15.04.2016

Namibia: Literatur, Bücher, Autoren, Buchhändler und Verlage

Namibia: Literatur, Bücher, Autoren, Buchhändler und Verlage. Foto oben: Verlegerin Bryony van der Merwe. Foto unten: Margit Nickel (Die Muschel, Swakopmund)

Namibia: Literatur, Bücher, Autoren, Buchhändler und Verlage. Foto oben: Verlegerin Bryony van der Merwe. Foto unten: Margit Nickel (Die Muschel, Swakopmund)

Namibia ist heute ein Land mit kleiner Literaturszene. Zwar verringert sich die Zahl der Buchhändler und Verlage, die Anzahl neu erschienenener Bücher steigt hingegen. An Autoren, Ideen und Kreativität scheint es in Namibia also nicht zu mangeln. Eine namibische Verlegerin will Namibia nun einen Schritt weiter bringen: in die digitale Welt.

Mehr als 87000 Bücher sind vergangenes Jahr neu im deutschen Buchhandel erschienen. Zahlen, von denen Namibia noch meilenweit entfernt ist. Zwar gibt es keine offiziellen Statistiken, doch in Namibia ist die Buchszene sehr klein. Buchhandlungen kann man in Windhoek an einer Hand abzählen, die meisten Bücher sind importiert, meist aus Südafrika. Aber trotzdem: Unbedeutend ist die Buchszene hier nicht. Bryony van der Merwe (Foto: oben) weiß das aus eigener Erfahrung. Die 37-jährige Namibierin hat bereits das Verlagshaus Wordweaver mit aufgebaut, vor kurzem hat sie das zweite gegründet. Eigentlich wollte sie Autorin werden und Romane schreiben. Die Leidenschaft dazu entwickelte sie bereits in ihrer Kindheit: „Bevor ich schreiben konnte, habe ich schon Geschichten gemalt“, sagt sie. Ihre Karriere führte sie aber erst einmal zu einer Bank, bei der sie insgesamt ein Jahr lang unglücklich arbeitete. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie den Entschluss fasste, in die Medien zu gehen. Sie arbeitete bei der Tageszeitung „The Namibian“, beim „Namibian Economist“, gründete ein eigenes Magazin und arbeitete zwischenzeitlich im Ausland als Grafikdesignerin. 2012 zog sie zurück nach Windhoek und wollte Autorin für fiktionale Bücher werden. Doch genau das stellte sie vor ein Problem. „In Namibia ist es nicht einfach, als fiktionale Schriftstellerin eine Arbeit zu finden“, so van der Merwe. Die meisten Verlagshäuser zu der Zeit publizierten keine Romane, sondern meist nur Schulbücher oder Ratgeber. Dann kam ihr aber eine Idee: „Ich hatte alle Fähigkeiten erworben, um selbst ein Verlagshaus zu gründen“, so die 37-Jährige. In ihrer Laufbahn habe sie viel über Marketing, Design, Layout, Vertrieb und Redaktion gelernt. Genau das sei ihr zu Gute gekommen. Sie gründete mit Wordweaver ihr erstes Verlagshaus. 25 Bücher hat sie mit ihrem Geschäftspartner verlegt – bis die Zusammenarbeit aufgrund von Unstimmigkeiten beendet wurde. Davon hat sie sich aber nicht unterkriegen lassen, sondern gründete dieses Jahr ein neues Verlagshaus namens „Martial Publishing“. Was natürlich mit gewissen Risiken verbunden war: „Ich habe mein Haus und Auto verkauft und das ganze Geld in Wordweaver gesteckt. Das konnte ich jetzt nicht noch einmal machen“, so die Namibierin. Mit „Martial Publishing” möchte sie nun aber andere Wege gehen und die digitale Welt auch nach Namibia bringen. „Denn hier gibt es in Namibia noch großen Nachholbedarf“, sagt sie. Elektronische Bücher erobern in großen Schritten die Leserschaft, zumindest in Deutschland. Inzwischen liest in absoluten Zahlen jeder vierte Bundesbürger E-Books. Betrachtet man nur die Gruppe der überhaupt Bücher lesenden Bevölkerung liegt der Anteil derjenigen, die elektronisch lesen, sogar bei einem Drittel. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die E-Book-Leserschaft in Deutschland damit noch einmal kräftig erhöht. