Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika, von: S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft

Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika, von: S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft.

Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika, von: S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft.

Erich Lübbert: Porträtiert von Fritz Krampe (1962).

Erich Lübbert: Porträtiert von Fritz Krampe (1962).

Dies ist ein Auszug aus der 1962 in Windhoek, Südwestafrika erschienen Festschrift 'Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika', die vom Kongreß-Komitee im Auftrag der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft erstellt wurde. Diese beginnt mit der Ernennung von Dr. Erich Lübbert zum Ehrenpräsident der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft.

Eberhard von Koenen  Fritz Gaerdes  Henno Martin  Helmut Finkeldey  Albert Viereck  Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen  Ernst Rudolf Scherz  Herbert Carl Nöckler  Hans-Joachim Rust  

Geleitwort des Kongresskomitees der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft:

Erich Lübbert ist kein Kind dieses Landes. Er wurde am 4. Januar 1883 in Buchwald, einem Gut in der Provinz Posen, geboren; er war 27 Jahre alt, als er 1910 in die Südwester Stadt kam, die nach dem Gründer des deutschen Schutzgebietes ihren Namen trägt. Glücklicher als jener, wurde für Dr. jur. E. Lübbert Lüderitzbucht der Ausgangspunkt eines arbeitsamen, aber auch erfolgreichen Lebens. Der Aufstieg vom Rechtsanwalt in der Diamantenstadt zu einem bedeutenden Großindustriellen seiner deutschen Heimat verband Dr. Lübbert mit den Schicksalen Südwests wie auch Deutschlands. Als 1. Vorsitzender der Lüderitzbuchter Minen-Kammer entwarf er während des Ersten Weltkrieges Pläne zum Zusammenschluß der deutschen Diamantengesellschaften; diese Pläne führten in Verbindung mit Sir Ernest Oppenheimer 1920 zur Gründung der Consolidated Diamond Mines of S.W.A. Ltd., deren Direktorium er bis zum Zweiten Weltkrieg angehörte. Die Diamantenminen sind bis auf den heutigen Tag Südwests wichtigste Wirtschaftsgrundlage. Von 1920 bis 1925 wohnte Dr. Lübbert in Südafrika; dann siedelte er nach Deutschland über. Hier übernahm er die Leitung der Aktiengesellschaft für Verkehrswesen, die infolge des Diamantenfundes bei Lüderitzbucht durch August Stauch im Jahre 1908 die größte Beteiligte der deutschen Diamanten-Interessenten geworden war. Stauch war ein Angestellter der Kolonialen-Eisenbahn-Bau und Betriebsgesellschaft, die, als eine Schwesterfirma der bekannten Eisenbahn-Bau und Betriebsfirma Lenz & Co. und ebenso wie diese der Aktiengesellschaft für Verkehrswesen in Berlin gehörend, die Bahn Lüderitzbucht/Keet-manshoop gebaut hatte und betrieb. Uebrigens ist diese deutsche Kolonialfirma heute noch am Leben und arbeitet jetzt unter dem Namen Lenz-Bau AG. Dr. Lübbert hat die Aktiengesellschaft für Verkehrswesen mehr als drei Jahrzehnte geleitet. Nach dem Zweiten Weltkriege hat er ihr Tätigkeitsfeld erweitert; sie arbeitet heute unter dem Namen Aktiengesellschaft für Verkehrswesen und Industrie, mit dem Sitz in Frankfurt/Main. Bei seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat im Laufe des Jahres 1961 wurde Dr. Lübbert geehrt, indem ihn die Gesellschafter-Versammlung einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Neben der Aktiengesellschaft für Verkehrswesen war das zweite große Unternehmen, für das Dr. Lübbert entscheidend wurde, die Baugesellschaft Dyckerhoff & Widmann, München. Er wandelte sie 1931 aus einer Aktiengesellschaft in eine Personalgesellschaft um und ist noch heute als Senior der persönlich haftenden Gesellschafter in diesem großen Bau-Unternehmen, einem der größten Deutschlands, tätig. In Deutschland, über seiner Arbeit, über seinen Erfolgen, über seinen vielseitigen gesellschaftlichen und weit verzweigten familiären Verpflichtungen hat Dr. Lübbert Südwest nicht vergessen. Hier liegen seine erste Frau und zwei Kinder begraben; diesem Lande der harten, einfachen Lebensbedingungen für Mensch und Tier und Pflanze, der klaren Luft, der Weite der Schau, der Kühnheit der Gebirge, der Verlassenheit in der Steppe war der immer wache, planende, tätige Mensch Erich Lübbert mit seinem Wesen verwachsen. Als er die Fortführung seiner Werke der nachfolgenden Generation zu überlassen begann, wurde der halbjährige Wechsel des Aufenthaltes zwischen Deutschland und Südwestafrika zu einer festen Regel, die nicht Unruhe bedeutet, nicht ein Auseinandergerissensein durch eine Verbundenheit mit zwei getrennten Lebensräumen, sondern Ausgleich, das Ausbalancieren eines weitgespannten Wesens und vielseitigen Geistes, die beide in der Freude an der Unabhängigkeit vom Materiellen und - in einem ideellen Sinne - von Raum und Zeit die Bestätigung ihrer Freiheit suchen. Er nimmt diese Flüge zwischen zwei Kontinenten auf sich trotz behinderter Gesundheit. Wer diesem noch jugendlich wirkenden Mann, auch wenn er auf seinen Stock gestützt steht, gegenübertritt und in sein