Schwarz. Weiß. Tot.

Schwarz. Weiß. Tot. ist ein weiterer spannender südafrikanischer Krimi von Deon Meyer
Meyer, Deon
26079
978-3-7466-2555-3
In stock
new
€8.95 *

Autor: Deon Meyer
Übersetzung: Stefanie Schäfer
Aufbau Verlag
Berlin, 2009
ISBN 978-3-7466-2555-3
Broschur, 12x19 cm, 288 Seiten


Beschreibung:

Superintendent John October hat vor elf Jahren einen tödlichen Fehler begangen. Seitdem sitzt er abgeschoben im Archiv. Bis ein junges Mädchen auftaucht ...

Sie behauptet, zu wissen, wer ein Ehepaar vor vielen Zeugen umgebracht hat, ohne selbst gesehen zu werden. Wie in seinen Romanen gelingt es Deon Meyer, auch mit seinen packenden »Storys« tiefe Einblicke in das moderne Südafrika zu gewähren.


Über den Autoren:

Deon Meyer, Jahrgang 1958, gilt als einer der erfolgreichsten Krimiautoren Südafrikas. Er begann als Journalist zu schreiben und veröffentlichte 1994 seinen ersten Roman. "Das Herz des Jäger" wurde mit dem ATKV Prose Prize ausgezeichnet, einem begehrten südafrikanischen Literaturpreis. In den USA wurde der Roman zu den zehn besten Thrillern des Jahres ernannt. Zeitgleich erscheint im Aufbau Taschenbuch Verlag sein Roman "Der traurige Polizist".


Inhalt:

Karoonacht
Der perfekte Mord
Das Nostradamus-Dokument
Verschwunden
Der Schuh in Maria
Auszeit
Anhang
Zu den Geschichten
Glossar


Auszug: Karoonacht

Sonntagmorgen, zwei Uhr. Das Jaulen eines Motors riss mich aus dem Schlaf, zu hochtourig, zu nahe, zu verzweifelt für dieses Dorf, diese Uhrzeit. Das Knirschen der Räder auf dem frühmorgendlichen Reif, das hohe, dünne Quietschen verdreckter Bremsen auf der unbefestigten Straße vor dem Haus - schon sprang ich auf und griff unters Bett nach der Glock 37.

In einem ersten Impuls wollte ich zur Hintertür hinausschlüpfen, um sie von hinten zu überraschen. Doch neben mir lag Emma in tiefem Schlaf, und sie zu schützen war jetzt das Allerwichtigste. Hastige Schritte auf der vorderen Veranda. Ich rannte los, in den Flur, zur Haustür, wartete an die Wand gepresst.

»Lemmer!«, rief jemand von draußen und hämmerte gegen die Tür. »Ich bin's, Willie!«

Willie Bruwer, Berufsjäger, Loxtons höflicher Schlachter. Klang ganz nach einem Notfall. Ich schloss die Tür auf, verbarg die Pistole hinter meinem Rücken und öffnete. Die Kälte schlüpfte herein wie ein ungebetener Gast.

»Farmüberfall!«, sagte Willie. »Wir brauchen dich!« Seine Haare waren zerzaust, er schien auch gerade aus dem Bett zu kommen. Vorne hielt er seine dicke Jacke mit beiden Händen fest zusammen.

»Wo?« Ich versuchte, mir die Erleichterung nicht anmerken zu lassen.
»Bontfontein. Die Familie von Lucien.«
Meine Erleichterung schlug in Empörung um, dann in Wut.
»Fahr schon mal los! Ich trommle noch mehr Leute zusammen.«

Ich wollte fragen, ob es Tote gegeben hatte, aber er rannte zu seinem Pick-up.
»Bin unterwegs!«, rief ich ihm nach, aber er hob nur die Hand, riss die Autotür auf. Als die Innenbeleuchtung ansprang, sah ich die Gewehre in der Fahrerkabine. Dann setzte auch ich mich in Bewegung.

Ich holte meine Kopflampe aus der Küche, nahm - ohne Emma zu wecken - ein paar Kleidungsstücke aus dem Schlafzimmerschrank und zog mich vor dem bullernden Aga-Kohleofen an. Hastig hinterließ ich Emma eine gekritzelte Nachricht, steckte die Glock in die Tasche meiner Cape-Storm-Jacke, griff nach dem Schlüssel, ging zur Vordertür raus und schloss hinter mir ab.

Die schief hängenden Wellblechtüren quietschten in den uralten Angeln, als ich die Garage öffnete. All das hätte schon längst ersetzt werden müssen. Aber zuerst musste ich jetzt meinen neuen Ford-Pick-up abzahlen, denn die zarte, so unschuldig aussehende junge Frau in meinem Bett hatte den alten Isuzu zerlegt, in der Kurve vor Jakhalsdans.

Emma le Roux, ehemals meine Klientin, jetzt meine Geliebte, war gottlob ohne eine Schramme aus dem Wrack geklettert. Ich ließ den Ranger an, und der V6 erwachte bereitwillig zum Leben. Dann drehte ich die Heizung auf und fuhr los.

