Paul von Lettow-Vorbeck

General Paul Emil von Lettow-Vorbeck (1870-1964) war preußischer Offizier, der letzte Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika und Reichstagsabgeordneter.

General Paul Emil von Lettow-Vorbeck (1870-1964) war preußischer Offizier, der letzte Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika und Reichstagsabgeordneter.

Aufnahme des alternden Paul von Lettow-Vorbeck in der Uniform der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika.

Aufnahme des alternden Paul von Lettow-Vorbeck in der Uniform der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika.

General Paul Emil von Lettow-Vorbeck (1870-1964) war preußischer Offizier, der letzte Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika und Reichstagsabgeordneter.

Paul von Lettow-Vorbeck wurde am 20.03.1870 in Saarlouis als Sohn des Kompaniechefs Paul Karl v. Lettow-Vorbeck (1832–1919) geboren. Während der Vater nach dem Krieg von 1870/71 mit der Okkupationsarmee etliche Jahre in Frankreich blieb, lebte die Mutter, Marie, geborene von Eisenhart-Rothe (1842–1919), mit dem Kind in der hinterpommerschen Heimat der Familie. Im Jahr 1874 wurde der Vater als Bataillonskommandeur nach Brandenburg versetzt, wo Paul von Lettow-Vorbeck im Alter von fünf Jahren eine Privatschule besuchte. Im Jahr 1877 mußte die Familie nach Königsberg in der Neumark übersiedeln, und schon im folgenden Jahr nach Berlin, wo der Vater den Regimentsbezirk der Landwehrentwicklung erhielt und der Sohn auf das Französische Gymnasium eingeschult wurde. Nach wiederum zwei Jahren wurde der Vater Regimentskommandeur in Frankfurt an der Oder, und der Sohn besuchte dort das Gymnasium. 1881 trat Paul von Lettow-Vorbeck in das Kadettenkorps zu Potsdam ein und nach zwei Jahren in Lichterfelde. In Potsdam wurde er Leibpage beim Kronprinzen Friedrich Wilhelm und wirkte als Thronpage am neunzigsten Geburtstage des Kaisers. Im Jahr 1888 bestand er die Reifeprüfung mit "allerhöchster Belobigung". Im Februar 1888 trat er als Portepeefähnrich in das 4. Garderegiment zu Fuß ein und wurde im folgenden Jahre, wegen guter Prüfung ein Jahr vorpatentiert, zum Leutnant befördert. Unter Leitung seines Regimentskommandeurs, Karl von Bülow (1846-1921), arbeitete er sich in die Aufgaben der Taktik ein. Nachdem er die Kriegsakademie absolviert hatte, wurde er 1899 zum Großen Generalstab kommandiert, wo er mehrere kleine Länder und auch die Kolonien zu bearbeiten hatte. Im August 1900 trat Oberleutnant Paul von Lettow-Vorbeck als Brigadeadjutant zu dem nach China bestimmten Expeditionskorps und wurde später Ordonnanzoffizier beim Oberkommando. Nachdem er in Peking den großen Brand des Kaiserpalastes erlebt hatte, ging er im April 1901 als Adjutant zur 1. Ostasiatischen Brigade. Seine Feuertaufe erlebte er bei einem nächtlichen Gefecht mit den aufständischen „Boxern“. Im August 1901 in die Heimat zurückgekehrt, wurde er Hauptmann und erhielt eine Kompanie im 3. Gardegrenadierregiment, das unter Befehl des Obersten Fritz v. Below stand. Im Jahr 1904 trat v. Lettow-Vorbeck als Adjutant in das Oberkommando des Generals v. Trotha, der in Peking sein Brigadekommandeur gewesen war und ihn jetzt dazu ermunterte, nach Deutsch-Südwestafrika in den Herero- und Hottentottenaufstand zu ziehen. Nach einem Jahre bekam er eine Kompanie und führte sie im Süden des Schutzgebietes. Dort erlitt er bei dem Gefecht von Duurdrift im Januar 1906 eine Verletzung des linken Auges und war ein Vierteljahr lang blind, da eine Entzündung auch auf das rechte Auge übergriff. Auf einem Eselkarren wurde er eine Woche lang über Upington zur Eisenbahn und dann nach Kapstadt gefahren, wo der durch einen deutschen Augenarzt behandelt wurde. Über Daressalam und Tanga, wo er zum ersten Male Schauplätze seiner späteren Tätigkeit in Deutsch-Ostafrika sah, kehrte er im Herbst des Jahres nach Deutschland zurück. Nachdem Hauptmann v. Lettow im Winter 1906/07 im Generalstab in der französischen Abteilung tätig gewesen war, wurde er im Frühling 1907 als Major und Korpsadjutant zum 11. Armee-Korps nach Kassel versetzt. Auf zahlreichen Besichtigungsreisen des Generals v. Scheffer-Boyadel (1851-1925) entwickelte er sein Urteilsvermögen und den taktischen Einsatz der Truppe, Verwendung der Reserven und Führung des Gefechtes. Von Frühling 1909 bis Ende 1913 kommandierte er in Wilhelmshaven das 2. Seebataillon. Im Oktober 1913 wurde er zum Kommandeur der Schutztruppe für Kamerun ernannt, aber noch vor seiner Ausreise, im Dezember 1913, wurde er zur Vertretung des beurlaubten Kommandeurs