Carl Schlettwein baut die Farmen Otjitambi und Teschendorf auf

Carl Schlettwein mit Major Franke und seiner Familie auf einem Bohnenfeld, Otjitambi 1912.

Carl Schlettwein mit Major Franke und seiner Familie auf einem Bohnenfeld, Otjitambi 1912.

Das von Carl Schlettwein auf Farm Otjitambi erbaute Wohnhaus, 1917.

Das von Carl Schlettwein auf Farm Otjitambi erbaute Wohnhaus, 1917.

Im zweiten Teil beschreibt Fritz Gaerdes den Aufbau der Farmen Otjitambi und Teschendorf sowie die zweite Lebenshälfte von Carl Schlettwein.

Fritz Gaerdes

Nach seiner Rückkehr widmete er sich seiner Familie und dem Ausbau seiner Farmen Otjitambi und Teschendorf. Ein geräumiges Wohnhaus nahm die Familie auf, die sich wáhrend der unruhigen Jahre in Deutschland aufgehalten hatte. Zu den 4 Töchtern Carl Schlettweins kam 1908 der Stammhalter, heute Herr von Otjitambi. Die Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren eine glückliche Zeit fur Carl Schlettwein. Die gut geleitete Farm brachte die nötigen Einnahmen. Die Umgebung wurde besiedelt, und fur Farmer wie für Durchreisende ins Kaokoveld war das gastliche Otjitambi ein Mittelpunkt, wo Hauslehrerinnen aus Deutschland fur die Ausbildung der Kinder sorgten und Eleven das Farmhandwerk erlernten. Bei den amtlichen Stellen, Militär wie Zivil, war Carl Schlettwein geachtet und Personlichkeiten wie Major Franke und Hauptmann Fischer schätzten ihn und genossen ebenso wie hohe Zivilbeamte die Gastfreundschaft seines Hauses. Noch 2 Veröffentlichungen kamen in diesen Jahren heraus. 1910 „Milchverwertung durch Käsefabrikation in Deutsch-Südwestafrika" und 1913 "Viehzucht in den Tropen und Subtropen." Der Erste Weltkrieg brachte für Südwestafrika die Besetzung durch Truppen aus der Union und das Kriegsrecht. Feinde Carl Schlettweins teilten der Besetzungsmacht mit, daß er als ein Vertrauensmann der deutschen Landesverwaltung kurz nach Kriegsausbruch eine geheime Unterredung mit dem Gouverneur Dr. Seitz gehabt hätte. Die Folgen sollten sich bald zeigen. Eines Tages erschienen höhere Polizeibeamte auf Otjitambi auf der Suche nach dem Regierungsschatz von Gold und Diamanten, den Carl Schlettwein auf der Farm versteckt haben sollte. Als er die nicht geben konnte und auch die Haussuchung nichts erbrachte, begann man vor dem Haus mit Ausgrabungen, die als Ergebnis nur einen verrosteten Schlüssel lieferten. Man erklärte den Hausherrn für verhaftet und nahm ihn mit nach Outjo; aber da nichts gegen ihn vorlag, muBte er freigelassen werden. In Windhoek erfuhr er, daß ein Denunziant, dessen Name naturlich nicht genannt wurde, die Geschichte aufgebracht hatte. Mit anonymen Gegnern hatte Carl Schlettwein sein ganzes Leben zu tun. Daß er alle Artikel und Kritiken mit seinem vollen Namen zeichnete und immer sachlich blieb, verstärkte die Feindschaft.

Verdächtigungen waren auch die Ursache, dass Carl Schlettwein bei Ende des Krieges nach Deutschland repatriiert werden sollte. Mit Hilfe eines Rechtsanwalts erreichte er die Aufhebung des Befehls. Sein Wesen änderte sich nicht, obgleich er Grund zur Verbitterung hatte. Jahrelang konnten die Farmer dort ihr Vieh nicht auf den Markt bringen, da man eine Einschleppung der Lungenseuche aus dem Kaokoveld befürchtete. Farmen wurden verlassen, weil die Einnahmen fehlten. Auch Otjitambi verarmte, und nur durch die Einnahmen aus kleinen Farmprodukten und dem im ganzen Lande geschätzten Carl Schlettweinkäse konnte die Farm gehalten werden. Es dauerte Jahre, bis die wirtschaftlichen Nöte úberwunden waren. UnbeeinfluBt durch manche Enttäuschungen trat Carl Schlettwein nach dem Kriege in Wort und Schrift für eine Verbindung Südwestafrikas mit Südafrika ein, wáhrend ein Teil der deutschen Bevölkerung noch an eine Rückkehr der deutschen Herrschaft glaubte.

Dies sowohl wie seine Ablehnung der Naziideologie für Südwest brachte ihn viele Feinde. Er beherrschte die afrikaanse Sprache, hatte Verbindung mit Smuts und Herzog und war mit führenden Leuten Südwests wie mit Kol. de Jager und Administrator Hofmeyr befreundet. So konnte er im Stillen für die deutsche Bevölkerung und die Belange des Landes eintreten. Man schätzte sein politisches Urteil, und als damals der Prinz von Connaught Südwest besuchte und ein Lager auf Otjitambi aufschlug, war Carl Schlettwein täglich mit ihm zusammen. Etwas später kam es zu den Verhandlungen in Kapstadt über die Eingliederung der Deutschen und die automatische Naturalisation. Der deutschen Delegation, die zu den Verhandlungen fuhr, gehörte auch Carl Schlettwein an. Es war sein letztes Auftreten auf der politischen Bühne. An den Auseinandersetzungen der Deutschen in den späteren Jahren beteiligte er sich nicht und zog sich zurück, als die Nationalsozialisten den Anspruch auf Alleinvertretung der Deutschen erhoben. Er blieb von der Internierung verschont und starb 1940 nach kurzer Krankheit. Auf seinem Otjitambi, das er aufbaute, ruht der unbestechliche Kämpfer für die Zukunft Südwestafrikas.


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