Nachdem ich das Dorf verlassen hatte, wölbte sich ein grandioser Sternenhimmel über mir. Doch ich gönnte dem Schauspiel nur einen kurzen Blick und bog dann in Richtung Fraserburg ab. Am Modderrivier war die Eisdecke über der Furt bereits gebrochen. Ich war nicht der Erste, der hier an jenem Morgen den Fluss durchquerte. Am anderen Ufer gab ich Gas. Ich befürchtete das Schlimmste, und ich war wütend. Ausgerechnet Lucien und Grethe!

Auch wenn ich mit den beiden nicht befreundet war, kannte ich ihre Geschichte, die man sich überall in der Bo-Karoo mit einer gewissen Selbstzufriedenheit erzählte. Der Zufall hatte die beiden vor zehn Jahren zusammengeführt. Grethe, eine Großstädterin aus Europa mit einem Magister in Literaturwissenschaft, war aus Berlin angereist, um ihre Freundin zu besuchen, die hier als Biologin Uferkaninchen erforschte.

Lucien war auch gerade am Kap, und es ergab sich eine Mitfahrgelegenheit, in letzter Minute geregelt. Und so waren er und Grethe sich in einem klapprigen Land Cruiser zwischen Hexriviertal und Nuweveldbergen in gebrochenem Englisch nähergekommen. Während ihres zweiwöchigen Aufenthalts ließ sich Grethe von der herrlichen Landschaft, den Menschen und ihrem naturverbundenen Leben bezaubern - und von der erwachenden Liebe eines aufrichtigen Mannes.

Sie waren im Distrikt nicht das einzige schöne Paar um die dreißig mit zwei süßen Kindern. Aber man betrachtete sie als Symbol, als Aushängeschild für die Vorzüge Loxtons und seiner Bewohner. Vor allem Grethe galt als der lebende Beweis dafür, dass diese trockene, gottverlassene Gegend gut genug war, um eine gebildete, weitgereiste Weltbürgerin wie sie anzulocken.

Inzwischen sprach sie fließend Afrikaans, mit einem entzückenden Akzent. Sie konnte ein Schaf in sieben Minuten scheren und backte die leckersten Koeksisters weit und breit. Sie hatte das Leben hier vorbehaltlos akzeptiert, und dafür hatte Loxton sie mit offenen Armen empfangen.

Für mich verkörperte sie überdies die Hoffnung, auch eines Tages dazuzugehören. Ja, ich war erleichtert gewesen, als Willie vor meiner Tür gestanden hatte. Erstens, weil es keine Schatten aus der Vergangenheit waren, die mich heimsuchten, und zweitens, weil er sich an mich wandte, mich mit einbezog, denn schließlich galt ich hier noch immer als Außenseiter. Seit Emma mein Leben teilte, war es zwar etwas einfacher für mich geworden.

Sie verkörperte eine gewisse Normalität und Beständigkeit und kompensierte mein ansonsten ungewöhnliches Verhalten, das mein Beruf mit sich brachte. Ich arbeitete als freiberuflicher Leibwächter, übte einmal pro Woche mit Handfeuerwaffen auf dem Schießstand von Loxton, trabte in der Dämmerung über die unbefestigten Straßen, war oft wochenlang fort und kehrte manchmal mit erkennbaren Verletzungen wieder zurück.

Erleichterung - zum ersten Mal konnte ich mich hier nützlich machen. Auch wenn das eine Verletzung von Lemmers erstem Gebot bedeutete: Du sollst dich nicht einmischen.

Hinter der Abzweigung nach Welgevonden sah ich bei hundertsechzig Sachen die Augen einer sprungbereiten Antilope vor mir am Straßenrand aufleuchten.
»Bleib stehen!«, flüsterte ich, denn ich hätte nicht rechtzeitig bremsen können.
Sie hörte auf mich, schlüpfte mit dem Kopf zuerst durch den Absperrzaun, als ich vorbeiraste, und verschwand mit einem Satz in der Nacht.

Kurz vor Juriesfontien ging ich wegen der scharfen Kurve vom Gas und beschleunigte beim Herausfahren wieder, als mir plötzlich zwei Pick-ups den Weg versperrten. Grelle Scheinwerfer blendeten mich.
Ich kämpfte mit der Servolenkung, trat voll auf die Bremse, kam inmitten einer Staubwolke zum Stehen und fluchte, denn die Glock steckte noch in meiner Jackentasche. Bevor ich sie ziehen konnte, stand schon ein Mann mit Jagdgewehr im Anschlag vor meinem Fenster.

Gleich darauf erkannte ich ihn und ließ die Hand sinken.
»Lemmer«, sagte Joe van Wyk junior ruhig, als ich die Scheibe herunterließ. Neben ihm stand Nicola van der Westhuizen. Junge Farmer, gewappnet gegen die Kälte, ernste Gesichter.

»Gibt's was Neues, Joe?«
»Sie haben Grethes Vater«, sagte er. Sein Atem kondensierte in der eisigen Nachtluft zu weißen Wölkchen. »Wir blockieren die Straßen.«
Bevor ich weiterfragen konnte, unterbrach uns Nicola.

»Da kommt noch jemand.« […]