Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an, von Per Wästberg.

Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an, von Per Wästberg. Hans Deutsch Verlag. Wien, Stuttgart, Basel 1963

Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an, von Per Wästberg. Hans Deutsch Verlag. Wien, Stuttgart, Basel 1963

1959 unternahm der begabte schwedische Stipendiat Per Wästberg mit seiner Ehefrau eine Studienreise in das südliche Afrika, während dieser er zahlreiche Persönlichkeiten dieser Zeit interviewte. Sein 1963 auch in Deutsch erschienenes Buch "Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an" berichtet davon.

Per Wästberg  

Hinter dem Maisvorhang

Wir flogen mit der Südafrikanischen Fluglinie von Salisbury nach Johannesburg. Mir war, als sängen die Propeller: fort, fort, fort! Wir schauten auf die Hochebene hinunter: dort lagen Enkeldoorn und Fort Victoria und die Ruinen von Zimbabwe. Die kleinen Städte glichen einander, und an ihrem Rande sah man Haufen von Bienenkörben: die afrikanischen Lokationen. Auch dort war Sonntagmorgen. Die weißen Pioniere, die vor einem Menschenalter Rhodesien eroberten, waren in entgegengesetzter Richtung gezogen. Sie hatten sich gen Norden  vorwärtsgekämpft, dem Unbekannten entgegen. Wir flogen zur Küste, wir wollten das Land sehen, aus dem sie kamen, und in diesem Sinne reisten auch wir dem Unbekannten entgegen. Das Afrika, das nicht mehr so sehr Afrika in der üblichen Vorstellung war, die Zivilisation dort, die materiell als die höchste dieses Kontinents galt, die Lebensweise, in der wir unsere eigene wiedererkennen sollten. Das alles barg Rätsel, die sich schwerer lösen ließen als die von Zimbabwe. Wir hatten keinerlei Absicht, sie zu entschleiern. Aber wenn man eine Zeitlang in ihrer Nähe weilte, dann konnte das zumindest die eigene Situation beleuchten. Wir verließen Zentralafrika, den Pufferstaat zwischen schwarzem und weißem Nationalismus, wie ihn die Propaganda zu nennen pflegt. Unser dortiger Aufenthalt kam uns wie eine mehr als lange Zeit vor. Wir fühlten uns so heimisch im Lande, daß wir seine Staatszugehörigkeit verdient hätten. Aber in Ländern der Rassenunterdrückung ist die einzige Staatsbürgerschaft, die nicht so schnell ihre Gültigkeit verliert, der Wink, daß man dort nicht wohlgelitten ist. Die Stewardeß gab meiner Frau ein Buch mit dem Titel: Südafrikanischer Fragesport. Der ausländische Gast stellte darin hundert Fragen, und der Staat beantwortete sie. Frage 23: „Wie ist die Einstellung des Weißen zum Nichtweißen?" Antwort: „Im großen und ganzen sehen die Weißen in den Nichtweißen Menschen, die der Leitung und Hilfe bedürfen, um sich entwickeln zu können, und die Einstellung des weißen Mannes gegenüber seinem weniger entwickelten nichtweißen Landsmann läßt sich am besten als wohlwollend beschreiben. Man bemüht sich, dieses Verhältnis zwischen Weißen und Nichtweißen in den Gesetzen des Landes zu widerspiegeln." Ganz hinten im Flugzeug saß ein Afrikaner und las in dem gleichen Buch. Er blickte auf, als der Pilot uns mitteilte, wir flögen nun in die Südafrikanische Union ein. Unter uns befand sich der Limpopo, der Grenzfluß, der jetzt in der Dürrezeit nur ein blaugrauer Strich zwischen zwei Hochplateaus war. Braungebranntes Baobab-Land auf der rhodesischen Seite, aber südlich des Flusses bemerkten wir, eingebettet zwischen die Hügel, Gruben und Citrusplantagen. Gespannt sahen wir der Begegnung mit Südafrika entgegen. Wir hofften, uns der Heuchelei und Schablone entziehen zu können. Südafrika hatte, im Gegensatz zu Rhodesien, keine einheitliche weiße Front; die Zersplitterung unter den europäischen Gruppen bewirkte, daß die Nachrichtenübermittlung gut war. Es würde leichter sein, es mit einer Regierung zu tun zu haben, die ihre Absichten offen enthüllte, als mit einer, die tat, was sie wollte. Auch das Fragesportbuch war in seiner Art ehrlich: es verwies auf die Gesetze des Landes. Als wir des Fragens müde geworden waren, bekamen wir eine Nummer der „Pretoria News" und lasen darin, daß im vergangenen Jahre 93.775 Menschen 188.542 Peitschenhiebe bekommen hatten. Die Zahlen wurden kommentarlos gegeben. Ein Land, das solch eine Statistik absichtlich veröffentlichte, konnte sich mit keinem anderen Land vergleichen. Und da erinnerten wir uns an einen katholischen Pfarrer, der uns in Salisbury besuchte. Er hatte uns von der Teufelsparade der Kinder in Bloemfontein erzählt. [...]

Dies ist ein Auszug aus dem Reisebericht: Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an, von Per Wästberg.

Titel: Auf der schwarzen Liste
Untertitel: Tatsachen aus Afrika klagen an
Autor: Per Wästberg
Genre: Politischer Reisebericht
Verlag: Hans Deutsch Verlag
Wien, Stuttgart, Basel 1963
Originalbroschur, xxxxxxxxxxxxxxxxx, 331 Seiten, sw-Fotos

Wästberg, Per im Namibiana-Buchangebot

Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an

Auf der schwarzen Liste. Tatsachen aus Afrika klagen an

"Auf der schwarzen Liste: Tatsachen aus Afrika klagen an" ist ein politisierender Reisebericht aus Südafrika und Rhodesien von 1959.

Weitere Buchempfehlungen

Südafrika (Merian-Heft 12/1969)

Südafrika (Merian-Heft 12/1969)

Dieses Südafrika-Magazin erschien 1969 und gehört zu der Merian-Reihe "Monatsheft der Städte und Landschaften" des Hoffman und Campe Verlag.

Mooi Loop: Bantoe Keurverhale

Mooi Loop: Bantoe Keurverhale

Mooi Loop is 'n rare en versoenende bundel van "Bantoe" keurverhale uit 1955.

Der Ehrengast

Der Ehrengast

Der berühmte Roman 'Der Ehrengast' ist eine poetische Parabel über das politische Dilemma Schwarzafrikas und die Geschichte einer großen Liebe.

Niemand, der mit mir geht

Niemand, der mit mir geht

Niemand, der mit mir geht ist ein leidenschaftlicher Roman von den politischen und gesellschaftlichen Veränderung in Südafrika.