16.05.2014

Jan Kruger betreibt in Swakopmund das einzige 3D-Kino Namibias

Jan Kruger betreibt in Swakopmund das einzige 3D-Kino Namibias. Foto: Undine Konrad

Jan Kruger betreibt in Swakopmund das einzige 3D-Kino Namibias. Foto: Undine Konrad

Der Zeitungsverkäufer Timo Iita (rechts im Bild), der kürzlich in Windhoek, Namibia, von drei Männern beraubt und verletzt wurde, hat gestern eine großzügige Spende von Anwohnern erhalten.

Weit offen steht die Tür. Es scheint ruhig an diesem frühen Freitagnachmittag in Swakopmund. Mit einem Mal bevölkert ein Schwung von Familien und jungen Leuten das Foyer des Atlanta Cinema. Im Nu bildet sich eine Schlange. Die Wünsche der Kinobesucher: Tickets, Popcorn, Getränke. Karen Kruger an der Kasse rotiert. Nun klingelt auch noch das Telefon. Jan Kruger eilt seiner Frau zu Hilfe. Gerade hat der Kinochef mit mehreren Unterbrechungen sein Mittagessen hinein geschlungen, immer ein Auge auf die Uhr gerichtet, denn in wenigen Minuten ist der nächste Film zu starten. Jan Kruger nimmt freundlich den Anruf entgegen, liest ruhig das Programm vor und verabschiedet sich nett, um gleich den nächsten Kunden an der Kasse zu bedienen. Schon läutet es wieder. Diesmal geht Karen Kruger ran. Jan Kruger ist ein unternehmerischer Coup gelungen. Im Dezember hat er seine beiden Kinosäle auf digitale 3D-taugliche Technik umgerüstet. Knapp zwei Millionen Namibia-Dollar investierte er in spezielle Leinwände, Projektoren, besondere polarisierende Filter und eine Soundanlage. Damit machte er sich für die großen Filmverleiher interessant, erhielt Zugang zu den neuesten Hollywood-Produktionen. Bereits seit Jahren erfolgt der Vertrieb nur noch auf digitalem Wege: Statt auf mehreren, schweren 35-Millimeter-Rollen wird ein Film verschlüsselt auf einer externen Festplatte ans Kino geliefert. Per Mail gibt es das Passwort dazu. Damit kann der Film entschlüsselt und heruntergeladen werden. Fertig. Schon tritt die Festplatte wieder die Heimreise an. Zusätzlich vervielfacht sich für das Atlanta Cinema das Repertoire an Filmen, weil auch viele südafrikanische, simbabwische und sambische Produktionen - auch in Afrikaans - längst nur noch digital verfügbar sind. „Mit dem Angebot an afrikaansen Filmen erreichen wir sogar auch ein älteres Publikum“, erzählt Jan Kruger stolz. Seit der Umstellung verzeichnet er rund 60 Prozent mehr Besucher. Früher war der erfolgreiche Kinoinhaber in Swakopmund erfolgreicher Banker in Windhoek. Als die nächste Sprosse der Karriereleiter in Sicht war - die Managementebene - schien es ihm an der Zeit, den Absprung zu wagen. Schon länger war ihm der Job zu stressig. Da erzählte ihm der damalige Chef des Swakopmunder Kinos, dass er sein Filmtheater abgeben will. Die Besucher- und Einnahmezahlen, die er grob nannte, klangen nach einem soliden Auskommen. Jan Kruger fragte nicht weiter nach. Auch seine Frau war nicht abgeneigt, ein neues Leben zu beginnen. Das Geschäft wurde besiegelt. Binnen einer Stunde hatten Krugers ihr Haus in Windhoek verkauft. Für den damaligen Mittdreißiger schien sich ein Kindheitstraum zu erfüllen. „Ich bin jedes Wochenende ins Kino gegangen“, verrät er. Mit 13 kam das erste Mal sein Geschäftssinn durch: Als die Eltern einmal nicht daheim waren, baute er den Filmprojektor seines Vaters auf und zeigte den Kindern aus der Nachbarschaft gegen Eintrittsgeld Familien-Aufnahmen. Damit luchste er ihnen die Groschen ab, die sie von den Eltern für die Kirche bekommen hatten. Am 1. April 1993 eröffnete er in Swakopmund endlich sein eigenes Kino. Es kamen ganze sieben Besucher. Am Ende des Tages hatte er 63 Namibia-Dollar eingenommen. Heute erzählt er, wie er und seine Frau sich damals ansahen und sich fragten: „Was zur Hölle haben wir getan?