Mein lieber Andreas! Treue Seele!

Erinnerungen von Soldaten der Kaiserlichen Schutztruppe in Südwest-Afrika, 1895-1919
Ohlsen, Andreas
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Mein lieber Andreas! Treue Seele!

Untertitel: Erinnerungen von Soldaten der Kaiserlichen Schutztruppe in Südwest-Afrika
1895-1919, gesammelt in den Jahren 1936-1944 von Andreas Ohlsen
Autor: Andreas Ohlsen
Herausgeber: Ina M. und J. Hinrich Peters
Verlag: Gamsberg Macmillan
Windhoek, 2002
Broschur, 15x21 cm, 121 Seiten, 114 sw-Abbildungen, 1 Faltkarte 1:2 Mio


Aus dem Vorwort der Herausgeber:

Vor uns liegen 5 schwarze und eine blaue Kladde, die Herr Andreas Ohlsen, (23.5.1879 - 24.2.1950) Flensburg, in den dreißiger und vierziger Jahren an seine alten Kameraden, ehemalige Zahlmeister der Kaiserlichen Schutztruppe in Südwest-Afrika, als Rundbrief schickte. Jeder sollte seine Erinnerungen hineinschreiben.

Das "Pendelbuch" Nr. 1 ging im November 1936 auf die Reise. Bis 1944 folgten Pendelbuch Nr. 2 und 3, die Pendelbücher 4 und 5, dichterisch "Ochsenwagen Nr. l und 2" genannt, und Nr. 6, der "Granatenwagen".

Es wurden in Nr. 1-4 überwiegend Erinnerungen aus den Jahren 1895 bis 1919 aufgeschrieben, von den Kämpfen gegen die Nama und Herero, von den Verwaltungsschwierigkeiten im Schutzgebiet und von der jahrelangen Gefangenschaft durch die Engländer von 1915 bis 1919.

Pendelbuch Nr. 5, genannt "Der Ochsenwagen, zweiter Band", enthält fast nur noch Berichte aus dem Jahr 1944. Die Euphorie ist vergangen, es kommen kaum noch Erinnerungen an Afrika auf, jeder schreibt von Verlusten, Söhne sind gefallen, Bomben haben die Häuser zerstört. Nr. 6, "Der Granatenwagen" bringt auch fast nur traurige Familiennachrichten und Schilderungen der Berufswege im 2. Weltkrieg, so daß sie in diese Afrikaberichte nicht mit aufgenommen wurden. [...]


Auszug aus dem Tagebuch Ohlsens:

Karawane von Aus nach Keetmanshoop

Bei unserer Meldung bei dem Etappenkommandanturintendanten Hauptmann Reyla wurden wir angewiesen, uns am folgenden Tage - Sonntagnachmittag 5.00 Uhr - bereit zum Abmarsch mit der Karawane zu halten, jedoch erfolgte der Ausbruch erst am nächsten Tage. Von den Kollegen lernten wir kennen Schulze und Mauch bei der K. V. der IV. Kolonnen-Abteilung, Zahlmeister Sommer, K. Sauer bei der Etappen-Komdtr., K. Rodenbacher beim Proviant-Amt, Assistenten-Stellvertreter Burgsdorf und Scheuermann sowie den Aufseher Schneider.

Am 3.12. nachmittags 5.00 Uhr setzte sich die Karawane bestehend aus 10 Wagen mit je 16 Mauleseln in Bewegung. An der Spitze Leutnant [?] als Transportführer, dann die nötige Bedeckung. K. Schleifer, Wallmeister, Reuser und ich bildeten den Schluß. Mit vielen Stockungen gelangten wir schließlich nach halben Stunde aus Aus. Nachher ging die Fahrt mehr regelmäßig, doch mußte hin und wieder ein Wagen halten, um die Geschirre zu ordnen. Schritt für Schritt ging es in den durch Wagenspuren gekennzeichneten Sandweg an den verendeten Kamelen, Ochsen und Maultieren vorüber, zuerst ein schrecklicher Anblick, doch bald gewöhnt sich Auge und Nase an diese Erscheinungen und Wohlgerüche. Um 8.00 Uhr wurden die Wagen zu 2 Staffeln aufgefahren, um 1 Stunde Rast zu machen.

