11.11.2016

Weinanbau und Winzer in Namibia

Winzer und Weinanbau in Namibia. Bild: Winzer Gilmar Boshoff (l.) und Dr. Albertus Boshoff von der Thonningii-Weinfarm. Foto: Andrea Lindner

Winzer und Weinanbau in Namibia. Bild: Winzer Gilmar Boshoff (l.) und Dr. Albertus Boshoff von der Thonningii-Weinfarm. Foto: Andrea Lindner

Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel, 36° Grad zeigt das Außenthermometer. Namibia ist nicht gerade der perfekte Ort für den Weinanbau. Zwei Winzer aus Otavi versuchen es trotzdem.

Als der weiße Pickup auf dem staubigen Feldweg zum Stehen kommt, wirbelt der trockene Staub auf. Am Steuer sitzt Winzer Gilmar Boshoff, er kurbelt das Fenster hinunter, nimmt die Sonnenbrille ab und lässt den Blick über seinen Weinberg streifen. Einige der jungen Rebstöcke, die er mit seinem Vater Anfang Oktober gesetzt hat, sind bereits eingegangen. Andere entwickeln sich gut. „So ist das eben hier bei uns“, erklärt er. „Wenn man in Namibia Wein anbauen will, braucht man Ausdauer.“ Gilmars Vater, Allgemeinarzt Dr. Albertus Boshoff, kommt den Farmweg herunter gelaufen, um mit seinem Sohn die jungen Weinstöcke zu begutachten. Das weiße, etwas dünne Haar, hat er unter einer Baseball-Cap versteckt. In Jeanshemd und -hose kommt er mit großen Schritten näher. Albertus Boshoff hat die Farm Thonnigii elf Kilometer östlich von Otavi vor fast 25 Jahren gekauft und aufgebaut. Zunächst als reines Hobby, wie der Arzt augenzwinkernd erzählt. In dem Tal war 1990 noch nichts, als er das Grundstück kaufte. Nach und nach hat er dann das Haus, die Ställe für Schweine, Kühe und Hühner, die Gehege für Kudus, Springböcke und Strauße und schließlich 2001 den Weinkeller gebaut. „Das ging natürlich nur am Wochenende“, erklärt der Arzt, denn er hat mit seinem Beruf bis heute alle Hände voll zu tun. Abends und morgens arbeitet er trotz seines harten Tags in der Praxis immer noch auf der Farm. Anfangs hat Albertus Boshoff den Weinkeller noch alleine geführt. Aber neben der Arbeit die Produktion von knapp 2000 Flaschen alleine zu stemmen, war fast unmöglich. Zum Glück ist jedoch seit zwei Jahren Sohn Gilmar wieder in Namibia und die beiden schmeißen die Farm gemeinsam. Gilmar hat zuerst Kunst studiert, wechselte dann aber nach Stellenbosch, um Weinanbau zu studieren. „Mein Plan war es jedoch immer, wieder hierher ins Tal zurückzukehren. Hier bin ich aufgewachsen - hier bin ich daheim“, sagt der 37-Jährige heute. Und hier jetzt auch noch Wein anbauen zu können, macht ihn glücklich. „Es ist schon irgendwie ein Traum, der wahr geworden ist.“ Auch der Vater ist zufrieden. Der Umweg über das Kunststudium gefiel ihm gut. „Weinanbau ist ja auch irgendwie Kunst“, meint er grinsend. Zurzeit hat der Weinkeller Thonningii drei Weine auf Lager: Einen weißen Viognier, einen Rose und einen roten Syrah. Ein besonderer Tropfen ist der Syrah aus dem Jahr 2010, den Gilmars Frau Tamara genussvoll den Weihnachtswein nennt. Kräftig rot und voll, mit leichter Zimt-Note. Traumhaft. Bis die beiden namibischen Winzer jedoch den richtigen Wein für diese Region gefunden hatten, war viel Ausprobieren nötig. Sie haben viel recherchiert und explizit nach Weinsorten gesucht, die in ähnlichen klimatischen Bedingungen wie in Namibia wachsen. „Wir haben mit vielen Trauben experimentiert: Merlot, Riesling und viele andere. Wirklich gut funktioniert haben aber nur der Syrah, der Viognier und der Colombard“, erklärt Gilmar. Dieses Jahr experimentieren die beiden auf einer extra Fläche mit Wein aus Spanien und Uruguay. Sohn und Vater haben dabei mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, die es in Südafrika oder Europa nicht gibt. Die extremen Wetterbedingungen Namibias machen den Weinanbau zu einem echten Abenteuer: Die Hitze, aber auch trockener Frost im Winter mit Temperaturen bis zu -11 Grad. Entweder gibt es zu wenig Regen oder dann gleich viel zu viel. Nicht zu vergessen die Vögel. „All diese Dinge machen den Weinanbau komplizierter und dadurch teurer“, erklärt der Winzer. Aber, das betont Gilmar, „durch all diese Dinge, die uns das Leben schwer machen, wird der Wein auch etwas ganz Besonderes. Ein echter Namibia-Wein eben.