Kaiser, Kanzler und Prinzessin. Ein Frauenschicksal zwischen Orient und Okzident

Die Geschichte der Prinzessin Salima bint Said von Sansibar als Emily Ruete in Deutschland
Waldschmidt, Julius
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Kaiser, Kanzler und Prinzessin. Ein Frauenschicksal zwischen Orient und Okzident

Autor: Julius Waldschmidt
Reihe: Cognoscere Historias Band 15
trafo verlag
Berlin, 2005
Kartoneinband, 13x21 cm, 125 Seiten, zahlreiche sw-Abbildungen


Aus der Einleitung:

[...] Im Sommer 1867 verließ die Tochter von Omar Said bin Sultan (1791–1856) ihre Heimat, die Insel Sansibar.

Zum Christentum übergetreten, heiratete sie den Hamburger Überseekaufmann Heinrich Ruete und nahm dessen Familiennamen an.

Schon nach wenigen Jahren Ehe verwitwet, stand sie mit ihren drei Kindern vor gewaltigen, vorher nicht gekannten Herausforderungen.

Ihr weiterer Lebensweg führte sie unter anderem nach Beirut und an verschiedene Orte in Deutschland, dessen Staatsbürgerschaft sie seit 1890 besaß. 1924 verstarb sie in Jena.

Der mit Ostafrika aus eigenem Erleben gut bekannte Julius Waldschmidt hat die Geschichte der Prinzessin Salima bint Said von Sansibar eingehend erforscht und nun – endlich – einem breiten Lesepublikum zugänglich gemacht.


Inhalt:

Statt eines Vorwortes
Sansibar vor und um die Zeit von Sultan Said
Ausbruch aus der alten Welt
Im Räderwerk der Großen Politik
Fährten – Forscher – Faktoreien
Vorspiel zu einem Flottenaufmarsch
Reichsinteressen und ein Paar schöne Augen
Kapitän Herbig in geheimer Mission
Keine Kanonade vor dem Sultanspalast
Bibi Salmes letzte Afrika-Safari
Ruhelos im Morgenland
Das leise Finale eines Lebens
Anmerkungen
Personenverzeichnis
Literatur


Statt eines Vorwortes:

... drüben schimmern die Lichter von Sansibar. Es gibt Menschen, die Fernweh packt, wenn ihnen der Name einer sonnigen Insel wiederbegegnet und ein farbenfrohes Bild den Augen winkt. Es könnte Sansibar zeigen. Denn dort, am Westufer des Indischen Ozeans, scheint immer Sommer zu herrschen.

Seefahrern, Kaufleuten, Forschern aller Nationen sind die Insel und die gleichnamige Stadt seit langem bekannt, und die Schiffskapitäne wußten damals bereits gut, warum sie in Sansibar die Wassertanks füllen ließen.

Vor allem den Arabern war der Hafen vor der ostafrikanischen Küste ab dem neunten Jahrhundert unserer Zeit vertraut. Als Karl Wilhelm Schmidt, ein deutscher Afrika-Besucher, im Oktober 1885, zu Beginn der heißen Jahreszeit südlich des Äquators, dort weilte, bot sich ihm der Hafen als große Einbuchtung, an deren äußerem Eingang Koralleninselchen schwimmen.

Nur bei starkem Südwest-Monsun war die Wasserfläche bewegt. Zahlreiche Kriegs- und Handelsschiffe sowie arabische Boote belebten die Bucht. Was der Verfasser des Buches „Sansibar. Ein ostafrikanisches Culturbild“ nicht erwähnt, war die Tatsache, daß ein deutsches Kreuzer-Geschwader unter dem Befehl des Konteradmirals Knorr mehr als fünf Monate hier seinen Hauptankerplatz hatte.

Die Insel wurde in der Sprache persischer Immigranten „Land der Schwarzen“ (Zenjibar) genannt, in Swahili „Unguja“. Sie erhebt sich -wie die Nachbarinsel Pemba (984 qkm) — auf einem Unterboden aus Korallenkalk bis über 100 m hoch und bedeckt eine Fläche von l.698 qkm, was, nimmt man Pemba hinzu, gut dem Dreifachen des Gebietes von Berlin entspricht.

Wer die Hauptinsel betritt, spürt, sobald die Erntezeit gekommen ist (Juli — Dezember), den strengen Duft von Gewürznelken, des wertvollen Exportgutes, das zumeist nach Süd- und Südostasien auf den Weg geschickt wird. Der Gast trifft auf zahlreiche Sehens- und Merkwürdigkeiten, Zeichen und Zeugnisse aus vier Kulturkreisen.

Die „Stein-Stadt“ von Sansibar-City, von Daressalam per Motorschiff oder in wenigen Flugminuten erreichbar, trägt die Handschrift arabischer Baumeister, vor allem das „Beit al Adschjaib“, das Haus der Wunder, an der Seepromenade, aber auch die kunstvoll geschnitzten Türen von Moscheen und Häusern, ja selbst die Engnis der „Portugiesischen Gasse“.

Wo vor 150 Jahren der größte Sklavenmarkt von Ostafrika bis zu 20.000 Menschen jährlich verauktionierte, zu „Stückpreisen“ von sieben bis 30 Dollar (oft 300% des vorherigen Marktpreises auf dem Festland), steht jetzt die anglikanische St. Joseph-Kathedrale.

