Raka, von N. P. van Wyk Louw

Das Epos Raka, hier als hervorragende deutsche Übersetzung von Wilhelm Kellner, wurde von N. P. van Wyk Louw in Afrikaans gedichtet und 1941 veröffentlicht.

Das Epos Raka, hier als hervorragende deutsche Übersetzung von Wilhelm Kellner, wurde von N. P. van Wyk Louw in Afrikaans gedichtet und 1941 veröffentlicht.

Das Epos Raka, hier als hervorragende deutsche Übersetzung, wurde von N. P. van Wyk Louw in Afrikaans gedichtet und 1941 veröffentlicht.

Das 1941 veröffentlichte Versepos Raka, ist bis heute das meistgelesene Werk des südafrikanischen Poeten und Schriftstellers N.P. van Wyk Louw und zählt zu den Klassikern der Literaturgeschichte von Südafrika. Über das Epos, den Widerstreit des tierhaften Affenmenschen Raka gegen den afrikanischen Krieger Koki, der stellvertretend für die Kralgemeinschaft eines Dorfes steht, gibt es zahlose und kontroverse Interpretationen. Der tierhafte, weder gute noch böse Raka tötet Koki am Ende und nimmt eine, durch menschliche Provokation und animalische Gegengewalt entwickelte Position im Kraal ein, die ausschließlich durch Furcht, Durchbruch von Grenzen und Duldung der Unterlegenen zustande kommt. Mit Raka ist Fremdes und Furchteinflößendes, zunächst zurückhaltend, dann werbend und endlich, stets in Interaktion mit den abweisenden und zuletzt agressiven Bewohnern des Kraals, gewaltsam und rächend in deren Lebenskreis getreten. Hier endet das Epos und spricht mit dem letzten Satz Gewißheit, daß die Präsenz des Tiermenschen Raka in der menschlichen Gemeinschaft unumkehrbar sein wird: "...niemand hat je wieder gewagt mit einem Schlag das schmale Tor vor ihm zu verschliessen."

I: Rakas Ankunft

Die vroue het hom die eerste gewaar
 in die loom namiddag toe die arbeid klaar
 was – aan die stampblok, in die jong-groen landerye ...>

Es waren die Frauen, die zuerst ihn sahn
am schläfrigen Nachmittag, als die Arbeit getan
- am Stampfblock, in den junggrünen Länderein -
und sie zu dritt und zu viert in schmalen Reihn
mit Krug und gelber, windleichter Kalebasse
auf Schenkel und Schulter durch das spitzige Gras
geruhsam zu den kühlen Flußpferdlöchern liefen,
um dort zu trödeln bis zu der braunen, tiefen
Dämmerung und den ersten Sternen, mit feuchtem Sand
und weichem Morast um Knöchel und Hand,
um viel zu lachen und schwatzend zu stehn
oder zögernd einzeln ans Ufer zu gehn
durch die zähen Wasserlilien, nackt und licht ...
Raka, den Affenmenschen, der nicht
denken kann, der schwarz und düster ist, von Muskeln und Bein
ein geschmeidiger Bogen und Tier allein.

