Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika, von Erwin Sandelowsky

Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika, von Erwin Sandelowsky. 9. Auflage. Windhoek 2003 (ISBN 9991640363 / ISBN 99916-40-36-3)

Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika, von Erwin Sandelowsky. 9. Auflage. Windhoek 2003 (ISBN 9991640363 / ISBN 99916-40-36-3)

Erwin Sandelowsky gab in den 1960er und 1970er Jahren diese für Südwestafrika typischen Stories und Gedichte im Selbstverlag heraus, die unter dem Titel Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika recht populär waren. Diese Auflage wurde nach seinem Tod von der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft herausgegeben.

(...) Als der zweite Weltkrieg vorbei war und Handels- so wie Farmwirtschaft wieder auf normale Touren wollten, stellte sich enormer Männermangel ein. Viele Internierte hatten sich während des Krieges nach Deutschland repatriieren lassen, viele waren in der Union hängen geblieben und die meisten jungen Leute hatte man noch nicht aus der Armee entlassen. Farmverwalter waren Mangelware. Und so wurde manch einer Farmverwalter, der sich dafür eignete wie der Igel zum Sofakissen. Darüber stand eines Tages von Karin Harms amüsant in der Zeitung zu lesen: Wir hatten einen, der sagte: „die Mädchen müssen im Sturm erobert werden." Wenn mein Vater das erzählte, nahm er die Pfeife aus dem Mund, warf den Kopf in den Nacken und lachte sein volldröhnendes Männerlachen, das ich so gerne hörte. Leider ging ich damals noch sommersprossenbetupft und barfuß in die Schule. Das hat mir immer leid getan. Ich wäre so gern mal im Sturm erobert worden. Wir hatten auch mal einen jungen starken Naturburschen, gebaut wie ein Preisboxer. Wie er mir versicherte, hat die Kost seiner Kindheit nur aus Maispapp, Milch und Fleisch bestanden, seitdem stehe ich sämtlichen Vitamin- und anderen Ernährungstheorien skeptisch gegenüber. Er hatte das gutmütigste Gesicht der Welt, und hinter den billigen Brillengläsern in ihrer dünnen Metallfassung saßen die treuherzigsten blauen Augen. Er war jung verheiratet und hatte Angst vor Geistern. Bei uns im Haus würde es spuken. Ob er nicht am Posten, zehn Meilen von uns entfernt, wohnen dürfte? Wir lächelten. Natürlich! Es spukte nicht bei uns, sondern am Posten. Mit Beestern. Nachdem er das dritte Lot verschoben hatte, faßte ihn die Polizei. In der männerlosen, der schrecklichen Zeit hatten wir einen Farmverwalter angenommen, der zwar noch blutjung war, aber ein bestechend selbstsicheres Auftreten hatte. Er sah immer aus wie aus dem Ei gepellt. Jeden Morgen erschien er frisch wie ein Frühlingstag in weißem Hemd, Hose und Kniestrümpfen. Nach 14 Tagen wollte unser Waschweib kündigen. Nach acht Tagen legten sämtliche Ovambos die Arbeit nieder: „Mister Mooikak." Ich hielt ein langes Palaver. „Das ist grundverkehrt", meinte mein Frühlingstag, „gehen lassen, gehen lassen! Da muß man eisern sein!" - „Wollen Sie dann die Schafe aufpassen?" wagte ich einzuwenden. Nein, das allerdings wollte er nicht. Kurz darauf sollte mein erster Ochsenverkauf steigen. „Das lassen Sie mich man machen", meinte er. „Ich springe mit den Viehhändlern um, daß ihnen hören und sehen vergeht. Mich kann keiner übers Ohr hauen". Ich war kleinlaut, wollte es aber doch erst selbst mal versuchen. Im Kraal ging der Handel los. £10? Ich schüttelte den Kopf. £10.10?, £10.15?, £11!! der Händler wand sich in Nöten. £11.5?, nein! Er rang die Hände: £11.10, keinen Penny würde er an den Ochsen verdienen. Da kam mein Frühlingstag forsch auf mich zugeschritten, mit lauter Stimme: „Dafür müssen Sie unbedingt losschlagen! Blendender Preis! Das sind diese hochbeinigen Biester gar nicht wert!" Unsere schönen fetten, roten Ochsen - hochbeinige Biester? Ich kochte. Ich sah ihn an mit einem Blick, der zerschmettern sollte. Die Ochsen gingen weg mit £12.10. Wir hatten auch mal einen, der war poetisch veranlagt. Später würde er ein Buch schreiben, wenn er genug Stoff gesammelt hätte. Vorerst las er in schönem Bildungsdrang meine sämtlichen Bücher durch. Wenn man einen Brief schrieb, stellte er sich, frei von allen lästigen Hemmungen neben einen und las über die Schulter mit. Das war wohl seine dichterische Freiheit. (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika, von Erwin Sandelowsky.

Buchtitel: Anekdoten, Lieder mit Noten, und die alten Geschichten von Deutsch-Südwestafrika
Autor: Erwin Sandelowsky
Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft / Kuiseb Verlag, Namibia
9. Auflage. Windhoek 2003
ISBN 9991640363 / ISBN 99916-40-36-3
Broschur, 15 x 21 cm, 88 Seiten, etliche sw-Fotos

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