Paul Leutwein

Dr. Paul Leutwein (1882-1956) war ein deutscher Schutztruppenoffizier und Schriftsteller. Foto um 1904, Windhuk.

Dr. Paul Leutwein (1882-1956) war ein deutscher Schutztruppenoffizier und Schriftsteller. Foto um 1904, Windhuk.

Dr. jur. rer. pol. Paul Leutwein (1882-1956) war ein deutscher Schutztruppenoffizier und Schriftsteller.

Paul Leutwein wurde 26.04.1882 als Sohn des späteren Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika, Theodor Leutwein, in Berlin geboren. Er durchlief von 1892 bis 1900 seine Schulausbildung bis zum Abitur an einer Kadettenanstalt und trat 1901 als Leutnant in ein badisches Infanterieregiment ein. Während eines Besuchs bei seinem Vater in Deutsch-Südwestafrika brach im Januar 1904, begleitet von 123 Morden an deutschen Zivilisten, der Hereroaufstand aus. Paul Leutwein meldete sich unverzüglich als Kriegsfreiwilliger zur Kaiserlichen Schutztruppe und nahm als Zugführer der 2. Feldkompanie unter Hauptmann Franke an den Gefechten bei Okahandja, Omaruru, Otjihaenamaparero und Onganjira teil. Häufiger Wassermangel, einseitige Ernährung und latente Erschöpfung hatten zu Zeiten der Feldzüge in Südwestafrika viele Ausfälle durch chronische Krankheitsformen in der Schutztruppe verursacht und trafen auch Paul Leutwein, der dienstunfähig erklärt wurde. Er erlebte während der Rekonvaleszenz die Kaltstellung und Demontage seines Vaters als Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika und reiste mit diesem, zum Ende des Jahres 1904, nach Deutschland zurück. In der Erinnerungsliteratur, beispielsweise der von Viktor Franke und Ludwig von Estorff, wird auf Paul Leutwein Bezug genommen. 1908, inzwischen im Rang eines Hauptmanns, bewog ihn sein gesundheitlicher Zustand den Abschied zu nehmen. Er schloß daraufhin seine erste von zwei Ehen und studierte Jura und Nationalökonomie in Berlin. Seine Examen bestand Paul Leutwein 1911 cum laude und promovierte über "Die Leistungen der Regierung in der südwestafrikanischen Land- und Minenfrage". Im Jahr darauf unternahm er eine ausgedehnte Afrikareise. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Invalide ausschließlich für rückwärtige Dienste in den besetzten Gebieten Rußlands eingezogen und war vom aktiven Frontdienst befreit (Zeitraum 1914-1915 und 1918). In den von schweren Unruhen erschütterten Jahren 1919 und 1920 kämpfte Paul Leutwein im Verband des Freikorps Lützow gegen die Berliner Spartakisten. 1920 gründete der begnadete Redner die "Rednerschule für Weltpolitik" und entfaltete eine rege publizistische und politische Tätigkeit zu Gunsten der Deutschnationalen Volkspartei, der er, sowie dem Andenken des letzten deutschen Kaiser, als Konservativer und 'freiheitlich gesonnener Süddeutscher' eng verbunden war. 1926 begab er sich ein letztes Mal auf eine Afrikareise und wurde im selben Jahr als Dozent der Kolonialabteilung am Orientalischen Seminar der Universität Berlin angestellt. 1931 gründete Paul Leutwein den Kolonialen Volksbund, dem er bis 1936 als Präsident vorstand und der zu Zeiten bis zu 4.000 Mitglieder zählte. Gegen den zunehmenden nationalsozialistischen Einfluß auf seine Schriften und die Arbeit des Kolonialen Volksbundes verhielt sich Paul Leutwein weitgehend unkooperativ und wurde schließlich mit Berufsverbot belegt, als er sich weigerte der Reichsschrifttumskammer beizutreten. 1936 wurde dann der Koloniale Volksbund aufgelöst und zwangsweise in den Reichskolonialbund überführt. Paul Leutwein verlor seine damit verbundenen Ämter. Weiterer Verfolgung war der Schriftsteller nicht ausgesetzt, was der Biograph Werner Tabel auf das Wirken hochrangiger Bekannter aus seiner Schutztruppenzeit zurückführt. Der Zusammenbruch am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstörte seine Hoffnungen auf eine Rückerlangung der ehemaligen deutschen Kolonien und den Antrag auf Gründung einer freikonservativen demokratischen Partei verweigerte ihm 1946 der Alliierte Kontrollrat in Berlin-Schöneberg. Bis zu seinem Tod am 24.08.1956 in Berlin arbeitete Paul Leutwein an weiteren politischen Beiträgen und stellte das Manuskript zu seinem letzten Buch Im Banne Afrikas fertig. Ohne Erfolg versuchten 1962 seine zweite Ehefrau und Witwe Gertrud Leutwein und der Historiker Nikolai Mossolow (Südwestafrika) einen Verleger dafür zu finden. Das Manuskript und zahlreiche weitere Schriften, Urkunden, Fotos und Briefe aus dem Nachlaß von Paul Leutwein und seines Vaters, noch weitaus mehr war im Verlauf des Zweiten Weltkrieges verloren gegangen, wurden 1963 in den Besitz des Bundesarchivs in Koblenz übergeben.