Drüben überm Wasser aus zerstampftem Gras
trat er heraus, und wie ein Kind über den Spaß
einer bunten Kalebasse still und zahnlos lacht,
hat er weiß gegrinst, sich niedergekauert und wartend gewacht.
Die Frauen waren dichter zusammengerückt
und hatten starr über den stillen Strom geblickt.
Kam er über die weiten Sümpfe irgendwoher,
wo die großen Wasser flacher und schwer
grau-aufschäumend mahlen und in der Sonne blinken,
Tagreisen breit, und die Anschwemmungen stinken,
verfaulend zwischen Binsen und warmem Ried ?
Er war nicht geboren in ihrem Gebiet,
wo sich Urwald und grüne Stromufer dehnen.
Doch nun, im Spiel von Muskeln und Sehnen,
sprang er auf und tanzt' auf dem grauen Sand
einen fremden Tanz aus seinem Land:
wild von Begier und Flucht und Fang
und Paarung und Aufschrei unter dem Zwang
der Leidenschaft, die weder nach Zweck noch nach Namen fragt.
Und dann, wie ein Läufer zum Zielband jagt,
stürzt er durchs Wasser und verschwand,
wo in den Wäldern blaue Tunnel fernhin übers Land
sich ziehn, doch kam zurück, während noch stumm, berührt
von dem Wunder, die Frauen standen - eine verspürt
ein Schaudern, als ob die Tümpel mit einem Schlag
zwischen den Binsen kälter geworden - und auf seinen Schultern lag
ein junger Bock, dem mit der Hand die Kehle eben
herausgerissen ward, ein Beben
noch in dem gelben Fell, das ganz von Blut benetzt,
und drüben überm Wasser ließ er ihn jetzt
halb schüchtern gleiten auf den sandigen Plan
und lachte freundlich mit Aug' und Zahn
und roter Zunge wie vom Hund, und süßes Rohr
und Früchte und Nüsse legt' er ihnen vor,
hart abgerissen von Zweigen, zur Erde gebogen,
oder mit bleichen Wurzeln aus dem Grund gezogen -
aber sagte nicht ein einziges Wort.

Da ließen die Frauen die Gaben dort
und gingen im Zwielicht den Pfad zum Kral,
die Krüg' auf dem Kopf, lässig und schmal,
und höher ragend im dünnen Dämmerlicht
wiegten sie sich auf Hüft' und Fuß im geschmeidigen Gleichgewicht;
doch redeten wenig, denn jede spürt
die Unruh' über das schöne Tier, verführt
von fremder Lust, die sie so tief gefühlt -
so wie ein Kind, das spielt
und in das Dunkel eines trockenen Brunnens späht,
vielleicht schwarzes Wasser und glänzende Frösche errät:
sein Herz beim Spiel im Licht noch voller Unruh' schlägt,
von dem Gedanken an ein seltsam Land bewegt ...
So kamen sie am frühen Abend aus dem Ried.
Und es schwiegen rund um die Kohlen Rätsel und Lied
in dieser Nacht, doch noch lang
war das Dunkel erfüllt von Stimmenklang.
Die Kinder saßen großäugig, scheu und leis
und waren noch wach, als weiß
die Asche vom letzten Holz am Boden lag.

Als der blaue Eisvogel am andern Tag
nach der Jagd über den blanken Flußpferdbuchten ruht'
und klein im Schlaf auf einem Zweig saß über der Flut,
sahn es die Kinder - Raka, das schwarze Tier!
Zu ihrem Spaß überschlug er sich auf dem sand'gen Revier,
grinst', wälzte sich wie ein Pferd und rollt',
hüpfte im lahmen Humpeltanz und tollt',
bis er plötzlich ins aufspritzende Wasser schlug
und sich schnell und gewandt wie eine Otter betrug.
Einen glänzenden Fisch warf er hinaus auf den Sand,
lang wie eines Mannes Schienbein und am Rand
über dem weißen Magen rot und gelb gefleckt.
Doch mehr noch, als ihre Furcht sie schreckt',
gefielen seine tollen Sprünge, und lachend flohn
sie aus den Binsen, doch lachend blickten sie schon
zurück, weil er so drollig war, und im Kral, zu Haus,
plauderten sie mit Lachen und Schrecken ihr Abenteuer aus.
Die Männer hatten danach seine Kraft erkannt
an den Zeichen in den Wäldern: sein Werk, seine Hand
mußt' es gewesen sein, wenn das schwarze Büffelwild,
das die Waldgänge und Grasdickichte füllt'
mit heiserem Schnaufen und Brüllen, am frühen Tag
in die Knie gebrochen auf dem Fußpfad lag -
wenn hoch auf dem Sand
das Krokodil sich noch zitternd wand
wie die kleine Eidechse, die die Kinder mit dem Stock
geschlagen, oder der alte Spießfechter, der Gemsbock,
überquer und still zwischen den Büschen steckt' -
wenn das Wildschwein sich stumm im Grase streckt'
mit weißen Klingen, das Augenpaar
so starr wie eines Fisches Blick. - Und sie fürchteten Gefahr,
die Jäger, die von unbändiger Kraft gewußt.
Doch in der roten Nacht bei wilder Festeslust
mit Trommel, Tanz und Bier und Blut
fühlt' jeder sie kommen wie am Fuß die Feuersglut:
die neue Jagd!
Und blind waren die Augen, weiß von Wahn, von neuer Kraft
und neuem Tanz, und düster
schäumten Worte auf voll Unruh' in fremd-wüster
Melodie wie das Aufwirbeln der schmutzigen Flut,
wenn das mächtige Flußpferd, das in der Tiefe geruht,
seine dunkle Fahrt beginnt.