Sie wurde erbaut, nachdem Sultan Sayyid Barqash ben Said unter konstantem Druck des britischen Generalkonsuls Dr. John Kirk im Juni 1873 einen Vertrag unterzeichnet hatte, der die Ausführ von Sklaven aus dem Herrschaftsgebiet und den Besitz von Sklaven für britische Staatsangehörige (vor allem Inder) verbot, alle öffentlichen Sklavenmärkte in den Regionen unter sansibarischer Verwaltung beenden sollte sowie den Schutz des Herrschers für befreite/freigelassene Sklaven festschrieb.

Doch die Kaste der arabisch-aristokratischen Sklavenhändler gab nicht auf. Karl Wilhelm Schmidt berichtet von „schwunghaftem Handel“ in Kilwa und von Mosambik aus, die „Kurze Geschichte der Ostküste Afrikas“ (Autor: L.W. Hollingsworth) von britischen Schiffspatrouillen, die manchmal mit hohen eigenen Verlusten die Routen der Menschenfracht durchkreuzten.

Noch anderthalb Jahrzehnte nach offizieller Schließung der Sklavenmärkte blühten am zauberhaften Strand von Mangapani die Geschäfte mit verschleppten Kindern, die man nach Süden wie nach Norden abtransportierte.

Natürlich wurden auf Sansibar selbst Plantagenarbeiter, geschickte Nelkenpflücker, Lastenträger, Eselstreiber, Hafenarbeiter, Besatzungsmitglieder für Dhaus und andere Schiffe, Kaufmannsgehilfen und Diener gebraucht. Noch bevor Großmächte die Hand nach Kolonialbesitz ausstreckten, war die Insel zum geachteten Handels- und Umschlagplatz für Waren aus drei Kontinenten geworden.

Aus Ost- und Zentralafrika gelangten Elfenbein, Gummi-Kopal, Kokosnuß (bzw. Kokosnußöl), roter Pfeffer, Sesam und Holz in die Lager, um verschifft zu werden.

Die Besucher heute können die Reste des Marahubi-Palastes und der Persischen Bäder für die Haremsdamen von Sayyid Barqash sehen, jenes Herrschers, dessen Gesamteinkünfte laut Schmidt „per annum“ auf zwei Millionen Dollar veranschlagt wurden und dessen Höflinge Machtgier und Prunksucht, Jähzorn und Rücksichtslosigkeit, nicht zuletzt Furcht vor Konkurrenten und rebellischen Untertanen und Eifersucht wohl zu nutzen verstanden.

Wer erinnert sich noch der neun Meilen langen Eisenbahn, die es einmal am Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Insel gab? Die Touristen fahren nun mit Bussen in diesem tropischen Eiland spazieren, vorbei an Siedlungen, kleinen Fabriken, Werkstätten, Bootswerften und Scharen aufgeweckter Schüler.

Zum Kontinent drüben ist es nicht weit. Eine 35 km breite Wasserstraße trennt ihn von der Insel. Altertümlich anmutende Segler ziehen ihre Bahn von oder nach Bagamoyo, einem von Palmenwäldern umgebenen verträumt wirkenden Hafenstädtchen, dessen alte Ankerplätze von Mangroven überwachsen sind.

Ein ca. 70 km langer Fahrweg führt von dort nach Daressalam. Einst regierte hier ein Wali (Statthalter) des Sultans von Sansibar. Man wachte über die Beachtung der Hoheitsrechte des Herrschers und trug Sorge, daß Handelsaristokraten, ob Araber oder Inder, die schuldigen Abgaben entrichteten.

Dieses Bagamoyo war damals Tor zu Handel und Verkehr mit dem Landesinneren, insbesondere ein Endpunkt der langen Märsche jener Afrikaner, die sich, vordem gejagt oder von den eigenen Häuptlingen verkauft, nun als Gefangene in Ketten zur Küste schleppten.

Sie ahnten und lernten, daß das Wort „Bagamoyo“ bedeute, sich das Herz aus dem Leibe zu reißen, denn es gelte, Familie, Heimat und Freunde für immer zu vergessen. Die Gefangenenwärter jedoch träumten von Festen, Palmwein und Tanz am Ort der Ankunft.

Was da einst gedichtet und gesungen wurde, scheint verweht und vergessen zu sein; ein Blatt Papier im Museum des Städtchens auf dem Gelände einer katholischen Mission kümmert vor sich hin. Und dann ist da, nicht weit vom weißen Ufersand am Meer, ein Friedhof, auf dem ein Kapitel deutscher Geschichte aufgeschlagen liegt...

Wenn die Nacht Stadt und Hafen, Boote, Häuser, Bäume und Strand in Dunkel hüllt, wenn ein erfrischender Windhauch von See her Tageshitze erträglich macht, dann erscheinen im Osten über dem Wasser die Lichter von Sansibar....

* Frei übersetzt hieß der Text des Liedes:

Sei glücklich, oh Seele, wirf ab all Dein Leid,
die Stadt Deiner Sehnsucht ist nah.
Wie schmerzte mein Herz auf den Wegen so weit,
da Bagamoyo so ferne war.
Dort, wo die Frauen ihr glänzendes Haar schmücken
für Herren und Gäste, dort, wo der Palmwein das ganze Jahr
fließet im Garten beim Feste.

Mit vollen Segeln gleiten die Dhaus
in den Hafen hinein
und sie laden so viele Schätze
für eines Sultans Schrein.

Oh welche Lust, die Ngoma zu sehen,
wo liebliche Mädchen im Tanze sich drehen,
wenn es Nacht wird in Bagamoyo.
Schweig drum, mein Herz, es vergeht aller Schmerz.

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