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Hightech-Verband Bitkom. „In Namibia sind aber kaum Fortschritte erkennbar und deswegen möchte ich das ändern“, so van der Merwe. Sie möchte ein interaktives Buch für Kinder entwickeln, in dem es um Tiere in Namibia geht. Als Application (App) soll es dann auf Tablets und Smartphones lesbar sein. „Das Buch wird nicht nur aus Text bestehen, sondern beinhaltet viele Bilder, Videos und zum Beispiel auch brüllende Löwen“, so die Verlegerin. In der namibischen Buchszene gäbe es so etwas bisher noch nicht, es sei ein Experiment. „Es hört sich sehr technisch für Afrika an, aber viele Leute haben ein Smartphone, das darf man nicht vergessen“, so van der Merwe. Außerdem wolle sie das interaktive Buch in mehrere Sprachen übersetzen lassen. Denn die Sprachenvielfalt in Namibia sei ein Mitgrund, warum die Bücherszene hier relativ klein sei. „Auf der einen Seite ist die Bevölkerungszahl niedrig, auf der anderen Seite haben wir viele Sprachen in dem Land. Und nicht jedes Buch wird in all diese übersetzt“, so die 37-Jährige. Dass die Buchszene Namibias eher überschaubar ist, bestätigt auch Margit Nickel (Foto: unten). Sie leitet seit 18 Jahren den Swakopmunder Buchladen „Die Muschel“. „Es gibt wenige Buchhandlungen. In den letzten Jahren mussten einige schließen“, so Nickel. Sie fürchtet, dass Bücher in den kommenden Jahren mehr und mehr zum Luxusgut werden. „Einerseits bedingt durch die Wechselkurse (auch die Bücher aus Südafrika kommen meistens aus Europa oder USA), andererseits durch hausgemachte Erhöhungen. Seitdem eine Buchhandlung die beiden Großhändler in Windhoek aufgekauft hat, kann sie die Preise diktieren“, sagt die erfahrene Buchhändlerin. Doch trotz dieser Einschränkungen sei eines zu beobachten: Es gebe immer mehr Bücher über Namibia. „Fast jeden Monat gibt es ein bis zwei Neuerscheinungen. Wenn wir allen Anregungen folgen würden, müssten wir eine Art National-Buchhandlung aufbauen“, so Nickel. Ein bekannter Autor in der namibischen Buchszene war beispielsweise Giselher W. Hoffmann. Im Alter von 58 Jahren verstarb er am vergangenen Samstag in Swakopmund. Mit dem Roman „Die Erstgeborenen“ gelang Hoffmann im Jahre 1991 der internationale Durchbruch. Die letzten Jahre lebte er mit seiner zweiten Frau weiterhin in der Küstenstadt und machte immer wieder Ausflüge in die Natur, wo ihn die Einsamkeit inspirierte und entspannen ließ. Doch nicht nur namibische Autoren schreiben über Namibia. Auch für einige deutsche Autoren ist das Land als Schauplatz interessant. Ein Beispiel ist der Bestseller „Hummeldumm“ des Schweinfurter Autors Tommy Jaud. Das Buch handelt von einer neunköpfigen Reisegruppe, die eine vierzehntägige Rundreise durch Namibia unternimmt. Der Titel bedeutet so viel wie „Dumm wie ein Rindvieh“ (nach der süddeutschen Bezeichnung (der) Hummel für Stier). Der in Augsburg geborene Autor Bernhard Jaumann machte Namibia ebenso zum Dreh- und Angelpunkt seines Romans „Die Stunde des Schakals“. Für den Krimi sicherte er sich 2011 den 1. Platz des deutschen Krimipreises. Jaumann lebte lange Jahre in Namibia. Bei Bryony van der Merwes digitalem Projekt wird es auch um Namibia und die Tierwelt gehen. Sie möchte Kinder damit ermutigen, wieder zu lesen und das mit der Elektronik verbinden, mit der viele Kinder eh schon aufwachsen. Im Juni will sie Namibia durch das digitale Buch einen Schritt moderner machen. Als Vorreiterin in der namibischen Buchszene. Ob es das Ganze funktioniert? „Wenn es nicht funktioniert, funktioniert es nicht. Wir werden sehen“, so Bryony van der Merwe ganz locker. Es sei eben ein Experiment. „Aber wenn ich dem Land damit etwas Gutes tue, ist das doch toll“, sagt sie abschließend.

Lucas Kesselhut

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung:Namibia: Literatur, Bücher, Autoren, Buchhändler und Verlage.

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