Theodor Leutwein

Theodor Leutwein war Oberst der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika.

Theodor Leutwein war Oberst der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika.

Theodor Leutwein war Oberst der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika.

Theodor Gotthilf Leutwein wurde am 09.05.1849 im badischen Strümpfelbrunn als Sohn von Adam und Sophie Leutwein geboren. Nach Schule und Offiziersausbildung trat er 1869 im Rang eines Leutnants in das 5. Badische Infanterie-Regiment Nr. 113 ein. Dort durchlief er die Ränge, ging 1874 seine erste Ehe mit Frieda Mammel, mit der er zwei Söhne und zwei Töchter hatte, darunter den späteren Schutztruppenoffizier und Schriftsteller Paul Leutwein, und wurde 1884 zum Hauptmann und Kompaniechef ernannt. Bis zu seiner Ernennung zum Major am 27.01.1893 diente Theodor Leutwein als Dozent an den Kriegsschulen von Neiße und Hersfeld sowie an der Militärakademie von Freiburg. Seine Stammeinheit war das 5. Brandenburgische  Infanterie-Regiment. Im November 1893 wurde er dem Auswärtigen Amt unterstellt und mit  dem noch inoffiziellen Auftrag, den dortigen Reichskommissar und Landeshauptmann Curt von François abzulösen, nach Deutsch-Südwestafrika entsandt. Zum Jahreswechsel von 1893/1894 traf Theodor Leutwein in Swakopmund ein und trat, formal Curt von François unterstellt, als Landeshauptmann seinen Dienst an. Die Übergangszeit bis zur Abreise und Heimkehr seines Vorgesetzten im August 1894 wurde von der militärischen Unterwerfung der Khauas Nama (Khauas-Hottentotten) am 24.02.1894, der standrechtlichen Erschießung des aufständischen Nama-Kapitäns Andreas Lambert begleitet. Mit der Übernahme der Amtsgeschäfte wurde der Wandel der Schutztruppe von einer privaten Ordnungsmacht in eine staatliche, die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika, vollzogen, deren erster Kommandeur Theodor Leutwein wurde. Am 27.08.1894 bekämpfte die neue Schutztruppe die Nama-Gruppe der Witbooi, die unter der Führung von Hendrik Witbooi standen, unter hohen Verlusten im Naukluft-Gebirge. In einer militärisch aussichtslosen Lage unterbreitete Hendrik Witbooi ein Übergabeangebot, das Theodor Leutwein ohne zu zögern annahm und das über zehn Jahre Bestand haben würde. In den Folgejahren gelangen ihm durch sein geschickt eingesetztes Herrschaftsprinzip des teile und herrsche weitere militärische, diplomatische und strategische Erfolge, die auf den kontinuierlichen Auf- und Ausbau der Kolonie gerichtet waren. Seine Prämissen im Umgang mit den in ihren Interessen oft widerstreitenden Bevölkerungsgruppen und ihren regionalen Führern, war im wesentlichen von Konzilianz, Ausgleich und Allianzen sowie im begrenzten Einsatz militärischer Mittel und punktueller Härte geprägt. Die Ende 1896 aufgetretene Rinderpest entwickelte sich im Folgejahr zu einer Epidemie und führte, zusammen mit einer ausgeprägten Trockenheit, zu erheblichen Verlusten und in Folge zu Armut in großen Teilen der Bevölkerung, zu Arbeitsemigration, Verschuldung und hohen Fleischpreisen, die wiederum die Begehrlichkeit nach unerschlossenem Land weckte und zu neuen Spannungen führte. Der Mangel an Ochsen ließ das bisherige Transportwesen, das sich hauptsächlich auf die Ochsenwagen stützte, nahezu vollständig zusammenbrechen. Theodor Leutwein gelang es noch im selben Jahr, die Voraussetzungen zum Bau einer Bahnstrecke von Swakopmund nach Windhoek zu schaffen, di als 600-mm-Spur am 19.06.1902 in Betrieb ging. 1896 war Theodor Leutwein von der Reichsregierung zum ersten Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika ernannt worden und trieb mit den damit verbundenen Vollmachten den Ausbau der Infrastruktur im Kommunikationswesen (Telegraphie und Post), Verkehrswesen (Straßen- und Eisenbahnbau) und der militärischen Stationen in Südwestafrika voran. Die wirtschaftliche Entwicklung nahm hierdurch schnell Fahrt auf und überschritt bald in ihrem Bedarf an Rechten und Ressourcen, die bis dahin unter Theodor Leutwein gewachsenen Möglichkeiten der deutschen Konsolidierung. Die Folgen waren einsetzende Unzufriedenheit, Ungeduld und Kritik an den als zu gemäßigt empfundenen Methoden des Gouverneurs. Am 22.05.1899 wurde er zum Oberstleutnant und am 16.06.1901 zum Oberst befördert. Die Ankündigung einer neuen, auf Schuldnerschutz angelegten Verordnung im Kreditwesen im Oktober 1903 führte dazu, daß unzählige Wanderhändler die üblichen Außenstände vorzeitig und mit besonderem Nachdruck eintrieben. Die daraus entstandene Unruhe führte bei der Namagruppe der Bondelswarts zu einer Eskalation von Gewalt bei Warmbad, bei der ihr Anführer Jan Abraham Christian und der deutsche Distriktchef Leutnant Walter Jobst am 25.10.1903 den Tod fanden. Noch während in Kalkfontein am 27.01.1904 unter der Regie Leutweins die Bondelswarts befriedet und entwaffnet wurden, brach der Hereroaufstand unter der Führung von Samuel Maharero aus. Theodor Leutwein