der Schutztruppe für Ostafrika kommandiert; die eigentliche Ernennung zum Kommandeur dieser Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika erfolgte erst im April 1914. Er war dort Gouverneur Heinrich Schnee unterstellt, mit dem er über die Ausrichtung und Verstärkung der örtlichen Schutztruppe bald in Streit geriet. Im Januar 1914 in Daressalam eingetroffen, fand Lettow eine schwache Schutztruppe von nur 215 Weißen und 2540 farbigen Soldaten vor, die vorwiegend noch mit dem völlig veralteten, rauchstarken Einzelladegewehr Mod. 71 bewaffnet und wegen ihrer Verteilung über das riesige Gebiet Deutsch-Ostafrikas in Bewegung größerer Verbände ganz ungeübt war; auch die ausschließlich auf den Eingeborenenkampf abgestellte Schießausbildung ließ viel zu wünschen übrig. Nachdem Gouverneur Schnee v. Lettow's Vorschläge allesamt abgelehnt hatte und ohnehin an einen Angriff der Briten in Ostafrika im Falle eines Weltkrieges nicht glaubte, versuchte v. Lettow eine Entscheidung des Reichskolonialamtes herbeizuführen, die bis Kriegsausbruch jedoch nicht gefällt wurde. Paul von Lettow-Vorbeck, der noch im Frieden auf der Nordbahn und auf der Zentralbahn einen leidlichen Einblick in Landschaft und Bevölkerung der Kolonie getan hatte und bis zum Tanganjika- und Njassasee gelangt war, gab sich über die Ungunst der militärgeographischen Lage keinem Zweifel hin. Die erste Kampfhandlung gegen Deutsch-Ostafrika ging von England aus, indem zwei kleine Kreuzer am 8. August 1914 den Funkturm von Daressalam beschossen. Als Antwort drangen am 15. August mehrere Kompanien unter Hauptmann a. D. v. Prince im Kilimandscharogebiete nach Tavete. Die erste Schlacht, eine von mehr als tausend Gefechten, fand am 4. November 1914 in Tanga statt, bei dem die Deutschen ein übermächtiges englisches Landungskorps zurückwarfen und in die Flucht schlugen. Der Verlauf weitere Gefechte am Longidoberg, am Viktoriasee und an der Nordgrenze und die absehbar bevorstehenden massiven feindlichen Angriffe auf breiter Front, bewogen Paul v. Lettow-Vorbeck in der ersten Hälfte des folgenden Jahres 1915, zu seiner berühmten Strategie des Guerillakrieges überzugehen. Den im Sommer 1916 von Westen, Südwesten und Nordwesten anrückenden feindlichen Streitkräften wich die Deutsche Schutztruppe nach koordiniert nach Süden aus, ermattete die Angreifer durch fortgesetzte militärische Nadelstiche und unerwartete Gegenschläge und entzog sich erfolgreich einem direkten Kräftemessen. Im Jahr 1917 ging die Schutztruppe wiederum aus mehreren wichtigen Gefechten bei Mahiva, Lukuledi und Chiwata siegreich hervor und stellte unter Beweis, daß sie unter der Führung Paul von Lettow-Vorbecks auch vielfach überlegene Gegner militärisch besiegen konnte. Am 25. November 1917 überschritt Lettow mit 300 Weißen, 1700 Askaris und 3000 schwarzen Trägern den Grenzfluß Rovuma nach Portugiesisch-Ostafrika. Er erstürmte das befestigte portugiesische Lager Ngomano und bald noch drei andere portugiesische Lager. Verpflegung suchend, marschierte er den Lujendafluß aufwärts, gelegentlich mit dem Feind fechtend, der zu Beginn des Jahres 1918 anfing, zersetzende Propaganda unter den Farbigen der Truppe zu treiben. Um sich einer drohenden Einkreisung zu entziehen, wich Lettow nach Osten aus und sicherte dadurch der Truppe etliche Wochen Ruhe. Einer im Mai 1918 bevorstehenden Einschließung von Westen und Osten her entzog er sich dadurch, daß er sich auf die westliche Gruppe der Engländer und Südafrikaner warf und sie am Kirekaberge so entscheidend schlug, daß sie sich zurückzog. Anfang Juli 1918 nahm Lettow den portugiesischen Platz Kokosani und erreichte damit seinen südlichsten Punkt, schon nicht mehr weit vom Sambesi entfernt. Dann wandte er sich nordostwärts in Richtung Mosambik, um den Feind für den Verlust dieses wichtigen Hafenplatzes zu sorgen und von seinem wirklich geplanten Weg zurück nach Norden abzulenken. Deshalb bog er, von drei feindlichen Kolonnen bedroht, am 7. August hinter Chalou westwärts und rückte dann wieder gen Norden, mehrfach von feindlichen Truppen bedrängt. Die Schutztruppe durcheilte die Gebiete östlich des Njassasees und betrat am 28. September 1918 abermals den Rovuma und Deutsch-Ostafrikas. Von Westen her durch Engländer angegriffen, holte Paul von Lettow-Vorbeck weit nordwärts um das Nordende des Njassasees aus und marschierte dann zwischen Njassa- und Tanganjikasee gen Südwesten auf das Gebiet von Britisch-Rhodesien. Am 9. November nahm er noch den Ort Kasema und war auf dem Weitermarsch zum Sambesiflusse begriffen, als ihn am 