“ Die beiden Winzer haben eine Regel: Wenig eingreifen. Den Wein selbst und die Natur respektieren. Das heißt auch, dass für sie chemische Pestizide oder Dünger nicht in Frage kommen. Gedüngt wird mit dem Hühner- oder Schweinemist aus dem eigenen Stall. Auch künstliche Hefe ist tabu, die den Gärungsprozess ankurbelt. „Wir nutzen nur das, was in, an und auf den Trauben sitzt. Da wird nichts dazu gemischt“, erklärt Gilmar die Philosophie ihres Weinanbaus. „Natürlich schmeckt unser Wein damit jedes Jahr anders, aber das ist ja auch gut so.“ Seit 2005 wird der Wein verkauft, anfangs nur in kleinen Mengen. Die Kunden erfuhren über Mund-zu-Mund-Propaganda von dem neuen Wein aus Otavi. Jetzt wollen Albertus und Gilmar Boshoff den Weinkeller so ausbauen, dass beide Familien davon leben können. Eine Einkommensquelle sind dabei auch Weinverkostungen, die die Familie in ihrem urigen Weinkeller anbietet. Außerdem haben die beiden die Anbaufläche fast verdoppelt. Statt rund 1500 Flaschen sollen es so nun knapp 3000 pro Jahr werden. „Die Nachfrage nach Wein aus Namibia ist recht groß“, erklärt Gilmar. „Touristen, die hier auf Logdes übernachten, wollen etwas Typisches von hier essen, aber natürlich auch trinken.“ Abends sitzt die ganze Familie am Tisch. Albertus und seine Frau Ebbie, Gilmar und seine Frau Tamara und die drei Kinder. Der Weinkeller ist einfach ein echter Familienbetrieb. Gilmar und Albertus kümmern sich um den Wein. Tamara hält Kontakt zu Lodges und macht Marketing und Abbey entwirft die Etiketten für die Flaschen und bereitet die großen Snackplatten für die Weinverkostungen zu. Dass der Weinkeller irgendwann ein eigenes Geschäft werden würde, das hätte Albertus Boshoff nie gedacht. „Als ich 2005 meine erste Flasche selbst gemachten Wein in Händen hielt und probieren durfte - das war schon ein ganz besonderer Moment. Es war ein Syrah - und er war richtig gut.“ Jetzt zusammen mit seinem Sohn die Farm zu führen macht ihn stolz. „Das war immer mein Traum. Es macht Freude zu sehen, wie er sich da reinhängt und mit welcher Leidenschaft und Liebe er sich kümmert.“ Auch für Gilmar hat der Wein etwas Magisches. „Die erste Flasche des Jahres ist für mich immer wieder aufregend. Du weißt ja nicht, wie er wird. Und dann das Gefühl: Jawohl, der hat Potenzial. Da haben wir wieder was Tolles hingekriegt“, erzählt er mit leuchtenden Augen. Die nächste Ladung Wein wird im Dezember geerntet. Wie der Wein wird, weiß Gilmar auch dieses Mal noch nicht, aber mit einem Augenzwinkern verspricht er: „Natürlich wieder etwas ganz Besonderes.“

Über die Thonningii-Weinfarm:

Die Thonningii-Weinfarm ist von Otavi aus über die B8 Richtung Grootfontein zu erreichen. Nach zwölf Kilometern geht es nach links über die Gleise zur Farm. Die Weinverkostung kostet 50 N$ pro Person, mit dem großen Snackteller sind es 300 N$ pro Person. Wer den Wein direkt kaufen möchte, kann das in Windhoek in der „The Wine Goddess & Boutique“, im Embassy-Getränkehandel oder bei Woerman & Brock in Klein Windhoek. Restaurants, die den Wein anbieten, sind das Gatheman und das Jojo`s.

Andrea Lindner

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Weinanbau und Winzer in Namibia.

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