Autor: Peter Kersten Verlag J. Neumann-Neudamm Melsungen, 2006 Kartoneinband, 15x21 cm, 160 Seiten, etliche sw-Abbildungen „Out of Afrika“ und „Hatari“ sind berühmte Afrikafilme, die in jener Gegend gedreht wurden, wo auch der Autor seine Kaffeefarm betreibt. Natürlicher Wildreichtum, aus angrenzendem (überfülltem!) Nationalpark nachdrängendes Großwild (wie Elefanten, Büffel, Löwen...) werden sehr oft genauso zur Überlebensfrage wie einfühlsamer Umgang mit Farmarbeitern, Behörden und das Verständnis der oftmals anderen Art von Logik zur wirtschaftlichen Existenz der Farm zwingend ist. So erzählt uns der Autor spannende, zuweilen haarsträubende, dramatische und urkomische Geschichten vom (untrennbaren!) Jagd- und Farmerleben, von Menschen und Tieren, aus dem Herzen Afrikas, aus aktueller Zeit! Der Erste.. .beinah... „No Sir, you have plenty of time. Do not worry!" Das Lächeln der Stewardeß konnte mich nicht beruhigen, so hübsch und exotisch sie auch anzuschauen war. Vier Uhr morgens auf dem Flughafen m Kairo. Stickige Hitze, keine Bar in der Nähe und eigentlich sollte ich schon in Höhe Khartoum auf dem Weiterflug nach Dar es Salaam sein. Mit Egypt Air. Nach Tanzania. Mit einem knapp kalkulierten Anschlußflug nach Arusha. Aber ich saß in Kairo. Um vier Uhr morgens. Weit und breit keine Menschenseele, die mich hätte trösten können, aufklären über die Tatsache, daß es nun mal keine Eile gibt in Afrika. Und in Afrika war ich ja wohl, ohne jeden Zweifel. Die Ohren taten mir noch weh von dem mehr als bravourös gefahrenen Druckausgleich beim Anflug — einen Nobelpreis für den, der ein sicheres, automatisches Regelsystem als Standard einbaute —, ich hatte Hunger, Durst und war übermüdet. Toller Auftakt für die erste Jagd auf dem Schwarzen Kontinent. Langsam geht die Uhr weiter, zu langsam. Alle Hoffnung, die Anschlußmaschine noch zu erreichen, muß spätestens jetzt aufgegeben werden. Da! Verdammt was war das, war das der Aufruf für meinen Weiterflug? Ich hab's nicht richtig verstanden, schau ziemlich verwirrt drein. Die nette Stewardeß kommt auf mich zu: „Sir, your flight is ready for boarding!" Es geht weiter! Irgendwo über dem Sudan wird es hell, erste Eindrücke von der Nubischen Wüste, aus großer Höhe, zu hoch, um Einzelheiten auszumachen. Ein Großraumflugzeug ist halt ein Bus in einer anderen Dimension, man fliegt nicht, man wird transportiert. Zweieinhalb Stunden später der Landeanflug auf Dar es Salaam, Lagunen, blaues Meer, kleine Inseln, Korallenriffe. Den Druckausgleich hat der Fahrer diesmal auch besser im Griff, kein Problem. Und: Siehe da! Auch Air Tanzania hat den Flug nach Arusha gestrichen, der Ersatzflug startet in zwei Stunden. Na also. Ich war mir schon vorher darüber klar, daß nicht alles glatt gehen würde, wir schreiben August 1978 und das Zeitalter des Sozialismus afrikanischer Prägung des ersten Präsidenten Julius K. Nyerere. Aber vor Ort, ja da sieht alles doch etwas anders aus: Man bedeutet mir, daß ich keinen Flugschein für den Flug nach Arusha habe, meiner war und ist ja für einen anderen Flug. Zu meinem Glück bin ich zu müde, um zu explodieren, ich frage nur resigniert, wie man das ändern könne. Lächeln. Ach so. Deutscher wäre ich? Ja, ja. Deutscher. „Was für einer, guter oder schlechter?" Was - zum Teufel - soll das nun wieder? „Ein Guter natürlich, ein sehr guter sogar!" Der 'sehr gute' hat mich dann 20 US Dollar extra gekostet, ein guter Deutscher war nämlich einer aus der BRD, der harte Währung hatte und ein schlechter? Nun ja, der war aus der DDR, im Regierungsauftrag da, und noch ärmer, als die Armen, die er entwickeln sollte, vorzugsweise mit den Ausbildungsrichtlinien der STASI. Egal, ich hatte meinen Flugschein, saß in