sandte, während er in den ersten Februarwochen taktische Vorbereitungen als Kommandeur der Schutztruppe traf, Signale zur Verhandlungsbereitschaft an den Gegner aus, die über Missionar Kuhlmann einen unschlüssigen Samuel Maharero in Otjosonjati erreichten. Der Gouverneur warnte indessen öffentlich und in Richtung des Reichs vor Forderungen nach harten militärischen Racheakten, hatte aber, angesichts der 123 von Herero ermordeten deutschen Zivilisten, einen schwierigen Stand. Als am 13.04.1904 die Schutztruppe nach ersten Gefechten eine herbe Niederlage bei Oviumbo erlitt, forderte Theodor Leutwein Verstärkung für die Schutztruppe in Deutschland an und hielt sich bis zu deren Eintreffen zunächst zurück. In Deutschland sank dadurch sein Ansehen als militärischer Führer rapide, Vorwürfe der Feigheit und Unfähigkeit wurden durch Presse und Politik befeuert und martialische Szenarien diskutiert, wie der Aufstand in der Kolonie am besten beendet werden könne. Die in den Zeitungen gedruckten Appelle nach Rache und Genugtuung blieben auch in Südwestafrika nicht unbemerkt, sprachen sich schnell herum und sorgten für erhebliche Unruhe in der Bevölkerung, besonders unter den Nama, und soll diese nach der Entmachtung Leutweins darin bestärkt haben, ebenfalls den Aufstand zu wagen. Indessen war das berufliche Schicksal Theodor Leutweins in Deutschland besiegelt worden: die Reichsregierung entsandte den Veteranen des Ostasienfeldzuges General Lothar von Trotha auf den Kriegsschauplatz in Deutsch-Südwestafrika, der am 11.06.1904 anlandete und das Heft in die Hand nahm. Er übermittelte ihm seine Absetzung als Kommandeur der Schutztruppe, übernahm das Kommando und unterband weitere Verhandlungsversuche Leutweins mit den Herero. Theodor Leutwein, nach wie vor im Amt des Gouverneurs, spielte in den folgenden Monaten eine eher geduldete Rolle als subalterner militärischer Führer, überwarf sich hinsichtlich der militärischen Methoden und Ziele bald mit General Lothar von Trotha, ließ sich beurlauben und verließ das Land im Dezember 1904, vermutlich zusammen mit seinem Sohn, Paul Leutwein. Zurück in Deutschland, trat 1905 von seinem Gouverneursamt zurück, wurde am 22.04.1905 zum Generalmajor befördert und reichte im August desselben Jahres seinen Abschied ein. Sein Nachfolger im Amt des Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika wurde Friedrich von Lindequist. Generalmajor a. D. Theodor Leutwein, der sich 1904 noch größten Anfeindungen ausgesetzt sah, erlebte bald die Genugtuung, die Richtigkeit seiner damaligen Strategie des Verhandelns und der Nachsicht in der breiten Öffentlichkeit bestätigt zu sehen und dafür nachträglich gewürdigt zu werden. Die kompromißlose militärische Fixierung Lothar von Trothas, seine Unkundigkeit in den Besonderheiten des Landes und sein Unvermögen, den Rat erfahrener, landeskundiger Militärführer anzunehmen, hatte, neben den Führungsschwächen Samuel Mahareros, zur Eskalation des Herero- und Nama-Aufstandes beigetragen und zu schweren Zerwürfnissen mit seiner untergeordneten Kommandoebene geführt. Nach der Niederschlagung der Aufstände und der Abreise von Trothas, verbreitete sich schnell die Meinung, man hätte die Fäden der Macht besser in den Händen Leutweins gelassen. Dieser hatte sich derweil in Überlingen am Bodensee zur Ruhe gesetzt, heiratete 1906 seine zweite Ehefrau Claire Leutwein (1873-1967, geb. Milenz aus Danzig), mit der er einen Sohn hatte, und verstarb am 13.04.1921 in Freiburg im Breisgau, wo sein Grab noch heute auf dem Hauptfriedhof zu finden ist. Es wurde, nachdem in Freiburg keine Nachfahren von Theodor Leutwein mehr lebten, ab 1992 in privater Patenschaft gepflegt und erhalten. Ein Rest seines Nachlasses, der die Wirren des Zweiten Weltkrieges überstand, ist im Besitz der Bundesarchive Koblenz und Lichterfelde. In Windhoek wurde die Leutweinstraße nach dem ehemaligen Gouverneur benannt und 1993 von der SWAPO-dominierten Regierung nach dem Diktator Robert Mugabe, der in Simbabwe für die Verfolgung, Folterung und Ermordung zehntausender Menschen verantwortlich ist, umbenannt.

Literatur von Theodor Leutwein:

  • Elf Jahre als Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika (Berlin, 1906)
  • Die Konzessionsgesellschaften (in: Deutsche Revue, 1906)
  • Zur Besiedlungsfrage (in: Deutsche Revue, 1908)

Leutwein, Theodor im Namibiana-Buchangebot

Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika

Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika

Ausführliche Erinnerungen des Kommandeurs der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika an elf Jahre Dienst in der ehemaligen deutschen Kolonie.

Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika

Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika

Ausführliche Erinnerungen des Kommandeurs der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika an elf Jahre Dienst in der ehemaligen deutschen Kolonie.