Die zweite Ruhepause dauerte von 2 bis 5.00 Uhr nachts. Um 10.00 Uhr morgens erreichten wir die Schakalskuppe. 2 hohe turmähnliche Felsenberge mit einer Fahne kennzeichnen den Ort, wo sich die Telegraphenstation und eine Tränke für die Offizierspferde befinden. Gleich wurde abgekocht und die erste Mahlzeit auf der "Pad" eingenommen. Ein heftiger Westwind trieb uns den Sand unaufhörlich ins Lager und verschaffte der Speise die nötige Würze.

4.20 Uhr setzte die Karawane sich wieder in Bewegung. Verschiedene Kamelkarawanen und Ochsengespanne begegneten uns, langsam aber sicher ging es an den in der Feme wie Festungswerke aussehenden Bergen vorüber. Nach Untergang der Sonne wurde es alsbald kühl und in der von 11 bis 5 Uhr abgehaltenen Ruhepause erwachte ich infolge der Kälte bereits um 1 Uhr. Kollege Schletter hatte schon Feuer angemacht, das bis zum Aufbrechen mit den aufgelesenen Sträuchern geschürt wurde. Am 5.12. vormittags 9 Uhr erreichten wir die erste Wasserstelle Kuibis, 70 km von Aus entfernt und in einer tiefen Schlucht liegend. Hier wurde Ruhetag bis zum 6.12. nachmittags 4 Uhr abgehalten. Wie wohl das Wasser wirkt, lernten wir schon nach den ersten Tagen in der heißen Sonne kennen.

Ebenso steil der Weg nach Kuibis herumführte, mußte die Karawane sich aus dieser Schlucht ausarbeiten, da der 5 km kürzere Weg durch die Schlucht nach Buchholzbrunnen hauptsächlich nur von Reitern benutzt wird. Da sich in der letzten Zeit versprengte Hottentottenbanden am Bay-Weg gezeigt hatten, mußten Kollegen Schletter, Welle, Reuser und ich die hintere Deckung übernehmen, jedoch blieben wir auf der Strecke ungeschoren.


Antwort Hermann Sedats nach Erhalt des Pendelbuches:

Mein lieber Andreas! Treue Seele! Wer sollte sich bei Betrachtung Deines Pendelbuchs nicht immer wieder von neuem zusammen verlebter Zeiten auf afrikanischer Erde und insbesondere Deiner wahren und treuen Kameradschaft erinnern. Wenn einer, so wie ich auf der Schwerinsburg, den Freund "Hein", wie Hindenburg den Sensenmann nannte, auf dem Bettrande sitzen hatte, der weiß es zu schätzen, wenn sein Pfleger ihn nicht verläßt, ungeachtet dessen, daß dieser selbst von der Pest befallen werden könnte und daran glauben müßte.

Es waren schwere Stunden damals, und ich habe alle Vorgänge noch genau in Erinnerung. Aber dank Deiner Hilfe konnten wir doch wieder manche gemütliche Veranstaltung gemeinsam verleben. Ich denke auch heute noch an jenen Abend auf der Burg zurück, als wir die Kalabassen bis an den Rand mit Deinem Punsch nach Mecklenburger Art gefüllt, bis in die Nacht hinein schwangen und immer wieder Dein "Schleswig-Holstein meerumschlungen" steigen ließen, so haben wir Freud und Leid geteilt... Allen nachfolgenden Kameraden die besten Wünsche und Grüße vom Zahlmeister aus Kalkfontein bis Namutoni und Aus!