Afrikanischer Heimatkalender 1981, von Wolfgang Erich Wendt et al.

Afrikanischer Heimatkalender 1981, von Wolfgang Erich Wendt et al. Informationsausschuss der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Südwestafrika. Windhoek, 1981.

Aus dem Jahrbuch Afrikanischer Heimatkalender 1981 stammen die Aufzeichnungen über die letzten Sammler und Jäger aus der südlichen Namib, von Dr. Wolfgang Erich Wendt (W. E. Wendt).

Wolfgang Erich Wendt  

Die letzten Sammler und Jäger aus der südlichen Namib, von Beiträge zur Geschichte

Am 15. Juni 1931 war in der Lüderitzbuchter Zeitung folgende Meldung erschienen: „DIE BUSCHLEUTE, die, wie kürzlich gemeldet, zwischen Orange und Witpütz verhaftet wurden, sind gestern mit der Bahn in Lüderitzbucht eingetroffen. Es kamen neun Buschleute beiderlei Geschlechts, darunter ein Säugling. Vier kleine Kinder wurden in Aus in der Obhut der katholischen Mission zurückgelassen. Es ist dies ein ganzer Stamm, der aus sechzehn Köpfen besteht, und dürfte wohl der letzte Buschmannstamm in dieser Gegend sein. Drei Mann, die sich auf Jagd befanden, wurden nicht mitverhaftet. Der Polizist van Zyl von Oranjemund hatte nur in Begleitung eines Eingeborenen-Polizisten die Spuren der Buschleute, die wegen Viehdiebstählen und wegen eines vor zwei Jahren verübten Mordes gesucht werden, verfolgt. Nachdem er drei Buschleute gefangen hatte, ließ er sie unter Bewachung des Eingeborenen-Polizisten Wasser suchen. Er selbst verfolgte den Rest des Stammes weiter. Er traf diesen, wurde von einer Meute von zwölf Hunden, die den Buschleuten gehörte, angefallen. Nachdem er einen Hund erschossen hatte, zeigten die Buschleute Angst und ließen sich gefangen nehmen. Es war dies ein sehr mutiges Vorgehen, denn Buschleute sind sehr hinterlistig, überdies hatten sie für den Nahkampf sehr gefährliche Waffen bei sich. Der Polizist mußte zwei Tage lang allein die gefangenen Buschleute bewachen, so daß er keinen Schlaf fand. Mit den Buschleuten brachte er auch eine Menge ihnen abgenommene Waffen, Assagais und Giftpfeile, sowie die zum Vergiften der Pfeile gebrauchten Tiegel und Giftkugeln mit. Der Mord, wegen dessen zwei der Buschleute gesucht werden, war die bei Buschleuten übliche Blutrache. Bei Witpütz war eine Buschmannfrau ermordet worden und ihre Söhne hatten darauf den Täter ausfindig gemacht und ihrerseits wieder getötet. Unter den Eingeborenen Lüderitzbuchts hat dieser Buschmannstamm großes Aufsehen erregt. Heute vormittag fanden sich Eingeborene zahlreich vor der Polizeistation ein, um die Buschleute, als sie in den Gerichtssaal zur Voruntersuchung geführt wurden, zu sehen. Der Häuptling des Stammes ist ein recht bejahrter Herr, sein eigenes Alter vermag er nicht anzugeben, aber sein ältester Sohn, der sich auch unter den Gefangenen befindet, wurde in dem Jahre geboren, in welchem die Deutschen Besitz von Südwest ergriffen (1884)." Aufgrund dieser Ausführungen muß jeder Leser auch heute noch den Eindruck gewinnen, daß es damals durch eine gezielte und bravouröse Aktion der Polizei gelungen war, eine seit zwei Jahren gesuchte verwegene Räuber- und Mörderbande endlich aufzuspüren und festzunehmen. Man wundert sich allerdings, weshalb in diesem Falle nicht ein stärkeres Polizeiaufgebot ausgeschickt worden war, um einer solchen, aus mehreren erwachsenen Männern bestehenden, mit gefahrlichen Waffen ausgerüsteten, hinterlistigen und gewiß vor nichts zurückschreckenden Bande habhaft zu werden. Nun, in Wirklichkeit lag der Fall völlig anders als es in der zitierten Sensationsmeldung dargestellt worden war. Erfreulicherweise sind im Staatsarchiv Windhoek noch die Gerichtsakten jenes Falles vorhanden. Außerdem ist aus dem Nachlaß des viele Jahre in Lüderitzbucht praktizierenden Arztes Dr. Otto von Lossow ein Notizheft mit mancherlei Aufzeichnungen und Fotos in den Besitz der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft gelangt, das mir Herr Dr. Hans-Joachim Rust vor einiger Zeit zur Auswertung übergeben hat. Darin sind auch zahlreiche Fotos, von denen hier eine Auswahl reproduziert wird, jener „Buschleute" enthalten und einige von Dr. von Lossow ermittelte Informationen über jene Personen verzeichnet worden.  [...]

Dies ist ein Auszug aus: Afrikanischer Heimatkalender 1981, von Wolfgang Erich Wendt et al.

Titel: Afrikanischer Heimatkalender 1981
Reihe: Afrikanischer Heimatkalender
Herausgeber: DELK/Informationsausschuss der Ev.-Luth. Kirche in Namibia
Verlag: Afrikanischer Heimatkalender
Windhoek, S.W.A./Namibia 1981
Originalbroschur, 17 x 24 cm, 148 Seiten, zahlreiche sw-Fotos