26.03.2014

Unabhängigkeitsmuseum: Stätte der Arroganz und Ignoranz

Unabhängigkeitsmuseum: Stätte der  Arroganz und Ignoranz. Ansicht von 2012 in Windhoek.

Unabhängigkeitsmuseum: Stätte der Arroganz und Ignoranz. Ansicht von 2012 in Windhoek.

Wäre das Unabhängigkeitsmuseum in Windhoek die einzige Orientierungshilfe zum jungen Namibia, müsste man verzweifeln. Unser Land ist zum Glück viel komplexer als die totalitäre Arroganz, die die neue Gedenkstätte ausstrahlt.

Abgesehen von den wimmelnden Sachfehlern in den Exponaten, die allein schon davon zeugen, dass die Regierung hier überheblich Volk, Öffentlichkeit und hiesige Fachkräfte von der Gestaltung der Stätte ausgeschlossen hat, gilt es, noch einige ernstere Aspekte zu behandeln. Diese wurden in dieser Spalte schon zur Funktion des Feindbildes in der Parteipolitik angerissen. Es geht um mehr. Nämlich um die Geisteshaltung im Kontrast zwischen Propaganda-Anspruch samt Irrealität einerseits und den Zeichen beigemischter Wirklichkeit andererseits. Inhalt und Gehalt der Exponate sind von Übertreibung, Propaganda und Hass geprägt. Es handelt sich nicht um Aufarbeitung der Geschichte, sondern um eine Propagandastätte zur Demonstration aktueller Machtverhältnisse und autoritärer Selbstfindung. Die Stätte soll chronische Vergrämtheit und Ressentiment festschreiben. Versöhnung bleibt außen vor. Das geht schon aus der maßlosen Übertreibung der Dunkelseiten des Kolonialkriegs hervor. Das Motiv der nach damaligem Kriegsrecht gehängten Namibier wird mehrfach wiederholt. SWAPO und die Nord-Koreaner hängen dabei gleich ein paar Frauen mit auf, was nirgendwo belegt ist. Massive Sachfehler lassen leicht ablesen, dass das Museum zuerst dem Geltungsbedürfnis der ehemaligen Exilanten-Elite und nicht der historischen Belehrung zu dienen hat. Was Nachfahren der deutschsprachigen Pioniergeneration sich nicht gefallen lassen – es sei denn, dass sie sich von politischer Verdummung, Simplifizierung und Unterwürfigkeit vereinnahmen lassen und Selbstzensur üben –, ist die pauschale Dämonisierung der damaligen Schutztruppe und der Ordnungskräfte der Kolonialzeit. Exzesse und Gräueltaten hat es auf allen Seiten gegeben. Auch der Rückblick aus der Gegenwart, der die Kolonialepoche heute anders einordnet als die damaligen Zeitgenossen es getan haben, ändert daran nichts. Was mündige namibische Landesbürger deutscher Zunge niemals nachvollziehen werden, ist die einseitige und rassistische Kriminalisierung ihrer Vorfahren, es sei denn sie würden der hassgeschwängerten Rede Präsident Pohambas nachplappern, die er zur Einweihung des neuen Monuments gehalten hat. Das inklusive Totengedenken aller Opfer, die in der kriegerischen Auseinandersetzung um den alten und neuen Status Namibias ihr Leben gelassen haben, wie es die frühere deutschsprachige Reiterinitiative angestrebt hatte (die von der Regierung abgewiesen wurde), kann nicht durch ein vergängliches, politisch verordnetes Totensortiment ersetzt werden. Für unsere Zukunft bleibt wichtig, dass Bürger mündig bleiben und das zeigen, ganz gleich welcher Sprachgruppe.

Eberhard Hofmann
Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Unabhängigkeitsmuseum: Stätte der  Arroganz und Ignoranz.

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