“ Sie strichen die Ruhetage und erweiterten die Öffnungszeiten. Außerdem nahmen sie zwei weitere Filme ins Programm auf. Von da an stiegen die Einnahmen stetig. Einige Jahre betrieb er in Swakopmund sogar drei Kinos. Seit einem Jahr konzentriert er sich ganz auf das Atlanta Cinema: sieben Tage die Woche. An der Kasse kehrt Ruhe ein. Ein Mitarbeiter kontrolliert die Karten der letzten beiden Gäste für diese Vorführung. Es ist soweit. Jan Kruger läuft den Gang hinter, durchquert ein kleines Büro und steigt die Treppe hinauf, bis er in den Vorführraum gelangt, von dem aus er die beiden Kinosäle bedient. Es ist finster. Nur der bereits laufende Film erhellt den Raum. Das Licht fällt durch eine der beiden kleinen Glasscheiben, zwischen Kinosaal und Vorführraum. Dicht vor den Scheiben ist jeweils ein moderner Projektor platziert. Jan Kruger wendet sich einem zu, tippt mit einem Spezialstift einige Befehle auf dem Display an. Der Film startet. Die alten Geräte hat der Kinoinhaber zu Deko-Objekten erklärt. Im Foyer parken die beiden 35-Millimeter-Maschinen als Anschauungsobjekte des analogen Zeitalters. Wirklich anfreunden konnte sich der inzwischen 55-Jährige mit dieser Technik nie: Oft waren die Filme mit Kratzern übersät, während der Vorführung waren die Bänder beziehungsweise Projektoren zu wechseln, das Zurückspulen der Rollen kostete viel Zeit, zuletzt gab es keine Ersatzteile mehr. Doch am Schlimmsten für ihn war die hohe Anfälligkeit: „Ich hatte immer Angst, dass beim Abspielen der Filmrollen etwas passiert, der Film kaputt geht oder die Tonspur beschädigt wird“, erzählt Jan Kruger. Jetzt ist ihm wohler. Nicht, dass er besonders computerversiert sei, ganz und gar nicht, betont er. Vor der Einführung in die neue Technik fürchtete er sich sogar ein wenig. „Das Training dauerte nicht viel länger als eine Stunde. Ich war unsicher.“ Wie durch ein Wunder ging jedoch alles glatt. Die erste Panne trat vor sechs Wochen auf, ein defektes Teil am Projektor. Es musste nach Europa geschickt werden. Trotzdem überwiegen für Jan Kruger die Vorteile: Bessere Bild- und Tonqualität, 3D-Fähigkeit, niedrigerer Stromverbrauch, geringerer Zeitaufwand, einfacherer Transport. „Jetzt war die beste Zeit, die Technik zu installieren“, ist er überzeugt. Im Grunde könnte er die Filme von zu Hause starten. Für einen ganzen Monat im Voraus ließe sich die Reihenfolge der Filme und Trailer, ja sogar die sekundengenaue Taktung des Lichtein- und -ausschaltens und anderer Raffinessen für jede Vorführung programmieren. Doch das will er nicht. „Ich mag es, hier involviert zu sein“, sagt er. Was nicht heißt, dass er nicht gern etwas kürzer treten würde. Seit einiger Zeit schon sucht er jemanden, der sich langfristig zu einer Art Stellvertreter ausbilden lässt und auch Interesse hat, das Kino in etwa 20 Jahren weiterzuführen. Die „richtige Person“, das ist ihm das Wichtigste, muss mit der gleichen Kinoleidenschaft dabei sein. Anders lässt sich das Pensum nicht bewältigen. Noch hat er niemanden gefunden. Doch warum soll ausgerechnet einem Kino kein Happy end vergönnt sein?

Undine Konrad

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Jan Kruger betreibt in Swakopmund das einzige 3D-Kino Namibias.

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