Burenfoxtrott, von Eben Venter

Burenfoxtrott, von Eben Venter. Claassen Verlag. Hildesheim, 1996. ISBN 3546001052 /  ISBN 3-546-00105-2

Burenfoxtrott, von Eben Venter. Claassen Verlag. Hildesheim, 1996. ISBN 3546001052 / ISBN 3-546-00105-2

Eben Venters Roman "Burenfoxtrott" wird nachgesagt, daß man eine vergüglichere, zärtlichere, trunkenere und endgültigere literarische Abschiedsparty vom alten Südafrika kaum finden wird.

Eben Venter  

Das Picknick unter dem Pfefferbaum

Es war im August des Jahres der Notstandsgesetze, als ich, Petrus Steenekamp, den Schrei zum ersten Mal hörte. Dort, unter jenem Pfefferbaum, waren wir dabei, unser Frühstück aus einem Korb auszupacken. Der Schrei gellte über das Weideland zu uns herüber. Sein Ursprung, so wurde mir augenblicklich klar, lag auf dem Rhinozerosberg, vier- oder fünfhundert Schritte von uns entfernt. Der Schrei erinnerte an den schweren, fleischigen Leib eines Tieres. Sein Kopf klang scharf, wie ein Warnschrei angesichts einer Schlange. Der mittlere Teil des Schreies, der Körper, ließ uns regungslos mitten in unseren Bewegungen verharren. Hendrik Douw Steenekamp, mein Vater, gefror gleichsam zu Eis, noch mit dem Absatz des Schuhs in der Luft, auf dem er gerade seine Pfeife ausklopfen wollte. Die Angst färbte sein Gesicht weiß. Meine Mutter Iris hielt die aufgedrehte Warmhaltekanne mit dem Kaffee halb vornübergekippt in der rechten Hand. Allmächtiger Herrgott! Der Schrei stammte von einem Menschen. Obwohl alle dies später bestritten, und ich selbst schließlich auch daran zu zweifeln begann. Denn wer hätte jemals einen Menschen so brüllen hören? Als ob jemandem die Gedärme aus dem Leib gerissen würden. Meine Oma Lahe saß zitternd, eine Angoradecke um die Beine gewickelt, auf der weiß gestrichenen Bank. Unter ihrem Mieder bildete sich Gänsehaut, wie ein Ausschlag. Doch der Schwanz des Schreies war das Schrecklichste, denn er wollte nicht enden. Sein Echo hallt jetzt noch rauh in meinem Innenohr wider. Der Nachhall des Schreies war wirklich tierisch; er erinnerte an die panische Angst eines Tieres, die auf den Einschnitt des Schlachtermessers folgt. Der zähe Schlaf einer frühmorgendlichen Reise ersparte Mirtel und dem kleinen Hennie dieses Grauen. Auf dem Rücksitz von Hendrik Douws Pontiac Parisienne lagen sie wie junge Hunde zusammengerollt unter einer Reisedecke. Und doch stellten sie später, als wir sie mit Eiern und Butterbroten weckten, Fragen über einen Hund am Straßenrand. »Was denn für ein Hund? Hier ist nirgendwo ein Hund.« Hendrik rieb mit einem weißen Taschentuch über sein Gesicht; sein Versuch, seine Pfeife richtig anzuzünden, machte ihn ungeduldig. Seine gewohnte melancholische Stimmung schlug auf einmal um in eine Gereiztheit, die ihn von da an einfach so, ohne ersichtlichen Grund, begleiten würde. »Der Hund am Straßenrand«, sagte Hennie, »unter dem Autoreifen, der Hund hängt am Autoreifen«, versuchte er es zu erklären. »Wovon redest du denn? Geh und schau doch selber nach, ob etwas am Reifen hängt, hier, nimm dir ein Butterbrot mit«, sagte Iris. Hennie drehte sich nach den Reifen am Pontiac seines Vaters um, wagte sich aber nicht näher heran. Als er sein Butterbrot mit Aprikosenmarmelade aus Iris' Hand nehmen wollte, hielt sie es so dicht vor ihren Körper, daß man es unmöglich als hinhalten bezeichnen konnte. »Siehst du«, schrie Hennie als Reaktion auf die Fremdheit im Verhalten seiner Mutter. »Siehst du«, und mehr brachte er dann nicht heraus. Fast gleichzeitig griff sich Iris an den Mund, ihre Hände noch immer in mauvefarbenen Handschuhen, schockiert über ihre eigene merkwürdige Reaktion. Der kleine Hennie blickte unsicher seine Mutter an und drehte sich dann ruckartig zu den Reifen des Pontiac um: »Der Hund wollte nicht totgehen, Mama. Er ist im hohen Gras am Straßenrand weggekrochen«, behauptete er und fing gleich darauf an zu weinen. »Ich habe den Hund auch gehört. Ganz lange, er hat gar nicht mehr aufgehört zu heulen. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Roman: Burenfoxtrott, von Eben Venter.

Titel: Burenfoxtrott
Autor: Eben Venter
Übersetzung: Stefanie Schäfer
Genre: Südafrika-Roman
Verlag: Claassen Verlag
Hildesheim, 1996
ISBN 3546001052 / ISBN 3-546-00105-2
Original-Kartoneinband, Originalschutzumschlag, 14 x 21 cm, 348 Seiten

Venter, Eben im Namibiana-Buchangebot

Burenfoxtrott

Burenfoxtrott

Der Südafrika-Roman "Burenfoxtrott" erschien im Original unter dem afrikaansen Titel: "Foxtrott van die vleiseters".