»Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia, von Sebastian Justke

»Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia, von Sebastian Justke. Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 59. allstein Verlag. Göttingen, 2020. ISBN 9783835336407 / ISBN 978-3-8353-3640-7

»Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia, von Sebastian Justke. Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 59. allstein Verlag. Göttingen, 2020. ISBN 9783835336407 / ISBN 978-3-8353-3640-7

»Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia, von Sebastian Justke. Aus der Einleitung:

Im August und September 1966 besuchte ein westdeutscher evangelischer Pfarrer Südafrika. Während einer sechswöchigen Rundreise hielt er Vorträge und führte Gespräche mit Geistlichen, Politikern und anderen gesellschaftlichen Akteuren des Landes. Bei einem dieser Anlässe äußerte der Pfarrer die Meinung, dass »der Rassenhaß zwischen den Völkern eine viel größere Bedrohung des Weltfriedens darstelle als etwa der Ost-West-Konflikt«, woraufhin ihn ein Beamter der südafrikanischen Sicherheitspolizei als »bloody Communist« beschimpfte. Bei dem westdeutschen Pfarrer handelte es sich um Martin Niemöller, einen der wohl bekanntesten deutschen Theologen des 20. Jahrhunderts. Er war nach Südafrika gereist, um Antworten auf »einige von den vielen Fragen« zu finden, die bei »jedem Gedanken an Südafrika aufs neue auftauchen« würden. Die »vielen Fragen« betrafen die Politik der »Apartheid«, die nach dem Wahlsieg der »Nationalen Partei« (NP) im Mai 1948 sukzessive mit einer Vielzahl an Gesetzen umgesetzt wurde. Die Apartheidpolitik zielte darauf, die Vormachtstellung der Weißen Minderheit in Südafrika zu sichern, indem sie die nach »Rassen« klassifizierten Bevölkerungsgruppen in allen Lebensbereichen systematisch und rigoros zu trennen versuchte. Diese Politik wurde auch in Namibia angewandt, das während der Apartheidära durchgehend - in direkter oder indirekter Form -unter südafrikanischer Kontrolle stand. Mit seiner Reise verursachte Niemöller in Südafrika gehörigen Wirbel. Abgesehen von Besuchen prominenter Politiker wie dem CSU-Vorsitzenden Franz Joseph Strauß oder dem US-amerikanischen Senator Robert F. Kennedy erfuhr im Jahr 1966 »kein ausländischer Gast ein derartiges Presse-Echo« wie Pfarrer Martin Niemöller. Dem Besuch des westdeutschen Geistlichen wurde auch deswegen so viel Aufmerksamkeit zuteil, weil dem christlichen Glauben und den christlichen Kirchen während der Apartheidära wichtige Rollen in der Gesellschaft des südlichen Afrika zukamen. Die Regierungspartei war eng verflochten mit der afrikaanssprachigen reformierten Kirche, der »Nederduitse Gereformeerde Kerk« (NGK), die bis in die 1980er Jahre hinein versuchte, die Apartheid theologisch zu legitimieren. Zudem waren ausländische Geistliche bereits in den 1950er Jahren als Apartheidkritiker aufgetreten und in einigen Fällen des Landes verwiesen worden. Die südafrikanische Regierung betrachtete seit dieser Zeit ausländische Geistliche, die sich für kurze oder längere Zeit im südlichen Afrika aufhielten, mit Argwohn. Martin Niemöller traf dieses Misstrauen noch in besonderer Weise, da er dem apartheid- und rassismuskritischen »Ökumenischen Rat der Kirchen« (ORK) angehörte, der bei der südafrikanischen Regierung nicht wohlgelitten war. Während Niemöllers Reise in Südafrika und den dortigen Kirchen auf große Resonanz stieß, blieb sie in der kirchlichen Öffentlichkeit der Bundesrepublik weitgehend unbeachtet. Im Jahr 1966 war die Apartheid in Südafrika noch kein Thema, das große Aufmerksamkeit im westdeutschen Protestantismus erregte, obwohl die evangelischen Kirchen seit dem 19. Jahrhundert aufgrund der Geschichte der deutschen Auswanderung, der evangelischen Mission und des deutschen Kolonialismus enge Verbindungen nach Südafrika und Namibia unterhielten. In dieser Tradition pflegte die 1945 neu gegründete »Evangelische Kirche in Deutschland« (EKD) enge Beziehungen zu den »evangelischen Kirchengemeinschaften und Gemeinden, Pfarrern und Gemeindegliedern deutscher Herkunft« in Südafrika und Namibia. Die Mitglieder dieser Kirchengemeinschaften und Gemeinden fühlten sich einer von ihnen als »deutsch« angenommenen kirchlichen Tradition und Kultur verpflichtet und gehörten ausnahmslos der Weißen Minderheitsbevölkerung an. Dass die EKD diese »Auslandsgemeinden« finanziell und personell unterstützte, wurde in der kirchlichen Öffentlichkeit nicht thematisiert. Dies änderte sich im Februar 1972, als eine Gruppe von ehemals in Südafrika tätigen Pfarrern und Missionaren an die Öffentlichkeit trat und einen Abbruch der Beziehungen forderte. Diese Gruppe von westdeutschen evangelischen Geistlichen, die sich kurze Zeit später »Mainzer Arbeitskreis Südliches Afrika« (MAKSA) nannte, begründete ihre Forderungen damit, dass sich die »Mehrheit der Glieder deutscher Gemeinden« in Südafrika und Namibia dem »rassistischen System« angepasst hätten und es unterstützen würden. [...]

Dies ist ein Auszug aus: »Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia, von Sebastian Justke.

Titel: »Brückenbauen« gegen Apartheid?
Untertitel: Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia
Autor: Sebastian Justke
Reihe: Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 59
Herausgeber: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg
Verlag: Wallstein Verlag
Göttingen, 2020
ISBN 9783835336407 / ISBN 978-3-8353-3640-7
Kartoneinband, Schutzumschlag, 14 x 22 cm, 496 Seiten, 17 Abbildungen

Justke, Sebastian im Namibiana-Buchangebot

»Brückenbauen« gegen Apartheid? Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia

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»Brückenbauen« gegen Apartheid? Erfahrungen und Reaktionen evangelischer Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia.