Wolfgang Sydow: Wir gratulieren! Dr. Henno Martin 70 Jahre

Dieser Geburtstagsgruß Wolfgang Sydows (1912-1998) an Dr. Henno Martin (1910-1998) erschien 1980 in der Windhoeker Allgemeinen Zeitung.

Dieser Geburtstagsgruß Wolfgang Sydows (1912-1998) an Dr. Henno Martin (1910-1998) erschien 1980 in der Windhoeker Allgemeinen Zeitung.

Dieser Geburtstagsgruß Wolfgang Sydows (1912-1998) an Dr. Henno Martin (1910-1998) erschien 1980 in der Windhoeker Allgemeinen Zeitung und fand sich als zusammengefalteter Zeitungsartikel in einem antiqaurischen Buch. Wir veröffentlichen dieses am heutigen 118. Geburtstags des bekannten Geologen und Abenteuerers aus "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste".

Wir gratulieren! Dr. Henno Martin 70 Jahre

von Wolfgang Sydow

Es klingt unwahrscheinlich, daß ein Mann von Dr. Henno Martins Tatkraft und Einsatzfreude überhaupt älter werden kann, aber wir müssen dem Kalender doch wohl glauben. Es gibt sicherlich wenige Südwester, die nicht das Buch, „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste" gelesen haben. Es liegt, eine Besonderheit für Südwest, auch in englischer und afrikaanser Übersetzung vor, und schon so mancher Oberschüler mußte einen Aufsatz zu diesem Thema verfassen. Ich lernte Dr. Henno Martin kurz nach Ausbruch des großen Krieges kennen, als er zusammen mit seinem Freunde Hermann Korn auf Problemfarmen mit Hilfe von damals modernen Instrumenten Bohrstellen zur Wassererschließung anwies. So kam er auch nach Ibenstein zu meinem damaligen Chef Nikolai Krafft. Ich hatte dort eine altsteinzeitliche sehr interessante Fundstelle entdeckt (im Nebenberuf war ich auch Farmverwalter), aber Herr Krafft wollte mir nicht glauben, daß es so etwas geben könnte. Damals steckte die Vorgeschichte Südwests noch in ihren Kinderschuhen. Als nun Dr. Henno Martin im Büro saß und mit uns die Wasserfrage diskutierte, holte ich einen besonders schönen Faustkeil hervor, der den kleinen Michael Krafft schon zu der Frage veranlaßt hatte: „Onkel, wo hast Du den schönen Fisch her?" So ebenmäßig war das Stück von doppelter Handlange bearbeitet. Dr. Martin warf nur einen kurzen Blick darauf und meinte: „Das ist ja ein außergewöhnlich schönes Stück, wo ist der Fundplatz?" Da meinte „Niki" darauf: „Dann muß ich ja auch wohl daran glauben", nachdem ich mir nicht verkneifen konnte, ihm einen triumphierenden Blick zuzuwerfen. Später wurde ich interniert, und die beiden Geologen gingen in die Wüste, um diesem Schicksal zu entgehen. Kurz vor Ende des Krieges mußten sie das Abenteuer wegen schwerer Vitaminmangelerscheinungen von Hermann Korn aufgeben und in die sogenannte Zivilisation zurückkehren. Man war so einsichtig — Strafe muß sein! — sie mit einer geringen Geldstrafe zu belegen, dann aber als Beamte in den Regierungsdienst zu übernehmen, wo ihre Hauptaufgabe im Anweisen von Bohrlöchern bestand. So mancher Farmer verdankt den beiden seine Existenz. Durch die unzähligen Reisen landauf landab erwarb Dr. Martin, sein Freund Hermann Korn war 1946 bereits tödlich verunglückt, eine einmalige Landeskenntnis und insbesondere seiner geologischen Gegebenheiten. Bald wurde er Chef der Geologischen Landesaufnahme. 1954 hatte ich das Glück, an einer geologischen Osterexkursion in die Thomasberge am Fuß des Escarpments mit Dr. Martin und seiner Frau teilzunehmen. Er wollte Felsbildfundstelle wiedersehen, die er während des Krieges auf einer seiner langen Erkundungswanderungen gesehen hatte. Und wahrhaftig er fand sie auf Anhieb in einer winzigen Grotte, die gar nicht von unten einzusehen war. Eine Meisterleistung der Orientierung. Dann kamen die Jahre, als Dr. Martin als Gastprofessor nach Brasilien berufen wurde, wohin ihm Reinhard Maak vorangegangen war, der hier im Brandberg als junger Landmesser das Frescogemälde der „Weißen Dame", wie sie später genannt wurde, entdeckt hatte. Zurück in Südwest wurde Prof. Henno Martin dann Chef der Forschungsgruppe, die sich die Aufklärung unseres Erdaltertums, des Präkambriums, zum Ziel gesetzt hatte. Hier hat er Bahnbrecherarbeit geleistet. Vor allem, weil er aus der intimen Kenntnis der brasilianischen Geologie wertvolle Beiträge zum Thema Kontinentalverschiebung leisten konnte. Für Prof. Martin war das sogenannte Gondwanaland schon lange eine Realität, als viele seiner Fachgenossen das noch nicht wahrhaben wollten. Mit der Berufung als Dozent für Geologie und Leiter des geologischen Instituts der Universität Göttingen erklomm Prof. Martin einen neuen Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Laufbahn. Als ich vor einigen Jahren bei strömendem Regen den Hörsaal von Dr. Henno Martin betrat, erläuterte er gerade die Geologie Südwestafrikas und ich sah auf der Leinwand im strahlenden Sonnenschein ein Bild der großen Spitzkoppe. Ein Eindruck, den ich nie vergessen werde. Dr. Martin hat aber sein altes Wirkungsfeld nicht vernachlässigt und ab und zu hält er uns auch einen Vortrag aus dem reichen Schatz seiner Erlebnisse und Erfahrungen. Fast jedes Jahr kommt er hierher und betreut im Auftrage der Deutschen Forschungsgemeinschaft seine Doktoranden bei der Lösung irgend eines neuen Problems, das sich aus seiner Forschungsarbeit ergeben hat. Möge er uns noch oft besuchen. Es gibt wenige Forscher, die so mit unserem Land verwachsen sind wie er.


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