er, wie bekannt, den in der Neu-Guinea-Compagnie zusammengeschlossenen deutschen Wirtschaftsinteressen den diplomatischen Schutz des Reiches versicherte. Die Änderung in der Haltung Bismarcks gegenüber einer deutschen Kolonialpolitik ist also nicht nur, wie traditionell immer wieder behauptet, primär auf die westafrikanische Situation zurückzuführen, sondern es gab auch in der pazifischen Konstellation genügend Gründe, die über die Entscheidung des Reichsgerichts Bismarcks Einstellung zur Kolonialfrage beeinflußt haben können. Neu-Guinea-Compagnie bitter erfahren hatte müssen. Die Marshallinseln hatten zwar seit 1901 eine positive Handelsbilanz, aber die Bedeutung der dorthin eingeführten und von dort ausgeführten Waren war doch gering. Bei der Übernahme des Gebietes von der Jaluitgesellschaft 1905/06 entsprach der Wert des Hauptexportproduktes der Inseln, der Kopra, ziemlich genau dem jährlichen Steueraufkommen der Stadt Hildesheim, der Gesamthandel dem der Fischausbeute im Stettiner Haff. Bis zum Ausbruch des Krieges änderte sich an der negativen ökonomischen Ausgangssituation für Deutschland wenig. Daß die deutschen Kolonien für das Reich wirtschaftlich von wenig Wert waren, ist längst bekannt. Von Deutschland aus gesehen, war die Südsee nicht nur geographisch äußerste Peripherie. War der Anteil der deutschen Kolonien am deutschen Gesamthandel minimal, so war derjenige der pazifischen Kolonien marginal. Dem Geldwert nach trug die deutsche Südsee bei den Importen ins Reich 1900 nur 10,9 Prozent zum Gesamtaufkommen aller deutschen Kolonien bei, 1913 waren es knapp ein Fünftel. Zeitweise sank der Anteil auf 5,0 Prozent. Betrachtet man die Gesamtausfuhr Deutschlands in seine Kolonien näher, so wird noch deutlicher, wie sehr der Wirtschaft der Südsee für die Deutschen tatsächlich jener Quisquiliencharakter anhaftete, der immer wieder stillschweigend vorausgesetzt wird. Zu keinem Zeitpunkt überstieg ihr Beitrag 8,3 Prozent der Gesamtleistung der deutschen Kolonien. Dabei lag der Höhepunkt kurz nach der Jahrhundertwende; danach sank er auf durchgängig unter fünf Prozent. Die weite Entfernung von Deutschland und die zollrechtliche Gleichstellung der ausländischen Konkurrenten machte den Pazifik für deutsche Exporteure wenig interessant, begünstigte aber den Handel mit den pazifischen Nachbarn, eine Tatsache, auf die später noch einmal zurückzukommen sein wird. [...]

Dies ist ein Auszug aus: Das Deutsche Reich in der Südsee (1900—1921). Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen, von Hermann Joseph Hiery.

Titel: Das deutsche Reich in der Südsee
Untertitel: Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen
Autor: Hermann Joseph Hiery
Reihe: Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Band 37
Herausgeber: Adolf M. Birke
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Göttingen und Zürich, 1995
ISBN 3525363222 / ISBN 3-525-36322-2
Original-Kartoneinband, Original-Schutzumschlag, 16 x 23 cm, 353 Seiten, 10 Tabellen, 14 sw-Abbildungen

Hiery, Hermann J. im Namibiana-Buchangebot

Das Deutsche Reich in der Südsee (1900-1921)

Das Deutsche Reich in der Südsee (1900-1921)

Das deutsche Reich in der Südsee. Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen.

Bilder aus der deutschen Südsee

Bilder aus der deutschen Südsee

Bilder aus der deutschen Südsee zeigt seltene und unveröffentlichte Fotografien der Zeit 1884-1914 aus den deutschen Kolonien im Pazifik und der Südsee.