beherrschtes, aber doch immer lebendiges Gesicht schaut, in dem tiefer Ernst, nüchterne Ueberlegung, menschliches Mitgefühl, aber auch eine schalkhaft-jungenhafte Fröhlichkeit so schnell wechseln können, der wird die Persönlichkeit ahnen, die über das kleinliche Maß des Alltags hinauswuchs. Erich Lübbert ist stolz auf seine preußische Herkunft; in ihr wurzelt er; preußisches Bewußtsein durchblutet sein Denken und Handeln. Preußentum ist ihm nicht Dogma, sondern Wertmesser. Mit seinem Denken steht er mitten in der Wirklichkeit der Zeit, in ihren staatlichen, politischen, sozialen, rassischen, wirtschaftlichen Problemen; aber er bleibt nicht in ihre Fragestellungen verstrickt und dem interessierten Theoretisieren verhaftet; er ist Praktiker; er muß gestalten, handeln. Er muß helfen und fördern, wo er sieht, daß gestaltet und gehandelt wird. Dies ist ihm eine Verpflichtung seines Wesens, das zutiefst bescheiden und demütig blieb, dem Erfolg gegenüber, der ihm die Mittel, das Vermögen, zu helfen und zu fördern, gab. Er ist nur Sachwalter dieses Vermögens im Dienste der Allgemeinheit. Denn es ist - so ist sein Denken, aus dem sein Handeln fließt - nicht der Mensch das Wesentliche, so wichtig er als Einzelner sein mag, sondern die Erhaltung und Fortbildung der Gemeinschaft. So ist es Dr. Lübbert, je mehr er sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzog, eine Aufgabe geworden, dort zu helfen und zu fördern, wo er auf politischem, sozialem, kulturellem und speziell wissenschaftlichem Gebiet ein öffentliches Interesse sieht. Er erwartet keinen Dank; der Erfolg ist ihm Freude und Genugtuung. Er liebt nicht das Rampenlicht der Oeffentlichkeit, aber er will doch all denen ein Beispiel geben, die - in ähnlichen Möglichkeiten wie er - ihre Verpflichtung der Allgemeinheit gegenüber noch nicht erkannten. Das Interesse an wissenschaftlichen Fragen mag zurückweisen auf den akademischen Beginn Dr. Lübberts, aber auch aus der Erfahrung des Industriellen und Wirtschaftlers genährt sein, daß für das moderne Leben die Praxis des zivilisatorischen Fortschritts auf kulturellem wie auf technischem Gebiet und die wissenschaftliche Forschung zu einer notwendigen, sich wechselseitig befruchtenden Symbiose verschmolzen sind. Aus dieser Erkenntnis schuf er eine seinen Namen tragende Stiftung zur Förderung der technischen Wissenschaften, die schon vielen Studenten ihr Studium ermöglicht oder erleichtert hat, vor allem aber auch eine Förderin der Forschungsarbeit deutscher Hochschulen ist. Die Technische Universität Berlin-Charlottenburg dankte ihm durch die Verleihung des Dr. Ing. Ehrenhalber und die Technische Hochschule in München durch die Verleihung der Würde eines Ehrensenators. Es ist hier aber im besonderen des Wirkens Dr. Lübberts für die Entwicklung des wissenschaftlichen Lebens in Südwestafrika zu gedenken. Dankbarst machen wir uns zum Sprecher unseres verstorbenen Dr. Walter Hoesch, dessen ornithologische Forschungen Dr. Lübberts Spenden förderten; des Verstorbenen Name stehe für viele Einzelne, die Dr. Lübbert Unterstützung für Durchführung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten verdanken. Mit Freude begrüßen wir auch die großzügige Hilfe zum Bau des Wüstenforschungsinstitutes (Gobabeb) in der Namib, einer Planung des Transvaalmuseums, Pretoria, deren Bedeutung weit über die Landesgrenzen hinausreicht. Nicht minder dankbar sind wir für die Beihilfen für Einzelarbeiten des Staatsmuseums, Windhoek, mit dem uns wie mit dem Namibinstitut das gleiche Interesse an der Erforschung des Landes verbindet. Vor allem aber sind wir stolz und dankbar zugleich für alles, was Dr. Lübbert für unsere S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft tat und tut. Hier sei die Einzelaufzählung, die an anderer Stelle folgt, nicht vorweggenommen. Es ist auch nicht die Summierung von Verdiensten - schon weil sie nicht im Sinne unseres Jubilars ist - die Aufgabe des Geleitwortes, sondern der Versuch einer Würdigung seiner Persönlichkeit. Ihr ist dieses Buch gewidmet. Auch dieses Buch wäre eine Summierung; es will nicht alles zusammenpassen, was seine Deckel umschließen; die Fülle des Verschiedenen und Aneinandergereihten will sich schier nicht umschließen lassen. Aber da ist der eine einende Gedanke, den uns der Jubilar vorlebt: die Verpflichtung dem Ganzen gegenüber; es ist die einende Idee unserer Gesellschaft, die auch dies Buch zu einem Ganzen macht: durch wissenschaftliche Arbeit und Haltung dem Leben gegenüber unserm Lande und der Allgemeinheit zu dienen. Windhoek / Swakopmund im Oktober 1962.

Dies ist ein Auszug aus der Festschrift: Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika, von: S.W.A. Wissenschaftliche Gesellschaft.

Titel: Wissenschaftliche Forschung in Südwestafrika
Herausgegeber: Kongreß-Komitee im Auftrag der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft
Typ: Festschrift
Windhoek, Südwestafrika 1962
Originalbroschur- und Schutzumschlag, 17x24 cm, 220 Seiten, 1 Kunstdruck, etliche Skizzen und sw-Fotos

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