Literatur von Paul Leutwein:

  • Meine Erlebnisse im Kampfe gegen die Hereros (in: Simplex africanus: Mit der Schutztruppe durch Deutsch-Afrika; Minden i. W., 1905)
  • Du weitest deine Brust, der Blick wird freier. Kriegs- und Wanderfahrten in Südwest (Berlin, 1909)
  • Deutschland als Kolonialmacht. Dreißig Jahre deutscher Kolonialgeschichte, (Berlin, 1914)
  • Der Diktator Sulla und die heutige Zeit (Berlin, 1920)
  • Dreißig Jahre deutsche Kolonialpolitik mit weltpolitischen Vergleichen und Ausblicken (Berlin, 1920)
  • Weltwirtschaftskampf der Nationen unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands (Leipzig, 1921)
  • Die Gründung von Deutsch-Südwestafrika. Wie Deutschlands zweitgrößter Überseebesitz entstand (Reutlingen, 1924)
  • Die deutschen Kolonien. Jubiläumsausgabe zur vierzigjährigen Wiederkehr des Beginns der deutschen Kolonialgeschichte (Berlin, 1924)
  • Koloniales Jahrbuch 1926
  • Afrikanerschicksal. Gouverneur Leutwein und seine Zeit (Stuttgart; Berlin; Leipzig, 1929)
  • Die Oase des falschen Propheten: Afrikanische Abenteuer aus neuer Zeit (Reutlingen, 1929)
  • Kolonien. Eine Existenzfrage des deutschen Volkes (Berlin, ab 1931)
  • Karl Peters (Lübeck, 1933)
  • Wißmann (Lübeck, 1933)
  • Theodor Leutwein, der Eroberer Südwestafrikas (Lübeck, 1934)
  • Omaruru (in: Langsdorff, Werner: Deutsche Flagge über Sand und Palmen. Gütersloh, 1936)
  • Kämpfe um Afrika. Sechs Lebensbilder (Lübeck, 1936)
  • Die deutsche Kolonialfrage (Berlin, 1937)
  • Das deutsche Afrika und seine Zukunft (Berlin, 1937)
  • Hereros zu den Waffen. Die Niederschlagung der Aufstände in Südwestafrika im Jahre 1904, (Berlin, 1941)
  • Kesseltreiben am Waterberg. Tatsachenbericht über die Hererokriege in Deutsch-Südwestafrika (Berlin, 1941)
  • Kampf um die Onjatiberge. Gouverneur Leutweins letzter Feldzug. Tatsachenbericht aus dem Hererokrieg, (Berlin, 1941)
  • Kassai. Ein Taschenbericht unter Benutzung der Aufzeichnungen der Wissmann-Expedition (Berlin, 1942)
  • Im Banne Afrikas (unveröffentlicht, 1956 fertiggestellt)

Leutwein, Paul im Namibiana-Buchangebot

Du weitest Deine Brust, der Blick wird freier. Kriegs- und Wanderfahrten in Südwest

Du weitest Deine Brust, der Blick wird freier. Kriegs- und Wanderfahrten in Südwest

Das Original dieses bearbeiteten Neudrucks erschien 1909 unter dem Titel 'Du weitest Deine Brust, der Blick wird freier. Kriegs- und Wanderfahrten in Südwest'.