27.09.2016

Haftbedingungen in Namibia in der Kritik

Haftbedingungen in Namibia in der Kritik: Haftalltag in der Polizeistation in Wanaheda. Foto: Dirk Heinrich

Haftbedingungen in Namibia in der Kritik: Haftalltag in der Polizeistation in Wanaheda. Foto: Dirk Heinrich

„Unmenschlich und gesundheitsgefährdend.“ So haben die Eltern eines Angeklagten in Namibia die Haftbedingungen ihres Sohnes beschrieben, der aus Furcht vor Repressalien anonym bleiben und auch die Polizeistation in der er gefangen gehalten wird, nicht genannt wissen will. Die Kritik an den Zuständen in namibischen Gefängnissen ist nicht neu.

„Mein Sohn war vor seiner Verhaftung kerngesund und ist seither schwer erkrankt", erklärte die Mutter des Angeklagten im AZ-Gespräch und ergänzte: „Das hat eindeutig mit den katastrophalen Zuständen zu tun, unter denen er seit Januar in der Untersuchungshaft leidet." Nach Angaben des Vaters befindet sich der Sohn dauerhaft in einer überfüllten Polizeizelle, die etwa vier bei acht Meter misst und die er sich mit zwischen acht bis 14 Mitgefangenen teilen muss, von denen zwei an Tuberkulose erkrankt sind. In der Zelle gebe es weder Betten noch Matratzen, der Sohn müsse auf einer dünnen Unterlage direkt neben einer der beiden Toiletten schlafen, die offen in der Zelle stünden. Unabhängig von der damit verbundenen Geruchsentwicklung sei die Luft in der Zelle auch deshalb besonders schlecht, weil das einzig vorhandene Fenster nur einen Spalt breit geöffnet sei. Abgesehen davon, dass deshalb kaum Frischluft in die Zelle gelange, herrsche dort auch tagsüber Halbdunkel, weil das Fenster völlig verdreckt sei und folglich kein Sonnenlicht in die Zelle dringen könne. „Nach Schilderung meines Sohnes muss er permanent in der Zelle verweilen und hat weder Rundgang noch eine Möglichkeit sich zu bewegen", erklärte die Mutter und fügte hinzu: „Der klaustrophobischen Gefangenschaft entkommt er nur dann, wenn er zu einem Gerichtstermin transportiert wird." Wegen des akuten Bewegungsmangels habe der Sohn eine Muskelschwäche entwickelt und seine Sehkraft aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse stark nachgelassen. Ferner leide er vermutlich deshalb unter akutem Husten, weil es in der Zelle im Winter sehr kalt sei und die dort befindliche Dusche kein warmes Wasser spende. Darüber hinaus sei die Zelle total verdreckt und mit Wanzen „verseucht", die am ganzen Körper des Sohnes Biss-Stellen hinterlassen hätten. Das Essen in der Untersuchungshaft werde unter der Tür hindurch in die Zelle gereicht und sei nicht nur geschmacklich, sondern auch in Menge und Nährgehalt vollkommend unzureichend. So werde an manchen Tagen gar kein Essen zur Verfügung gestellt und an anderen lediglich ein paar trockene Scheiben Brot, um die sich die Insassen streiten müssten. Zwar dürften sie als Eltern dem Angeklagten Essen in die Polizeistation bringen, dies werde ihm jedoch teilweise von Mitgefangenen abgenommen oder von dem Sohn freiwillig mit jenen geteilt um sich ihr Wohlwollen zu sichern. Aufgrund der Mangelernährung und schlechten Haftbedingungen sei der Sohn stark geschwächt und habe ernste Herzprobleme entwickelt. Obwohl ein Spezialist bei ihm ein vergrößertes Herz und erhöhten Blutdruck festgestellt habe und sich daraus die Gefahr eines Infarkts oder Schlaganfalls ergebe, sei ein Antrag auf Verlegung in ein Krankenhaus abgelehnt worden. Nach Darstellung der Eltern dürfe der Sohn nur ein Mal in der Woche jeweils am Sonntag für fünf Minuten Besuch empfangen. Weil es keinen getrennten Besuchsraum gebe, würden sich während dieser kurzen Zeitspanne sämtliche Untersuchungshäftlinge an die Absperrung drängen auf deren anderer Seite ihre Angehörigen darum ringen müssten, ein paar Worte mit den Gefangenen wechseln zu können.

Marc Springer

Mit freundlicher Genehmigung der Allgemeinen Zeitung in Windhoek (Namibia), veröffentlicht das Namibiana Buchdepot die Pressemeldung: Haftbedingungen in Namibia in der Kritik.
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