13. November 1918 die Nachricht vom Waffenstillstand in Europa erreichte. Militärisch unbesiegt, streckte die Schutztruppe, bestehend aus 155 Weißen, 1168 Askari und 3000 Trägern, bei dem am Südende des Tanganjikasees gelegenen Ort Abercorn die Waffen und ging in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner begeistert gefeierten Heimkehr Ende Februar 1919, heiratete Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck die aus Schwartau stammenden Martha Wallroth (1885-1953), trat in die Reichswehr über und übernahm die Führung der dem Garde-Kavallerie-Schützen-Korps unterstehenden Marine-Division. Am 01.07.1919 schlug er einen bürgerkriegsähnlichen Aufstand in Hamburg nieder und wechselte im Oktober 1919 als Führer der Reichswehr-Brigade 9 nach Schwerin. Dort erreichte ihn 1920 der Befehl seines militärischen Vorgesetzten, General Walther von Lüttwitz, der gleichzeitig Anführer des soeben begonnenen Kapp-Putsches war, die Exekutive in seinem Befehlsbereich zu übernehmen und die Regionalregierung abzusetzen. Nach dem Scheitern des Kapp-Putsches wurde Paul von Lettow-Vorbeck beurlaubt und sein Handeln einer Untersuchung unterworfen. Als Resultat wurde ihm zwar gutgläubiges Handeln attestiert, jedoch auch die ehrenhafte Entlassung aus der Reichswehr ausgesprochen. Er zog sich auf das Gut eines Freundes in Nieder-Görne in der Altmark zurück, als sein Vermögen von der Inflation entwertet war und die Pension unregelmäßig ausgezahlt wurde. Freunde luden ihn nach Bremen ein, wo sie ihm ein Haus errichteten in dem er von 1923 bis 1945 lebte. In Bremen war er als Großhandelskaufmann für das Unternehmen Konrad Keller & Cie tätig und Mitglied der Ortsgruppe des Frontsoldatenbundes Stahlhelm und konservativer Kreise. 1926 erwirkte Paul von Lettow-Vorbeck die seit 1917 ausstehende Soldzahlung und die Zahlung einer Rente an seine afrikanischen Askari. Von 1928 bis 1930 war er Abgeordneter der konservativen Deutschnationalen Volkspartei im Reichstag und wechselte im Juli 1930 zur gemäßigten Volkskonservativen Vereinigung. Er förderte den Bau des Bremer Reichskolonialehrendenkmals, zu dessen Einweihung im Jahr 1932 er die Festrede hielt. Die Nationalsozialisten umwarben den Kriegshelden v. Lettow erfolglos. Zwar wirkte dieser ab 1933 im Staatsrat Bremens in Fragen des Kolonialwesens, ging jedoch auf dieser Ebene keinem Konflikt aus dem Wege. Im Bereich der Traditionspflege und des Kolonialgedankens blieb er eine wichtige Leitfigur, besuchte Kundgebungen, Veranstaltungen und Veteranentreffen. Im Zweiten Weltkrieg fielen seine Söhne Rüdiger von Lettow-Vorbeck und Arnd von Lettow-Vorbeck. Ausgebombt, mußte das Ehepaar v. Lettow-Vorbeck Bremen verlassen und zog über Eutin nach Hamburg. Sein früherer Kriegsgegner und späterer Freund, der südafrikanische Premierminister Jan Christiaan Smuts, veranlaßte eine Geldsammlung für den General, als er davon erfuhr, daß dieser ohne Mittel und Einkommen war. Finanziert und medial begleitet durch eine Illustrierte, besuchte Paul von Lettow-Vorbeck im Jahr 1953 seine ehemaligen Wirkungsstätten in Ostafrika und traf dabei Kriegsgegner und alte Kameraden. Auf der Rückreise ereilte ihn die Nachricht vom Ableben seiner Ehefrau. 1956 wurde von Lettow-Vorbeck zum Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Saarlouis ernannt. Am 09.03.1964 verstarb Paul von Lettow-Vorbeck, fast 94 Jahre alt, in Hamburg. Er hinterließ seine Töchter Heloise von Rantzau und Ursula von Rantzau. Anläßlich seiner Bestattung neben seiner Ehefrau in Pronstorf bei Segeberg, hatte die damalige Bundesregierung zwei frühere Askari und Weggefährten des Generals eingeladen und eine Ehrenwache der Bundeswehr gestellt. Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel hielt die Trauerrede. Der letzte Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe für Ostafrika war Träger des höchsten preußischen Militärordens, des Pour le Mérite (1916), des Eichenlaub zum Pour le Mérite (1917) und des Ritterkreuzes des sächsischen Militär-St.-Heinrichs-Ordens (1920). In seiner Generation eine hochgeachtete und respektierte Persönlichkeit in seiner Heimat sowie bei seinen Kriegsgegnern, war das Andenken Paul von Lettow-Vorbecks seit seinem Ableben diversen politischen Strömungen und historischen Interpretationen ausgesetzt. Unter politischem Druck benannte die Bundeswehr 2010 die Lettow-Vorbeck Kaserne im ostfriesischen Leer in „Evenburg-Kaserne“ um und auch etliche Kommunen, darunter seine Geburtsstadt Saarlouis, hielten es für opportun, sich von dem Namenspatron ihrer Straßen zu distanzieren.