Nur einer blieb kühl,
stand fern von dem dichten Gewühl
und der roten Feuersglut und ragt'
in die Nacht, Koki, der schnellste der Jagd,
der schlanke Spieler mit dem Spieß, der gut
einen jungen Bullen auf die geneigten Schultern lud
und wegtrug wie einen Hund - er, der nicht in den Sang,
den schwarzen, einstimmt', der aus dem Kreis erklang
in Rauch und Staub. In seinen Gedanken schwingt
die alte, klare Traurigkeit, die in den schlichtren Liedern singt
aus früherer Zeit, und dann mahnt'
ihn die innere Stimme, und er ahnt'
viel Unheil durch das Blut seines besessenen Stamms.

Aber jederzeit
war nun Raka wie ein Hund vom Kral nicht weit:
Keiner, der am Tag auf den Fußpfaden lief,
die sich durch die Krümmungen schlängelten tief
in den blauen Wäldern oder in den Graswildnissen, im Röhricht,
der seinen schwarzen Leib im Ried oder im Unterholz nicht
sich rühren sah oder ihn gewahrt wie eine Schildwach' still.
Doch hörten sie nachts, wenn die Fuchsaffen schrill
aus dem Dunkel klagten, daß er am Krale schlich
- wie das Rascheln von kleinem Getier der Nacht - und nicht wich.
Wenn aber der weiße Nebel sich aus dem Wasser hob
und die Dunkelheit Gras, Blatt und Zweig verwob
zu fahlem Gespinst an den feuchten Wegen,
als ob lange Fäden im Wind sich regen,
verließ Raka sein Lager und schielt'
zur Glut, wo zwischen den Pfählen der Feuerschein spielt'
in roten Streifen - und dann, voller Gram,
von fern her, im Nebel verloren, kam
sein Heulen wie das eines Tiers - oder plötzlich nah
und scharf sein Hyänenlachen, dann wieder hier und da
Klagen und sanftes Schnaufen, und spät - wenn kalt
die Kohlen und der dünne Rauch herniederwallt',
vom Nebel gedrückt, und erstickend wob
um Hütte und Kral - hörten sie, wie er schnob,
laut in der Nacht, am dünnen Palisadenzaun.
Und dann bewegte sich wohl eine der Fraun
unruhig auf ihrer Matte, schwer von Träumen, und hell
erklang plötzlich aus stiller Hütte ein Schrei - grell
von Wollust und Schreck - und danach, halb erwacht,
wußte sie, daß draußen in dunkler Nacht
ruhelos und nackt das große Tier war.

Dies ist das erste Kapitel aus dem Epos Raka, von N. P. van Wyk Louw.

Buchtitel: Raka
Autor: N. P. van Wyk Louw
Übersetzung aus dem Afrikaansen: W. A. Kellner
Verlag: Nasionale Boekhandel
Erste deutsche Ausgabe, Kapstadt; Johannesburg; Bloemfontein; Port Elizabeth, Südafrika 1970
Original-Kartonband, 14x22 cm, 36 Seiten

van Wyk Louw, N. P. und Kellner, Wilhelm im Namibiana-Buchangebot

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