Afrika ist nicht nur schwarz, von Hans Jenny

Afrika ist nicht nur schwarz, von Hans Jenny. Econ-Verlag. Auflage. Düsseldorf, Wien 1961

Afrika ist nicht nur schwarz, von Hans Jenny. Econ-Verlag. Auflage. Düsseldorf, Wien 1961

Hans Jenny, der sich mehrere Jahre in Südafrika aufhielt, schrieb sein hochinteressantes Buch, Afrika ist nicht nur schwarz, auf Grund jahrelanger Studien der afrikanischen Geschichte und der politischen, kulturellen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklung.

Hans Jenny  

Goldgräber ohne Romantik: 2000 Meter unter Tag

Ein freundlicher Public Relations Officer empfing uns in Springs und begleitete uns in das Bade- und Umkleidehaus der East Geduld Mines Ltd., wo die Minenausrüstung, Bergschuhe, Bluse, Hose, Stahlhelm und Laterne, gefaßt wurde. Die Fahrt mit dem Drahtkorb in den Schacht erinnerte mich an den Besuch einer Kohlengrube im Ruhrgebiet. Auch die horizontalen Gänge mit den Rollbahnen und Verzweigungen zu den verschiedenen Abbaustellen sind kaum von jenen eines Kohlenbergwerks zu unterscheiden. Während sich aber die Steinkohle mit Preßlufthämmern aus dem Berg schlagen läßt, kann die viel härtere goldhaltige Quarzitschicht besser mit Dynamit gelöst werden. Die mit feinen Goldstäubchen durchsetzte Ader verläuft in einem Winkel von ca. 30 Grad zur Horizontale und ist nur etwa 80 Zentimeter stark. Die goldführenden Gesteinschichten, in Südafrika Banket genannt, stammen aus präkambrischer Zeit. Der Engine Boy, ein schwarzer Vorarbeiter, bohrt mit einem Preßluftmeißel 80 bis 90 Zentimeter tiefe Löcher in den Quarz, der weiße Mineur legt die Dynamitladung und die Zündschnüre. Nach durchgeführter Sprengung werden die aus dem Berg ge-spienen Steinbrocken durch die Masse der schwarzen Hilfsarbeiter in bereitstehende Rollwagen geschaufelt, zu den Fahrkörben gebracht und ans Tageslicht gefördert. Das gewonnene Material gelangt dann in die großen Wasch- und Brechanlagen, wo es durch Beimischen von Wasser gereinigt und mehrmals gemahlen wird. Durch Beigabe von Cyanidlauge löst sich das Gold chemisch auf. Der Abfall wandert zu den Dumps, jenen für das Industriegebiet rund um Johannesburg so typischen, prismaförmigen, gelbschimmernden Abraumhalden. Später wird clas Gold vom Cyanid durch Beigabe von Zinkstaub wieder getrennt. Die spezifisch schwereren Edelmetalle schlagen sich am Boden des Behälters nieder und werden im Ofen zu kopfgroßen Kegeln umgeschmolzen. Diese Kegel enthalten neben 87,4 v. H. reinem Gold noch 9 v. H. Silber und 3,6 v. H. andere Metalle. Für die Herstellung von Reingoldbarren haben die 55 südafrikanischen Goldminen eine eigene Raffinerie in Germiston eingerichtet. In den gemütlichen Häuschen mit den altholländischen Giebeln sind rund 100 Europäer und 72 Bantu damit beschäftigt, die noch unreinen „Goldköpfe" in 99 v. H. reines Gold umzuschmelzen. In Germiston wird mehr als die Hälfte des in der Welt produzierten Goldes raffiniert. Der Arbeitsprozeß ist so gut rationalisiert, daß die Kosten weniger als 11 Pfennig pro Unze* betragen. Einer der Betriebsleiter der Raffinerie legte uns einen 12 Kilo schweren Barren auf den Tisch und lud die Anwesenden ein, den Goldklotz mit einer einzigen Hand von der Platte zu heben. Niemand war dazu in der Lage. In früheren Jahren wurde der Barren demjenigen als Geschenk versprochen, dem das Kunststück gelang. Offenbar muß doch einmal ein Athlet erfolgreich gewesen sein, denn der Betriebsleiter unterließ es, uns ein ähnliches Versprechen zu machen. Es scheint, daß die romantischen Zeiten der Goldgräberei, wie sie uns noch in Romanen und Wildwestfilmen erzählt werden, endgültig vorbei sind. Die Goldgewinnung des 20. Jahrhunderts ist eine moderne Industrie, die jeglichen Zauber zufälligen Glücks verloren hat und sich im Prinzip nicht mehr von der Anfertigung von Schrauben oder Wäscheklammern unterscheidet. Um eine einzige Unze (31,1035 Gramm) Feingold zu gewinnen, müssen durchschnittlich fünf Tonnen Quarzit gebrochen werden. Nur mit modernsten Maschinen ist es möglich, diese Arbeit rationell und gewinnbringend zu bewältigen. Denn der Erlös aus einer Tonne Stein, in 2000 Meter Tiefe gesprengt und ans Tageslicht gebracht, mehrmals gebrochen, gewaschen, mit den anschließenden chemischen und metallurgischen Arbeitsgängen, beträgt nicht mehr als 25 DM. Im Jahre i960 mußten in Südafrika 71 Millionen Tonnen Felsen zerstampft werden, um daraus 770 Tonnen Feingold zu gewinnen. Es war eine Rekordproduktion, die niemals zuvor im Goldbergbau erreicht worden ist, aber 1961 voraussichtlich eine weitere Steigerung erfahren wird. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1961 wurden 11.205.440 Unzen produziert, 664.642 mehr als in der entsprechenden Zeit des Vorjahres. Niemand war in diesem hochindustrialisierten Land in der Lage, einen abgerissenen Koffergriff zu flicken oder die lahm gewordene Feder meiner Filmkamera auszuwechseln. Dreimal mußte die Kupplung an meinem Wagen erneuert werden, weil sie kein Mechaniker richtig einzubauen verstand. Aber die Schöpfung vollautomatischer Produktionsprozesse ist eine Sache, die Südafrika durch seine begabten Ingenieure bis zur letzten Perfektion entwickelt hat. Wie aber leben die Menschen, die in das Fließband der Automation eingeschaltet sind? (...)

Dies ist ein Auszug aus dem Buch: Afrika ist nicht nur schwarz, von Hans Jenny.

Titel: Afrika ist nicht nur schwarz
Autor: Hans Jenny
Verlag: Econ-Verlag
1. Auflage. Düsseldorf, Wien 1961
Original-Leineneinband, Original-Schutzumschlag, 15x22 cm, 328 Seiten, zahlreiche sw-Abbildungen

Jenny, Hans im Namibiana-Buchangebot

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