der Maschine und flog zurück nach Norden, dem Kilimanjaro entgegen. Eine knappe Stunde später war die Maschine gelandet, aussteigen. Tolles Bild: Roter Teppich, Folklore-Gruppe und alles, was man sich so wünscht. Echt toll. Doch als ich die Gangway betreten will, werde ich sanft, aber doch unmißverständlich zurückgehalten. Aha, wichtige Leute kommen an! Zwei unscheinbare Männer, trotz Hitze im dunkelblauen Dreiteller, schweben die Gangway hinab, freundlich winkend. Auch gut. Ihnen nach. Aber nein, nein. Nicht so schnell, erst muß der rote Teppich entfernt werden, könnte ja jeder drauftreten. Endlich dürfen meine Mitreisenden - ganze drei - und ich auch die Maschine verlassen. Endlich am Ziel. Zoll findet nicht statt, ist ja schon in Dar es Salaam erledigt worden und keiner hat sich für Mettwurst, Schinken und Whisky sowie Zigaretten interessiert. Paßkontrolle. Visa sind ja da, Stempel auch, verstehe ich sowieso nicht, warum die hier nochmals kontrollieren. Aber was soll's, ist ja alles in schönster Ordnung. Ich bin draußen. Vor dem Flugplatz. Ganz allein. Kein Auto, kein Mensch zu sehen. Mein Abholer muß sich verspätet haben. Warten. Warten. Keiner kommt. Zurück ins Gebäude. Ich habe Glück, einer der höheren Zöllner muß in die Stadt und er hat einen Dienstwagen! Angesichts der Gebühr, die er verlangt, kommt man doch zu der Überzeugung, daß die Bibel etwas zu hart mit diesem Berufsstand umgeht. Glücklicherweise habe ich eine Wegbeschreibung zu der kleinen Farm direkt am Rande der Straße nach Arusha; und wirklich, wie man mir versichert hat, es ist einfach zu finden. Vor dem Farmhaus werde ich abgesetzt und schon braust der Wagen los. Eine alte, charmante sehr schwarze Dame schaut mich an, sehr interessiert an. Sagt etwas. Nun weiß ich, wie Robinson Crusoe zu Mute war, als er versuchte, mit Freitag zu reden. Das Gefühl ist schon eigenartig. Nach ein paar Minuten gibt sie auf, hat realisiert, daß mein ganzer Suaheli-Sprachschatz aus dem Wort Safari besteht. Langsam wird mir das doch zu dumm. Ich packe meine Siebensachen und gehe in das Haus. Aha, dort ist das Wohnzimmer. Sessel. Ich schlafe schon, bevor ich noch richtig sitze. Und erwache, als es draußen schon dunkel ist, aufgestört durch Musik und Lachen. Als ich mich umdrehe, sehe ich mehrere Männer an der kleinen Bar sitzen, stehen, sich rumlümmeln, was auch immer. Nur kenne ich keinen davon. Bin ich doch im falschen Haus? Gott sei Dank, einer bemerkt, daß ich wach bin, kommt auf mich zu: „Du bist Peter, nicht wahr?" Ich bin erleichtert, ungeheuer erleichtert. „Ja, ich sollte vom Flugplatz abgeholt werden..." „Ach du meine Güte, wer konnte denn schon damit rechnen, daß Du heute ankommst? Du bist der erste, der es geschafft hat, an dem Tag zu kommen, der avisiert war, alle anderen... Aber das wirst Du noch merken, hier ist alles ganz anders. Komm, trink erst mal einen mit uns." Und die erste Flasche war dahin, aber Mann! War das ein vergnüglicher Abend! Spätestens jetzt, am nächsten Morgen, nach zwei Stunden Fahrt auf einer Straße, die in Deutschland als Mordversuch gewertet würde, sind alle Sünden des gestrigen Abends abgebüßt, langsam kommt der Körper in Gleichklang mit dem wie ein Wildpferd bockenden Toyota und die Landschaft ist von einer derart beeindruckenden, fremdartigen Schönheit, daß man kaum noch die Beschwernisse bemerkt. Von nun an vergeht die Zeit im Fluge, man kann unmöglich alle Eindrücke verarbeiten. Nach etwas mehr als 5 Stunden Fahrt kommen wir auf der Kaffeefarm, die Ausgangspunkt unserer Jagdsafari werden soll, an. Ach ja, mein Abholer ist im Laufe der gestrigen Nacht auch noch eingetroffen, es war übrigens sein Bruder, der mich begrüßt hatte. Er war in Arusha aufgehalten