Literatur von Paul von Lettow-Vorbeck:

  • Meine Erinnerungen aus Ostafrika (1920)
  • Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika (1920)
  • Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten (1932)
  • Kwa Heri Bwana! Auf Wiedersehen, Herr! (1954)
  • Afrika, wie ich es wiedersah (1955)
  • Mein Leben (1957)
  • Die Weltkriegsspionage: Authentische Enthüllungen über Entstehung Art, Arbeit, Technik, Schliche, Handlungen, Wirkungen und Geheimnisse der Spionage vor, während und nach dem Kriege auf Grund amtlichen Materials aus Kriegs-, Militär-, Gerichts- und Reichsarchiven. Vom Leben und Sterben, von den Taten und Abenteuern der bedeutendsten Agenten bei Freund und Feind. (1931)

von Lettow-Vorbeck, Paul im Namibiana-Buchangebot

Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten

Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten

"Was mir die Engländer über Ostafrika erzählten" ist eine hochinteressante Rückschau Paul von Lettow-Vorbecks auf die Hauptgefechte in Deutsch-Ostafrika.

Meine Erinnerungen aus Ostafrika

Meine Erinnerungen aus Ostafrika

Wichtiges, umfassendes Werk über die politischen und militärischen Vorgänge in Deutsch-Ostafrika während des ersten Weltkrieges, basierend auf den Erinnerungen Paul von Lettow-Vorbecks.

Mein Leben. Lebensbericht des Paul von Lettow-Vorbeck

Mein Leben. Lebensbericht des Paul von Lettow-Vorbeck

In Mein Leben beschreibt Paul von Lettow-Vorbeck seine Abstammung, seinen zivilen und militärischen Werdegang sowie sein Leben nach zwei Weltkriegen.

Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika

Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika

"Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika" sind die Erinnerungen des Generals und Kommandeurs der Schutztruppe, Paul von Lettow-Vorbeck.

Afrika wie ich es wiedersah

Afrika wie ich es wiedersah

In "Afrika wie ich es wiedersah" beschreibt Paul von Lettow-Vorbeck eine denkwürdige und gleichzeitig bemerkenswerte Altersreise an die Stätten seines früheren Wirkens.