worden. Als er abfahren wollte, um mich zu treffen, war gerade die frisch geschiedene Frau eines Bekannten in das Hotel gekommen, an dessen Bar er gerade saß und das war Grund genug... Als ich die Dame später kennenlernte, habe ich sofort aufgehört, ihm deswegen Vorwürfe zu machen. Ist ja auch alles nicht so schlimm, wir sind ja da, es kann losgehen. Aber nicht sofort, es sind noch viele Kleinigkeiten zu erledigen und das kostet Zeit, viel Zeit. Gut, daß ich sechseinhalb Wochen eingeplant habe. Endlich trifft auch der staatliche Wildhüter ein, der jede Jagd mit Touristen — und das war ich ja damals — begleiten muß, um darüber zu wachen, daß Jagdgesetze und Lizenzrichtlinien strikt eingehalten werden. Nach vier Tagen Aufenthalt auf der Farm geht es dann los, den Berg hinunter in das Gebiet um den Lake Eyasi. Als man mich vorher gefragt hatte, was denn wohl das Wild wäre, was ich am liebsten erlegen wolle, hatte ich — ohne zu zögern - gesagt: „Büffel! Es ist mir egal, ob ich sonst noch was erlege, aber einen Büffel, ja den möchte ich schon!" Wieder erwartet mich eine Gewöhnungsprozedur: hatte ich mich auf der Fahrt zur Farm auf die schlechten bis unmögliche Straßen einzustellen, hier mußte ich das völlige Fehlen von Wegen akzeptieren und versuchen, mich großräumig nach markanten Geländepunkten zu orientieren. Dies ist leichter gesagt als getan, meist ist der Blick auf Berge oder andere Geländebesonderheiten durch hohen Busch verdeckt. Aber: Übung macht den Meister und meine Begleiter kannten sich hier ja hoffentlich aus. Sie kannten sich aus, zielstrebig fuhren sie auf eine Lichtung zu, an deren Rand ein kleiner, kristallklarer Bach floß. Campsite! Hier also würden wir die Zeltstadt errichten, die m den nächsten Tagen unser Stützpunkt werden sollte. Ich hatte erwartet, daß wir das Camp so schnell wie möglich aufschlagen würden, um noch auf eine Abendpirsch zu gehen. Weit gefehlt! Die erste Stunde verging schon damit, alles auszuladen und darüber zu diskutieren wo was aufgebaut werden sollte, ich stand zuerst kopfschüttelnd etwas abseits, mußte aber sehr bald erkennen, daß System in der Sache war. Zudem hatte ich mir keine Vorstellung davon gemacht, was so ein Camp alles beinhaltet: Wohnzelte für jeden. Messezelt, Küchenzelt, Vorratszelt, Toilettenzelte. Duschzelte... Zelte. Eine richtige kleine Stadt. Gegen 16:00 Uhr war alles fertig. Nun könnte man ja doch noch... Nein, nein! Man konnte nicht, es fehlte noch etwas: Die angeheuerten Buschleute waren noch nicht da und ohne deren kundige Führung würde man viel zu viel Zeit auf der Suche nach Wild verschwenden. Also warten, das Messezelt einweihen und den Whiskyvorrat auf ein vernünftiges Maß herunterschrauben. Aus den Erzählungen entnahm ich, daß diese Buschleute, so klein an Gestalt sie auch waren, noch steinzeitlich lebten und mit vergifteten Pfeilen jagten. Die Sprache ist denen der Buschmänner der Kalahari ähnlich, zumindest für ein ungeübtes Ohr. Mehr als 20 Jahre später bin ich einmal mit einem Südafrikaner dort gewesen, der die Sprache der Buschmänner aus der Kalahari beherrschte, ein schwieriges Gemisch aus Wörtern, Zisch-, Pfeif- und Klicklauten, er sagte mir nach einem Verständigungsversuch, daß Welten zwischen den beiden Sprachen liegen. […] Wie alles anfing Der Baobab und das Gnu Der Erste beinah und wie es weiterging Mzee Mbogo Man-eater Jägerlatein Der Rekord — Buschbock Selela im Regen Chui! Hatari! Der Erste! Nicht alle Elephanten mögen Mercedes Des Kleinen Leid Schußfest Warum es Masai gibt Daktari Robin Hood Lagerfeuergeschichten Matala Feuer! Rudi Ratlos Mißgeschicke Der Zwei-Kaliber-Büffel Maridadi Leopardengeschichten und wie es mit den Masai weiterging Statt eines Vorwortes |